Eberle-Preis
Hightech im historischen Gemäuer
Epiray aus Wendlingen hat den ersten Platz beim Dr. Rudolf-Eberle-Preis errungen. Auch dank des Lichts des Lasers.
Von Ulrich Schreyer
Zurück in die Zukunft: Wer auf das Gelände zusteuert, fährt in die Vergangenheit. Auf dem Areal am Rande von Wendlingen ragen die Fassaden einer Fabrik aus der Gründerzeit in die Höhe, daneben steht eine alte Villa. Über eine Steintreppe und eine alte Holzstiege geht es hinauf in das Büro von Wolfgang Braun und Hans Boschker. Braun ist Vorsitzender der Geschäftsführung von Epiray, Boschker der Technik-Geschäftsführer des Unternehmens, das dieses Jahr den mit 25 000 Euro dotierten ersten Platz des Dr. Rudolf-Eberle-Preises gewonnen hat.
Für den nach dem früheren Wirtschaftsminister Rudolf Eberle benannten Innovationspreis des Landes haben sich 75 Unternehmen beworben. 2023 hatte es mehr als 90 Bewerbungen gegeben. Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut sagte, es sei „ein ermutigendes Signal, dass der Innovationsgeist in unserem Mittelstand auch in schwierigen Zeiten lebendig ist“ – so wie in Wendlingen. „Die Idee war so gut, dass wir damit rechnen konnten, dass es etwas wird“, sagt Braun zu der Gründung des eigenen Unternehmens im Jahr 2021.
Erfolg mit extrem dünnen Schichten
Die beiden Wissenschaftler haben eine Methode zur Beschichtung von Wafern, Halbleiterplatten, entwickelt, mit der mehr und andere Materialien als üblich bearbeitet werden können. Dies können etwa Nitride, Oxide wie Aluminiumoxid oder ein besonders reines Metall wie Tantal sein. Epiray stellt Anlagen her, mit denen solche Materialien mittels Laserlicht in dünnen Schichten auf von Lasern erhitzten Wafern aufgebracht werden. Der Laser hat dabei gleich einen doppelten Vorteil: Er liefert hohe Temperaturen, die mit den üblichen Verfahren nicht erreicht werden. Zudem ist sein Licht nicht verschmutzt. Die ganze Beschichtung läuft in einem Vakuum ab, also in einem luftlosen Behältnis, einem Reinraum im Kleinen: „Wo nichts ist, kann auch kein Dreck sein“, sagt Braun. Der Vorgang wird als Epitaxie bezeichnet, zusammen mit Ray, dem Namen für den Strahl des Laserlichts, ergibt sich der Firmenname Epiray. Mit anderen Anlagen werden bei anderen Firmen Strukturen, die Strom leiten können, in die extrem dünnen Schichten gebracht. Das Ergebnis: Halbleiter. Der erste Kunde von Epiray plant, Wafer mit Supraleitereigenschaften in Quantencomputer einzubauen.
Schnelles Wachstum geplant
Im Januar will das Wendlinger Unternehmen aus seinen bis jetzt noch beengten Räumlichkeiten in eine Fabrikhalle der Alten Spinnerei mit Reinraum und Büroarbeitsplätzen einziehen. Epiray beschäftigt einschließlich Braun und Boschker drei Mitarbeiter in Wendlingen und zwei in den USA, in der Nähe von Washington. „Mit unseren Aufträgen sind wir für das nächste Jahr schon ausgelastet“, sagt Braun. Seit der Gründung konnte das Unternehmen Aufträge für 7,5 Millionen Euro in die Bücher schreiben, vom ersten Tag an war es profitabel. „In drei Jahren erwarten wir eine Verdoppelung oder Verdreifachung des Umsatzes“, meint Braun. Geliefert werden die Anlagen bis jetzt an Universitäten und Forschungseinrichtungen in Deutschland und den USA: „Unsere Kunden sind zunächst Wissenschaftler“, erklärt Boschker.
Dank an Deutschland
Das Unternehmen aber soll in Deutschland bleiben. Der Staat und damit der Steuerzahler finanziere die Max-Planck-Gesellschaft, bei der sie als frühere Mitarbeiter ihr Wissen und ihre Erfahrung erworben hätten. „Deshalb wollen wir der Gesellschaft etwas zurückgeben“, sagt Braun. Außerdem könne man „fast alle Komponenten für unsere Anlage in Deutschland kaufen“. Der Laser kommt von Trumpf, der Hersteller des Reinraums sitzt in Neckartailfingen.
Haben sich die Anlagen in Forschungseinrichtungen bewährt, kann der nächste Schritt kommen: Der Verkauf an Firmen, eventuell zusammen mit Investoren. Der Markt für Halbleiter, sagen auch Studien voraus, hat noch ein bedeutendes Wachstumspotenzial. In vielen Gerätschaften wie Handys stecken sie schon, aber auch in Fabriken werden sie immer wichtiger. „Wir sind optimistisch“, meinen Braun und Boschker unisono. Im historischen Gemäuer in Wendlingen, das auch in die Internationale Bauausstellung 2027 in Stuttgart einbezogen werden soll, leuchtet das helle Licht des Lasers.
Die weiteren Preisträger
VauquadratDas Unternehmen aus Offenburg hat einen mit 15 000 Euro dotierten Preis für Geräte erhalten, die durch eine spezielle Technik dafür sorgen, dass Wärme im Innern von Materialien wie etwa Metall entsteht. „Der Vorteil unserer Technik ist, dass wir das Material schneller und kontrollierter erhitzen können als andere Wärmemethoden“, sagt Thomas Vauderwange, der das Unternehmen aus Offenburg 2009 zusammen mit seiner Frau gegründet hat. Das Unternehmen mit seinen 30 Beschäftigten erzielte 2023 einen Umsatz von 3,4 Millionen Euro und schreibt bis heute „sehr schwarze Zahlen“. Zunächst wurden die Geräteimportiert, seit 2019 werden sie selbst hergestellt. Die Geräte können beim Schweißen und Löten eingesetzt werden, aber auch wenn sich bei einem Auto eine rostige Schraube festgefressen hat. Nirgends sind so viele im Einsatz wie bei Stuttgart 21. Dort wird mit den Geräten die Glas- und Stahlkonstruktion der Lichtaugen gefertigt. „Der Markt für unsere Geräte ist riesengroß“, so Vauderwange.
Hellstern MedicalEin Preisgeld von 10 000 Euro erhält Hellstern Medical aus Wannweil bei Reutlingen. Unter der Bezeichnung „Robo Cockpit Noac“ wurde eine Kombination aus Exoskelett und Roboter entwickelt, die den Bewegungen von Ärzten bei einer Operation mittels Sensoren folgt. Noac stabilisiert den Körper und die Unterarme des Chirurgen. Ein durch einen Algorithmus gesteuerter Gurt bringt den Arzt in eine Schwebeposition. Dies reduziert die Belastung des Rückens um mehr als 80 Prozent und verringert auch die Ermüdung der Muskeln. „Hellstern ist weltweit das erste Unternehmen, dessen Roboter die Hände der Chirurgen während der Operation unterstützt und damit die Präzision bei der Operation verbessert“, sagt Firmenchefin Sabrina Hellstern. Das seit 2019 bestehende Unternehmen hat sechs Beschäftigte und ist gerade dabei, eine Tochterfirma in den USA zu gründen. Wichtige Kunden sind Kliniken. 75 Prozent aller Chirurgen und Chirurginnen leiden nach den Angaben des Unternehmens unter Muskel- und Skeletterkrankungen.
Aitad Den Sonderpreis der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft (MBG) in Höhe von 7500 Euro bekam Aitad aus Offenburg für eine spezielle KI-Lösung. Dabei werden die Platinen für die KI direkt etwa auf eine Maschine gebracht. „Die Daten können dezentral verarbeitet werden und man ist nicht abhängig von Clouds in den USA oder in China“, erklärt Geschäftsführer Viacheslav Gromov. Außerdem könnten die Daten schneller verarbeitet und der Energieverbrauch im Vergleich zu den üblichen riesigen Rechenzentren deutlich reduziert werden. In einem eigenen Labor geht es unter anderem um die Verschleißerkennung bei Batterien für Elektroautos. Die Platinen werden selbst hergestellt. Das Unternehmen mit seinen 30 Beschäftigten erzielt seit dem ersten Tag Umsätze, ist komplett eigenfinanziert und hat keine fremden Investoren. Gegründet wurde das Unternehmen 2018, der Name Aitad steht für Artificial Intelligece Test and Design. „Bisher wird selten auf KI direkt an der Maschine gesetzt, aber der Markt ist riesig“, meint Gromov.