Ignorante Rentenpolitik

Union und SPD drücken sich vor der Aufgabe, die Rente zukunftsfest zu machen.

Union und SPD wollen das Rentenniveau bis 2031 gesetzlich sichern.

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Union und SPD wollen das Rentenniveau bis 2031 gesetzlich sichern.

Von Tobias Peter

Berlin - Franz Müntefering ist ein mutiger Mann. Mutiger als Friedrich Merz und Lars Klingbeil zusammen. Der sozialdemokratische Arbeitsminister war der letzte echte Reformer in der Rentenpolitik, als er im Jahr 2007 – gegen Widerstände in der eigenen Partei – die schrittweise Einführung der Rente mit 67 durchgesetzt hat. Nicht, weil er Freude daran gehabt hätte, den Menschen zu sagen, dass sie länger arbeiten müssen. Sondern weil er die Notwendigkeit sah, das Rentensystem stabiler aufzustellen.

„Da muss man kein Mathematiker sein, da reicht Volksschule Sauerland, um zu wissen, das haut nicht hin“, auf diese bekannte Formel hat Müntefering den Reformbedarf im Rentensystem damals gebracht. Wenn die Menschen älter werden, dem einzelnen Rentner aber nicht mehr so viele Beitragszahler gegenüberstehen, muss man etwas tun. Damit hatte Müntefering damals Recht. Und es gilt auch heute.

Die künftige Koalition aus Union und SPD hat ihre Pläne zur Rentenpolitik vorgelegt. Kurz zusammengefasst: Viel ändert sich nicht – es wird ungebremst Geld ausgegeben. Wirkliche Reformen werden dann spätere Regierungen machen müssen, wenn es gar nicht mehr anders geht. Schwarz-Rot verhält sich in etwa so wie diejenigen, die in größerer Runde gemeinsam in einer Kneipe sind und dann gehen, ohne zu zahlen. Nach dem bekannten Motto: Dann trifft es halt den Letzten.

Warum zum Beispiel fehlt eigentlich der Mut dazu, das zu tun, was Experten schon lange fordern und was am Ende einfach nur logisch ist? Das Rentenalter sollte an die Entwicklung der Lebenserwartung gekoppelt werden. Steigt sie an, dann sollte sie diese Zeit angemessen aufgeteilt werden: Die Menschen müssten also etwas länger arbeiten, hätten aber noch immer zusätzliche Zeit in der Rente. Für diejenigen, die – etwa, weil sie in körperlich besonders schweren Berufen gearbeitet haben – früher aufhören müssen, braucht es selbstverständlich eigene und faire Lösungen. Das alles lässt sich gestalten – wenn die Politik die Herausforderung annimmt.

Die Regierung von Friedrich Merz aber wird eine Rentenpolitik machen, als gäbe es kein demografisches Problem. Das derzeitige Rentenniveau von 48 Prozent wird bis zum Jahr 2031 gesetzlich festgeschrieben. Die zusätzlichen Kosten werden erheblich sein und müssen durch Steuerzuschüsse ausgeglichen werden. Das gesetzliche Renteneintrittsalter bleibt, wie es ist. Und die CSU hat noch die Ausweitung der Mütterrente durchgesetzt, was etwa fünf Milliarden Euro im Jahr kostet. Die Mütter haben das verdient, solide finanziert ist es aber nicht.

Das alles bedeutet: Die kommende Bundesregierung wird für die Rente noch mehr Geld ausgeben als die Ampel – und Schwarz-Rot hat erkennbar keinen Plan entwickelt, wie das System dauerhaft zukunftsfest werden soll. Stattdessen wird einmal mehr eine Rentenkommission eingesetzt, die bis Mitte der Legislaturperiode über alles in Ruhe nachdenken soll. Auf diese Weise hat sich schon die große Koalition von Angela Merkel in den Jahren nach Franz Müntefering in der Rentenpolitik über die Zeit gerettet und vor weiteren Reformen gedrückt.

Es ist richtig, Rentnern Sicherheit zu geben. Wer ein Leben lang gearbeitet hat, soll im Alter gut versorgt sein. Doch gerade deshalb müsste eine verantwortungsvolle Regierung spätestens jetzt beginnen, das System für die Zukunft abzusichern – und durch eine gut austarierte Politik dafür zu sorgen, dass nicht eine Generation allein die Zeche zahlt. Die Probleme in der Rentenkasse verschwinden nicht dadurch, dass eine Regierung nach der anderen sie ignoriert.

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Erstellt:
13. April 2025, 22:06 Uhr
Aktualisiert:
14. April 2025, 21:57 Uhr

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