Kunstradfahren: Im Weissacher Vorzeigesport rollt’s wieder

Der Radsportverein scheint seine Talsohle durchschritten zu haben. Dort, wo einst Weltklasse im Kunstradsport trainierte, ist derzeit aber vor allem Graswurzelarbeit angesagt. Die 16-köpfige Trainingsgruppe um Kreismeisterin Bianca Brandner besteht vor allem aus Einsteigern.

Die Unterweissacher Einradtalente um Trainerin Tina Kreher sorgen wie die Kunstradmädels und -jungs (im Hintergrund) dreimal die Woche für Betrieb in der Seeguthalle. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Unterweissacher Einradtalente um Trainerin Tina Kreher sorgen wie die Kunstradmädels und -jungs (im Hintergrund) dreimal die Woche für Betrieb in der Seeguthalle. Foto: Alexander Becher

Von Uwe Flegel

Daniela Krautter und Sandra Kienle Ende der 80er, die Noack-Geschwister Silke sowie Ralf und Axel in den 90ern, danach die Brüder Daniel und Oliver Gronbach sowie zuletzt Viola Brand: Der Kunstradsport des RSV Unterweissach hatte in den vergangenen vier Jahrzehnten viel Weltklasse vorzuweisen. Seit dem Rücktritt der dreimaligen Vizeweltmeisterin Viola Brand vor gut vier Jahren ist damit Schluss. Keine Trainer, Einschränkungen wegen Corona und andere Widrigkeiten waren bis vor einigen Monaten beim RSV daheim. Mittlerweile geht im Täle wieder was in Sachen Kunstradsport. Zwar ist das Pflänzchen noch klein und benötigt viel Pflege, doch es gedeiht. War Bianca Brandner eine Zeit lang eine Einzelkämpferin, so betreut das Trainerteam um Ulla Gronbach, Heike Brand, Tina Kreher und Lara Schneider mittlerweile eine 16-köpfige Gruppe.

„Graswurzelarbeit“ nennen Ulla Gronbach und Heike Brand das, was sich jeden Montag, Dienstag und Donnerstag im Training in der Seeguthalle abspielt. Denn im Kunstradtraining bei der bis vor zwei Jahren selbst noch aktiven Lara Schneider und ihren beiden erfahrenen Mitstreiterinnen sowie bei Einradtrainerin Tina Kreher tummeln sich viele Einsteiger. Einzig die Elitefahrerin gewordene Bianca Brandner blickt auf viel Wettkampferfahrung zurück.

An Schulen und in Kindergärten für den Kunst- und Einradsport geworben

Die vier Übungsleiterinnen sind trotzdem heilfroh, dass es in Weissach wieder rollt. Dafür hat der Verein auch einiges getan. Mit mehreren Aktionen wurde Werbung betrieben. Die 21-jährige Lara Schneider hatte Flyer entworfen, die an Schulen und Kindergärten ausgehängt wurden. Beim ersten Mal blieben aber nur drei Talente übrig, die nach dem mal Reinschnuppern auch anschließend regelmäßig ins Training gekommen waren. Der Durchbruch kam vergangenen Herbst, als mehr als zehn Mädels und Jungs begeistert wurden. Wobei Ulla Gronbach bekennt: „Wir hatten uns sogar noch ein wenig mehr erhofft.“

Doch sie können auch mit den sieben Kunst- und neun Einradsportlern gut leben. Sie bedeuten für den Radsportverein schon eine Art Neuanfang. Geduldig wird versucht, dem Nachwuchs die ersten und zweiten Schritte auf einem Rad oder auf zwei Rädern beizubringen. Bianca Brandner ist über die Phase zwar schon längst hinaus, doch auch die Kreismeisterin der Frauen freut sich, dass sie nun nicht mehr alleine beim Training in der Halle fährt. So wie es der Fall war, nachdem das Duo Lara Schneider/Tanja Oesterle vor zwei Jahren aus Verletzungsgründen aufgehört hat. „Sie hat sich durchgebissen“, sagt Ulla Gronbach und blickt stolz rüber zu Brandner. Die wiederum macht keinen Hehl daraus, dass sie kein Problem damit hat, nicht mehr allein im Mittelpunkt zu stehen: „Ständig als Einzige vom Verein zu Wettbewerben zu fahren, ist schon ein bisschen blöd.“

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Von den Trainerinnen widerspricht der 20-Jährigen keine. Auch sie warten darauf, dass die Talente rasch Fortschritte machen, um bald bei Turnieren oder Meisterschaften starten zu können. Heike Brand und Ulla Gronbach wissen aber nach all den Jahren als Trainerinnen von WM-Medaillengewinnern, das geht nicht von heute auf morgen.

Eventuell ist es bei Tina Kreher und ihren Schützlingen im Vierer- oder Sechsereinradreigen der Schülerinnen demnächst so weit. Die 33-Jährige, einst selbst erfolgreich mit dem Weissacher Einradteam unterwegs, erzählt: „Bis zu Corona hatten wir einen guten Sechser.“ Während der Pause fiel der auseinander. Nun geht es beim RSV darum, mit neun Schülerinnen und Schülern zügig wieder ein Wettkampfteam aufzubauen – und vielleicht damit auch die Kunstradsparte zu stärken. Denn dafür kann der Einradsport als Einstiegsdisziplin dienen.

Kreher und Gronbach erhoffen sich weiteren Zuwachs in allen Bereichen

Dem Quartett ist aber ebenfalls sehr wichtig, dass sie weitere Jungs und Mädels finden, die den Sport für sich entdecken wollen. Zudem hofft Ulla Gronbach, „dass wir noch Unterstützung im Übungsleiterbereich erhalten“. Tina Kreher, die neben ihrem Traineramt auch noch stellvertretende Vorsitzende ist, bestätigt: „Wir brauchen noch mehr Eltern oder andere Personen, die sich mit engagieren.“ Das dürfen gerne auch Quereinsteiger sein. Denn obwohl Unterweissachs Kunstradsportler die Talsohle durchschritten haben, ist es noch ein weiter Weg, um wieder dort oben anzukommen, wo der RSV bereits jahrzehntelang war.

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Erstellt:
26. Juni 2024, 06:00 Uhr

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