Sicherheit bei der US-Wahl
„In der Hauptstadt bereitet man sich auf Unruhen vor“
Als OSZE-Wahlbeobachterin ist die baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Renata Alt (FDP) derzeit in den Vereinigten Staaten unterwegs. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren – auch für den Ernstfall ist man gewappnet.
Von Jessica Müller
In nur wenigen Stunden öffnen in den USA nach und nach die Wahllokale. Millionen von Menschen sollen dann darüber entscheiden, wer in den Vereinigten Staaten ab Januar für die nächsten vier Jahre das Sagen hat. Die Kandidaten der beiden größten Parteien könnten unterschiedlicher nicht sein, das Land zeigt sich gespalten. In den Umfragen liefern sich Kamala Harris und Donald Trump ein Kopf an Kopf Rennen.
Vielerorts ist die Situation deswegen angespannt. Als Zeichen von Transparenz, wurden 140 internationale Wahlbeobachter von der Biden-Regierung eingeladen, bei der Vorbereitung, Durchführung und Stimmenauszählung der US-Wahl zuzuschauen. Diese werden von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beauftragt und sollen beurteilen, in welchem Ausmaß die Wahlprozesse durch Gleichheit, Allgemeingültigkeit, politischen Pluralismus, Vertrauen, Transparenz und Verantwortlichkeit gekennzeichnet sind und inwieweit dabei die Grundfreiheiten geachtet werden. Auffälligkeiten werden dokumentiert, eingreifen dürfen die Beobachter jedoch nicht. Seit 2009 werden OSZE-Wahlbeobachter auch zur Bundestagswahl eingeladen.
140 Wahlbeobachter vor Ort
Bei den Wahlen in den Vereinigten Staaten ist derzeit die FDP-Bundestagsabgeordnete Renata Alt im Einsatz. Als einzige Vertreterin aus Baden-Württemberg und eine von zwölf von der OSZE entsandten Wahlbeobachtern aus Deutschland soll sie die Wahlen in den Vereinigten Staaten mit einem prüfenden Blick begleiten. Bereits zum vierten Mal wurde sie als Mitglied der OSZE benannt.
Die Diplom-Chemieingenieurin wurde in der ehemaligen Tschechoslowakei geboren. Nach dem Studium war sie im Außenhandel sowie im Prager Außenhandelsministerium tätig, bevor sie als Attaché der Tschechoslowakei nach Deutschland kam. Seit 2017 ist Alt Mitglied im Deutschen Bundestag. Dort ist sie Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe sowie stellvertretende Delegationsleiterin der Parlamentarischen Versammlung der OSZE.
Live vor Ort in Maryland
Seit einigen Tagen ist die Bundestagsabgeordnete nun als Wahlbeobachterin in Wahllokalen im US-Bundesstaat Maryland vor Ort, spricht dort mit Wahlhelfern und Wählern und beobachtet, ob es Unregelmäßigkeiten gibt. Insgesamt prüft sie während ihres Aufenthalts 13 Wahllokale. „Die Stimmung vor Ort ist aktuell entspannt aber man merkt, dass die Vorbereitungen und Sicherheitsvorkehrungen auf Hochtouren laufen“, berichtet sie unserer Redaktion. „Besonders in Washington D.C. bereitet man sich intensiv auf eventuelle Unruhen vor.“ Die Sicherheitszone um das Weiße Haus sei beispielsweise massiv erweitert und die gesamte Umgebung weitläufig abgesperrt worden.
Je nach Ausgang der Wahl könnte es erneut zu Ausschreitungen kommen, wie bereits zuvor mit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Anhänger Trumps versuchten nach einer Rede des zu diesem Zeitpunkt noch amtierenden Präsidenten in Washington D.C. die Abstimmung zur Legitimierung des frisch gewählten Joe Biden mit Gewalt zu verhindern. Trump wollte seine Wahlniederlage nicht eingestehen und behauptete in seiner Ansprache, bei der Wahl sei einiges nicht mit rechten Dingen zugegangen. Mitglieder der Demokratischen Partei hätten die Wahlergebnisse manipuliert und die Wahl sei damit nicht rechtens. Die Bestätigung des Ergebnisses durch den Senat und das Repräsentantenhaus müsse daher gestoppt werden.
Ein wütender Mob machte sich auf den Weg zum Kapitol. Dort belagerten die Trump-Anhänger zunächst das Gebäude, warfen Fenster ein und verschafften sich schließlich Zutritt zum Gebäude. Unter anderem forderten sie in Sprechchören dazu auf, Trump’s Vizepräsidenten Mike Pence zu erhängen. Dieser hatte mitgeteilt, dass er das Wahlergebnis nicht ablehnen könne.
Angst vor Ausschreitungen
Nach diesem Vorfall sitzt der Schreck bei vielen Amerikanern noch immer tief. Viele haben Angst, dass es wieder zu solchen Ausschreitungen kommen könnte. Denn sollte Trump die Wahl erneut verlieren, ist seinerseits mit einer ähnlichen Reaktion zu rechnen. „Es ist möglich, dass ich verliere“, sagte Trump bei einer Wahlveranstaltung im September. „Aber nur, wenn die Wahl manipuliert wird“, fährt er fort. „Nur so könnten wir diese Wahl verlieren.“
Alt hofft deshalb, dass es nicht allzu lange dauert bis ein vorläufiges Wahlergebnis vorliegt. Die Wartezeit könnte die Gemüter unnötig erhitzen, meint sie. Bis dahin sind die Wahlbeobachter jedoch schon wieder in der Heimat, die meisten reisen bereits am Mittwoch zurück.