Investitionen machen Darlehen notwendig
Der Murrhardter Gemeinderat ist in die Beratung der Investitionsplanung für den Haushalt 2024 eingestiegen. Neben Ausgaben für Schulen und Kindergärten stehen auch viele Sanierungen und Infrastrukturvorhaben an. Dazu plant die Stadt mit einem Kredit von 1,8 Millionen Euro.
Von Christine Schick
Murrhardt. Die finanziellen Rahmenbedingungen für das Investitionsprogramm 2024 sind noch nicht ganz klar, wie Stadtkämmerer Matthias Glassl erläuterte. Als Eckdaten habe ihm und seinem Team die Steuerschätzung vom Mai gedient, klar sei aber, dass sich die Zahlen noch verschlechtern werden. Neben dem Minuswachstum des Bruttoinlandsprodukts mit den entsprechenden Folgen muss sich die Stadt auch auf eine insgesamt schlechtere Finanzlage unter anderem wegen gestiegenen Personalkosten und höheren Umlagen einstellen. Zurzeit rechnet die Verwaltung mit 4,5 Millionen Euro Gewerbesteuer, einer Erhöhung bei den Abgaben für den Kreis, einem Anstieg bei der FAG-Umlage, weniger Einkommenssteuer sowie geringeren Beträgen bei den Schlüsselzuweisungen. Bürgermeister Armin Mößner ging die Investitionen der vier Teilhaushaltspläne in der Sitzung detailliert durch, sodass die Gemeinderätinnen und -räte zu Einzelpositionen Fragen stellen konnten. Ein Schwerpunkt liegt weiterhin auf Maßnahmen rund um Bildung und Betreuung, erläuterte er. Neben der Umsetzung des Digitalpakts an den Schulen, dem Turnhallenneubau und einem Modulbau mit vier Klassenzimmern an der Walterichschule gibt es eine Reihe von Sanierungsvorhaben an den Bildungseinrichtungen. Zu Buche schlagen ebenso die Investitionen bei den Kindergärten, vor allem durch geplante Anbauten, um neue Plätze zu schaffen, bei denen es aber von Landes- und Bundesseite keine Zuschüsse gibt.
Der Umbau der Schulmensa in der Stadthalle steht auch auf der Liste
Beim zweiten Teilhaushalt kommen Instandsetzungen beim Stadion zum Tragen. Eine Lösung muss noch für die Wasserversorgung zur Anlagenpflege und fürs Freibad gefunden werden, erklärte Mößner, da die Stadt kein Wasser mehr aus dem Trauzenbach verwenden darf. Ob künftig auf Leitungswasser gesetzt wird oder über die Quelle beim Fratzenbrünnele etwas beigesteuert werden kann, werde sich erweisen. Der Breitbandausbau soll kommendes Jahr abgeschlossen werden, investieren will die Stadt zudem in den Umbau der Mensa in der Stadthalle. Hinzu kommen Sicherheitsmaßnahmen am Waldsee und Beträge zur Erneuerung der Licht- und Tontechnik in der Festhalle.
Im dritten Einzelplan sind Maßnahmen und Ertüchtigungen auf den Friedhöfen verzeichnet sowie ein Zuschuss zur Freibadsanierung an die Stadtwerke. Der finanziell gewichtigste Teilhaushalt Nummer vier sieht unter anderem die Sanierung des Bahnhofgebäudes und des Rathauses vor, dazu das vom Stadtmarketing immer mal wieder angeregte Projekt, im Stadtgarten einen Biergarten einzurichten, sowie eine Reihe von Infrastrukturmaßnahmen wie Karlstraßensanierung, Umbau der Bushaltestellen zu barrierefreien oder Kanalsanierungen. Die Summe für den Erwerb von Bauerwartungsland fällt nicht mehr so hoch aus, da sich die Stadt mit neuen Baugebieten nun eher zurückhalten will. Die Erlöse der künftigen Bauplätze – Siegelsberg-Ost und Höhenweg – sind mit zwei Millionen Euro veranschlagt.
Inhaltlich nachgehakt wurde unter anderem bei der Frage nach der Installation von PV-Anlagen (Gerd Linke, MDAL/Die Grünen) auf den Gebäuden der Kindergärten, die aufgrund von personeller Auslastung und der vielen Projekte des Bauamts geschoben, aber nicht aufgehoben seien, so Mößner, sowie in Bezug auf die Konzeption zur Verwendung der Eigenwärme bei der Kläranlage (auch Linke), bei der die Stadtwerke erst noch eine Untersuchung für eine mögliche Umsetzung benötigen. Markus Blank (UL) ließ sich die Sicherheitsmaßnahmen am Waldseedamm erläutern. Vorgesehen sind Verbesserungen am Geländer, das mehr Streben erhalten soll, damit Kinder dort nicht durchklettern und ins Wasser fallen können. Fraktionskollege Johannes Wacker erkundigte sich nach dem Abbruch des Ochsens in Fornsbach, der möglicherweise noch 2023 erfolgen kann. Das Projekt Biergarten muss noch generell im Gemeinderat beraten werden (Nachfrage Martin Stierand, MDAL/Die Grünen).
Das Investitionsprogramm sieht alles in allem Ausgaben von 15 Millionen Euro vor; unterm Strich fehlen rund sieben Millionen Euro. Zwar kann der Ergebnishaushalt (laufendes Verwaltungsgeschäft) 2024 keine größere Summe beisteuern, Matthias Glassl machte aber deutlich, dass die guten Abschlüsse der Vorjahre noch ein Polster von ungefähr 14 Millionen Euro ermöglicht haben, mit dem sich zwei bis drei schlechte Jahre überbrücken ließen. Hinzu kommen Haushaltsreste von nicht umgesetzten Projekten von rund zwei Millionen Euro. Um die Investitionen zu schultern, hat die Verwaltung nun aber erstmals seit Längerem wieder eine Kreditaufnahme – 1,8 Millionen Euro – eingeplant. Damit würde der Schuldenstand auf 5,5 Millionen Euro steigen. Der Kreditbedarf könnte in den Folgejahren bis 2027 auf rund elf Millionen Euro anwachsen. Insofern plädierte Glassl dafür, sich auf das Notwendige zu beschränken oder Maßnahmen anzugehen, über die sich letztlich Einsparungen erreichen lassen.
Für den Rat ist das Vorhabenpaket nötig und der Schuldenstand noch tragbar
Aus den Fraktionen kam Zustimmung zur generellen Planung. „15 Millionen Euro sind schon ein Wort“, sagte Mario Brenner (CDU/FWV), aber auch wenn im Programm viele Aufgaben steckten, so gönne man sich doch keine Luxusprojekte. Über das Vorhaben Biergarten ließe sich ja noch diskutieren. Mit Blick auf so manches Vorhaben bei Bildung und Betreuung beklagte Brenner die mangelnde Unterstützung von Bund und Land. Stützen könne man sich im Moment noch auf die gute, erarbeitete Liquidität. Angesichts der Krediteinplanung hält er die resultierende Verschuldung im Vergleich zu anderen Kommunen noch für tragbar. Allerdings entspanne sich die Lage in der Zukunft auch nicht. Nach dem Turnhallenbau komme die Rathaussanierung und wenn das Hochwasserrückhaltebecken Gaab ansteht, sei wieder einiges an Geld nötig. Noch sei man nicht wie 2003 im Tal der Tränen angelangt, trotzdem müsse man auf Sicht fahren. Eine ähnliche Einschätzung gab Edgar Schäf (SPD). Nur weil man die letzten Jahre so gut gewirtschaftet habe, könne man nun ein noch so umfangreiches Investitionspaket schnüren. Er halte alle geplanten Vorhaben für wichtig. Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene müssten die Kommunen ausbaden, etwa im Fall des Ausbaus von Kindergartenplätzen ohne finanzielle Hilfe. Trotzdem sei Murrhardt noch vergleichsweise gut aufgestellt, den Schuldenstand halte er für noch tragbar. Gleichzeitig stellte Schäf auch fest, dass sich das Ausstattungsniveau – sein Beispiel war der Turnhallenneubau – im Vergleich zu seinen jüngeren Jahren deutlich gesteigert hätte.
Letzterem Aspekt schloss sich Wolfgang Hess (UL) an. Zu hohen Ansprüchen käme die Schwierigkeit, dass der Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“ nicht mehr gelte. Trotzdem sei für ihn die Investitionsplanung in Ordnung und die Vorhaben seien alle auch erforderlich. Angesichts der Tatsache, dass nie alle geplanten Maßnahmen umgesetzt werden könnten, sei er aber optimistisch, auch ohne Kredit auszukommen.
Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen) räumte ein, enttäuscht zu sein, dass der Gemeinderat mit dem Investitionsprogramm immer nur in Angriff nehmen könne, was wirklich nötig ist. Einen echten Gestaltungsraum ließen die Finanzen nicht. Aber ihm sei auch klar, dass andere Kommunen noch klammer dastünden. Der Rat stimmte unisono für die Planungen unter dem Vorbehalt, dass sie, wie vorgesehen, finanzierbar sind.