Friedrich Merz und das historische Finanzpaket

Ist Deutschland wirklich zurück?

Die geplanten Milliardenkredite sind richtig. Aber es braucht auch Reformen – und diese werden der gesellschaftlichen Mitte etwas abverlangen, kommentiert unser Hauptstadtkorrespondent Tobias Peter.

Friedrich Merz setzt auf Kredite. Und was ist mit Reformen?

© dpa/Michael Kappeler

Friedrich Merz setzt auf Kredite. Und was ist mit Reformen?

Von Tobias Peter

Friedrich Merz hat es in drei einprägsamen Worten zusammengefasst. „Deutschland ist zurück“, sagte er – nachdem Union, SPD und Grüne sich auf eine Ausnahme von der Schuldenbremse für die Verteidigung und ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur geeinigt haben. Aber auch wenn die Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat für das Vorhaben tatsächlich zustande kommen, stellt sich die Frage: Stimmt das überhaupt? Oder verspricht Merz mehr, als er einlösen kann?

Merz ist ein Mann der Wirtschaft. Stellen wir uns ein Unternehmen vor, das mit veralteten Maschinen arbeitet, aber auch sonst in die Krise gekommen ist. Klar ist: Die Firma braucht viel Geld, um zu investieren. Doch wer käme auf die Idee, diesem Unternehmen gigantische Summen zu geben, wenn sich dort sonst nichts ändert? Richtig: Niemand. Doch die Gefahr, dass die erwartete Koalition aus Union und SPD Deutschlands Schuldenberg in die Höhe treibt, aber wichtige Reformen vermeidet, ist groß.

Gesucht: der wirtschaftliche Turnaround

Eines vorweg: Die gigantischen Summen, die in den kommenden Jahren vermutlich als Kredite aufgenommen werden, sind zwar geeignet, Menschen Angst zu machen. Dennoch ist das Vorhaben richtig. Die Deutschen müssen in die Bundeswehr investieren, weil sie sich in Verteidigungsfragen nicht mehr auf die USA verlassen können. Auch Investitionen in marode Brücken, Straßen und Schulen sind überfällig.

Nur: Das allein bringt dauerhaft nicht den notwendigen wirtschaftlichen Turnaround. Dafür, dass Deutschland eine wichtige Rolle in Europa und der Welt spielen kann, braucht es wieder ein nachhaltig stärkeres Wirtschaftswachstum. Deshalb ist es wichtig, dass die angepeilten Milliardenkredite klug ausgegeben werden. Notwendig sind aber auch Reformen, die allen in der Bevölkerung etwas abverlangen. Es sieht nicht danach aus, als seien Union und SPD mutig genug dazu.

Merz hat im Wahlkampf gleich in doppelter Hinsicht einen falschen Eindruck erweckt. In beiden Fällen spielte die Überbetonung zweier an sich wichtiger Themen eine Rolle: der Kampf gegen den Missbrauch beim Bürgergeld und die Anstrengungen für eine Begrenzung der irregulären Migration. Beides sind wichtige Ziele. Doch Merz hat zum einen die Illusion erweckt, auf diese Weise könnten Deutschlands Finanzprobleme zu einem erheblichen Teil gelöst werden. Das war falsch. Der CDU-Chef hat zugleich, als er von der Notwendigkeit von Reformen sprach, bei den Wählerinnen und Wählern den trügerischen Eindruck erweckt, dies träfe die meisten Menschen in der Mitte der Gesellschaft gar nicht. Sondern vor allem Bürgergeldempfänger.

Schattendiskussion ums Bürgergeld

Keine Frage: Es muss weitere Änderungen beim Bürgergeld geben. Das gilt erst recht jetzt, da eine Studie der Bertelsmann-Stiftung gezeigt hat: Zu viel Geld versickert in der Verwaltung, während zu wenig in die Arbeitsförderung fließt. Faire Regeln und Effizienz beim Bürgergeld sind aus Gerechtigkeitsgründen wichtig. Doch gemessen an der Größe der Probleme im deutschen Sozialstaat handelt es sich um eine Schattendiskussion, die davon ablenkt, dass allen große Herausforderungen bevorstehen.

Findet Merz womöglich noch zum Mut zurück, darüber zu reden, dass es echte Reformen bei der Rente braucht – und dass dies dem Einzelnen auch etwas abverlangen wird? Wird er sich vielleicht doch noch trauen, nicht immer nur allgemein darüber zu reden, dass alle im Land anpacken müssen? Buchstabiert er das Ganze auch mal konkret aus – bis hin vielleicht sogar zum Vorschlag der Abschaffung eines Feiertags?

Er muss jetzt entscheiden, was für ein Kanzler er sein will.

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Erstellt:
17. März 2025, 17:12 Uhr

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