Jugendforumsideen auf dem Prüfstand
Die Stadtverwaltung hat die vielen Vorschläge für Projekte, die beim Workshop entstanden sind, in Bezug auf ihre Realisierbarkeit unter die Lupe genommen. Angeschaut hat sie sich vor allem die Finanzierbarkeit und ob eventuell andere zu entscheiden haben.

© Jörg Fiedler
Die Jugendlichen möchten, dass auch Solarenergie in Murrhardt weiter ausgebaut wird. Die Stadt verweist auf ihre Planung für eine Anlage auf dem Dach der Festhalle für rund 150000 Euro. Foto: J. Fiedler
Von Christine Schick
MURRHARDT. Die Liste an Ideen ist umfangreich. Die 47 Jugendlichen haben sich im Januar mit 16 Themenbereichen befasst und 40 Einzelideen und -punkte zusammengetragen. Mittlerweile hat die Stadtverwaltung diese bewertet, auf eine mögliche Umsetzung geprüft und nun im Gemeinderat vorgelegt. Ralf Nentwich (MDAL/Die Grünen) ließ keinen Zweifel daran, dass er das Jugendforum für eine gelungene Veranstaltung hält, überzeugend moderiert von Erik Flügge, den man hoffentlich auch für künftige Runden gewinnen könne. Den längeren Zeitabstand zwischen Veranstaltung und Auswertung sah er der Coronakrise geschuldet, machte aber auch klar, für wie wichtig er solche Beteiligungsmodelle und -möglichkeiten für junge Menschen hält. „Da sind wir bei den Jugendlichen in der Pflicht.“ Auch inhaltlich ging er auf einzelne Aspekte der Vorschläge ein. Gefreut habe er sich über die Thematik „Grünes Murrhardt“ mit Ideen wie Fotovoltaikanlagen auf Gebäuden und Bushaltestellen oder Solarbäume und Windräder und bat die Verwaltung, dies noch mal genau zu prüfen, ob nicht doch noch Möglichkeiten im Einzelnen bestünden. Ebenso Beiträge zum Naturschutz wie Insektenhotels und Vogelhäuser oder die Ausrüstung von Mülleimern mit Aschenbechern fand er wichtig. Beim Skaterpark habe er die Jugendlichen so verstanden, dass sie den Platz durchaus schätzten, vielmehr den Aufenthalt von Leuten schwierig fanden, die sie als Dealer einordneten. Er sprach der Verwaltung ein Lob für die gute Gliederung aus, bat um noch genauere Bewertung im Detail und regte an, über weitere Jugendbeteiligung wie beispielsweise einen Jugendvertreter im Gremium nachzudenken.
Sonja Allinger-Helbig (SPD) schloss sich dem Lob von Stadt und Erik Flügge an. Brigitte Kübler (UL) bat darum, den Jugendlichen auch Rückmeldung über die weitere Entwicklung zu geben. Sie persönlich habe sich mit der Integration von Erlebnisangeboten in den bestehenden Parcours am Waldsee etwas schwer getan. Georg Devrikis (CDU/FWV) wollte die Vorschläge und Ideen der Jugendlichen ganz bewusst nicht bewerten, eben weil sie ja von den Teilnehmern gekommen seien. Bei einer Umsetzung könne möglicherweise auch das Projekt Brückenschlag eine wichtige Anlaufstelle sein. Bürgermeister Armin Mößner unterstrich, dass die Jugendlichen wieder einmal eine Fülle an guten Ideen entwickelt hätten. Wie man mit ihnen umgehe, sei auch abhängig vom dafür nötigen Kleingeld und der Zuständigkeit. Nicht unwichtig sei auch das Engagement der Jugendlichen bei einer Umsetzung. Das in der Auflistung vorgeschlagene Vorgehen wurde vom Rat einstimmig beschlossen.
Verwaltung sieht Wirtschaftlichkeit kleiner Anlagen nicht gegeben.
Im Folgenden soll noch mal grob skizziert werden, welche Bereiche die Ideenliste umfasst und wie sie die Stadt einordnet. Zum Thema „Grünes Murrhardt“ vorgeschlagen sind Fotovoltaikanlagen auf städtischen Gebäuden und Bushaltestellen, Solarbäume, kleine Windräder und Windbäume. Anlagen auf Bushaltestellen oder kleineren Gebäuden werden wegen Faktoren wie Beschattung und geringe Fläche sowie der Notwendigkeit, einen Zählerplatz und eine Stromleitung einzurichten, als unwirtschaftlich bewertet. Die Stadt verweist aber auf die konkrete Planung einer Anlage auf dem Dach der Festhalle für rund 150000 Euro. Solarbäume, bei denen die Energie für Beleuchtung verwendet wird, möchte man bei künftiger Platzgestaltung berücksichtigen (30000 bis 60000 Euro). Kleine Windräder werden als stark standortabhängig in der Ausbeute und wenig effizient eingestuft, Windbäume als „interessantes Stadtmobiliar“. Sie könnte sich die Stadt als Element zur Gestaltung der Außenanlagen beim Gymnasium vorstellen (ab 30000 Euro).
Zum Themenkomplex „Erlebniswald“ mit Murmelbahn, Klanghölzern, Barfußpfad, Hangel- und Sinnesparcours bis hin zu einem Wald- und Wasserspielplatz sieht die Verwaltung die Möglichkeit, Einzelnes im Blindenparcours und Skulpturenpfad am Waldsee zu integrieren oder auch an anderer Stelle wie dem Brünnelesweg, Alleensee und Stadtgarten. Beim „Naturschutz“ mit Insektenhotels und Vogelhäusern kann sich die Stadt eine Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund (Nabu) vorstellen, beim Anlegen von Blumenwiesenbeeten war sie im vergangenen Jahr schon recht aktiv und hat laut Vorlage rund 11000 Euro investiert. In puncto interaktiver Garten ließe sich an das Projekt „Essbare Stadt“ anknüpfen, zudem verweist die Stadt auf die Gartenanlagen „Morlock-Areal“ und „Raidt“.
Zum Stichwort „Kultur“: Für eine Gartenschau gibt es auch bei der Stadt konzeptionelle Überlegungen, ein Festival bräuchte ehrenamtliche Mitarbeit und ein Open-Air-Kino im Stadtpark eine relativ umfangreiche Logistik.
„Musik für alle“ schlägt einen Musikwettbewerb vor. Jenseits des Murrhardter Musikpreises stellt die Stadt fest, dass für ein Format im Stil der derzeitigen Fernsehproduktionen zwischen 1000 und 3500 Euro ausgegeben werden müssten. Für die Idee von Singtagen verweist sie einerseits auf die Schulen, andererseits auch auf Angebote von Vereinen und Musikschule.
Ähnlich sieht dies bei Wünschen rund um den „Sport“ aus. Mit Blick auf ein vielfältigeres Angebot beispielsweise mit Basketball, Football, Darts und Cheerleading ist die Empfehlung der Stadt, sich mit den Vereinen zusammenzutun beziehungsweise auf sie zuzugehen. Einiges wird bereits schon angeboten, wie Schach oder Tanzen.
Festgestellt haben die Jugendlichen ein „Müll- und Zigarettenproblem“. Die Stadt will sich um die Nachrüstung von Aschenbechern auf Mülleimern an Plätzen kümmern, die stark frequentiert sind. Was die Straßenreinigung anbelangt, erfolgt sie regelmäßig und gezielt nach Festen, könne aber in Rücksprache mit der Firma Schäf und dem Bauhof intensiviert werden (Ausgaben 2019 beliefen sich auf rund 127000 Euro). Ein Rauchverbot im Stadtpark sieht die Stadt auf dem Kinderspielplatz als sinnvoll, ansonsten aber als nicht praktikabel an.
Unter der Überschrift „Skaterpark kein Tickerpark“ sehen die Jugendlichen die Problematik, dass ihrer Beobachtung nach dort gedealt wird. Die Stadt führt an, dass sie eine neue Platzgestaltung gegenüber dem Jugendzentrum angesprochen, sich aber mangels Interesse noch keine Lösung gefunden habe. Die bestehende Skateranlage muss wegen Baufälligkeit abgeräumt werden, so die Stadt. Dass die Jugendlichen Drogenkontrollen anmahnen, nimmt die Stadt ernst. Dazu müsste die Kapazität von städtischem Vollzugsdienst erhöht werden. Als Richtschnur setzt sie einen Betrag von 60000 Euro für weitere Mitarbeiter und Minijobber an.
Zum Punkt „Wir frieren, während der Vorstand feiert“ (geschlossenes Jugendzentrum) verweist die Stadt darauf, dass sie auf den Vereinsvorstand zugegangen ist und dieser zum Teil Öffnungszeiten anbietet, die Sozialarbeiterstelle aber bisher noch nicht besetzt werden konnte. Auch für weitere „Jugendräume“ bräuchte es neben konkreten Räumlichkeiten Personal.
Unter dem Stichwort „Stadtgestaltung“ wünschen sich die Jugendlichen die Aufstellung von Tischen und Bänken, was die Stadt mit der Erweiterung ihres bestehenden Konzepts angehen würde. Die Ausstattung öffentlich zugänglicher Ladestationen plant sie für Autos am Bahnhof, für E-Bikes besteht eine Möglichkeit in der Postgasse.
In Bezug auf das Thema „Ausbau der Beleuchtung“ wird die Stadt bei den Schulwegen auf die Süwag zugehen, um sich ein Angebot zur Erweiterung geben zu lassen; beim Stadtgarten müsste mit einem neuen Lampenmodell erweitert werden. Die Zeiten, an denen sie festhalten möchte, sind 2015 neu festgelegt worden. Bei der „Digitalisierung an Schulen“ merkt die Stadt an, dass die Schulleitung größtenteils über den Einsatz digitaler Medien entscheidet, weitere Richtschnur ist der Medienentwicklungsplan. Zum Glasfaserausbau verweist sie auf das interkommunale Breitbandprojekt.
Unstrittig ist für die Verwaltung die Erweiterung der „Mensa“ aufgrund der hohen Nutzerzahlen. Sie soll im Rahmen der Stadthallensanierung erfolgen (bis 2022). In Bezug auf einen vielfältigeren Speiseplan sind die Verantwortlichen für Anregungen offen.
Jugendliche haben zudem den Bau von Rampen bei Geschäften angeregt, die für Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen wichtig wären. Hier seien allerdings die Immobilieneigentümer gefragt. Einen Rahmen setzt auch die Tatsache, dass diese Verkehrsflächen nicht behindern dürfen.