Kampf gegen AfD ist langwierig
Union und SPD müssen gelassen auf die derzeitigen Umfragewerte reagieren. Wichtig ist: Lösungen liefern.
Von Eidos Import
Die AfD nur noch knapp hinter der Union. Die AfD gleichauf mit der Union. Das waren die Schlagzeilen der vergangenen Tage. Viel Fantasie erfordert es nicht, sich vorzustellen, dass es in näherer Zukunft womöglich auch einmal heißen könnte: Die AfD liegt in einer bundesweiten Umfrage erstmals auf Platz eins. Empfohlen sei in diesem Moment – auch wenn es seltsam klingt – vor allem erst einmal eins: etwas Gelassenheit.
CDU, CSU und SPD befinden sich in einer schwierigen Regierungsbildung. Dass die Werte von Union und SPD aktuell nicht nach oben schnellen, ist nicht überraschend. Gleichzeitig ist klar: Das Umfrageinstitut, das als erstes die AfD vorne sieht, wird eine hohe Aufmerksamkeit erhalten.
Wenn die Parteien, die wahrscheinlich bald gemeinsam regieren, zumindest einen Teil der Wähler von der AfD zurückgewinnen wollen, ist das ein Marathonlauf. Damit er gelingen kann, sollten Union und SPD zwei Lektionen aus der vergangenen Bundestagswahl ziehen. Erstens: Die Mehrheit der Menschen will einen härteren Kurs, wenn es darum geht, irreguläre Migration nach Deutschland zu verhindern. Die vergangene rot-grün-gelbe Bundesregierung hat hier schon Schritte unternommen. Aber das reicht noch nicht. Dieser Punkt richtet sich an die SPD. Zweitens: Die demokratischen Parteien der Mitte werden am Ende an ihrer Fähigkeit gemessen, Lösungen zu liefern. Deshalb dürfen sie nicht die Populisten kopieren, für die es im Wahlkampf ausreicht zu behaupten, es gebe einfache Antworten auf komplexe Probleme.
Genau das hat Friedrich Merz getan, als er im Wahlkampf den Eindruck erweckt hat, die meisten Haushaltsprobleme ließen sich schon durch Einsparungen und Wachstum lösen. Oder aber als er verschwiegen hat, dass auch ein Kanzler in der Migrationspolitik nicht vom ersten Tag an machen kann, was er will, sondern dass er Kompromisse schließen muss. Wer so tut, als sei alles ganz einfach, diskreditiert die Lösungen, die er tatsächlich liefern kann.
Viele Menschen sind verunsichert durch einen Prozess, den Philosophen und Soziologen als „Gegenwartsschrumpfung“ bezeichnen. In der Welt ändert sich vieles so schnell, dass es immer weniger gibt, an dem der Einzelne sich festhalten kann.
Daraus erwächst der verständliche Wunsch an Staat und Politik, Wohlstand für den Einzelnen in Zeiten wirtschaftlicher Veränderung zu erhalten. Gleichzeitig gibt es spätestens seit der Corona-Pandemie ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen Politik und einem Teil der Bevölkerung. Diese Menschen haben das Gefühl, der Staat greife zu tief ins Persönliche ein. Deshalb hat auch der missratene erste Entwurf für das Heizungsgesetz so viele Emotionen hervorgerufen. Viele empfanden es so, als rückten Politiker auch noch in den Keller des einzelnen Bürgers ein.
Vertrauen zurückzugewinnen, ist eine langfristige Aufgabe. Das gilt umso mehr, weil es gar nicht so einfach wird, den erhofften wirtschaftlichen Aufschwung zu organisieren. Die irrationale Zollpolitik der Trump-Regierung birgt große Risiken für die Weltwirtschaft. Doch auch unabhängig davon muss Deutschland um seine Industriearbeitsplätze kämpfen.
Union und SPD müssen den Menschen sagen, wo Probleme liegen und wie Auswege aussehen können. Es kommt nicht darauf an, ob sie ein paar Tage mehr oder weniger für den Koalitionsvertrag brauchen. Sie müssen hinterher vier Jahre lang seriös und verlässlich arbeiten. Das Ziel muss sein, dass wieder mehr Menschen das Gefühl haben: Die Herausforderungen sind groß, aber am Ende wird es gut ausgehen. Nur so wird die AfD wieder an Zuspruch verlieren.