Vor Gerichtsprozess in München
Kettensäge, Hubschrauber und Aogo: Die Skandale des Jens Lehmann
Jens Lehmann steht wieder einmal vor Gericht – ein Anlass für einen Blick auf die verschiedenen Eklats rund um den einstigen VfB-Torhüter. Die Liste ist lang und reicht von rassistischen Äußerungen bis hin zu Straftaten.

© dpa/Sven Hoppe
Der frühere Nationaltorwart Jens Lehmann ist vor Gericht kein Unbekannter.
Von Valentin Schwarz
Jens Lehmann hält die Münchener Justiz auf Trab. An diesem Donnerstag beginnt ein neuer Prozess gegen den Ex-Fußballprofi am Amtsgericht der bayerischen Landeshauptstadt. Darin geht es um eine Trunkenheitsfahrt nach einem Besuch des Oktoberfests im vergangenen Jahr. Der 55-Jährige war damals alkoholisiert am Steuer erwischt worden – ein weiteres Kapitel in der langen Skandalgeschichte des Jens Lehmann.
Schon am Montag in der vergangenen Woche hätte der frühere Torhüter der Nationalmannschaft eigentlich vor dem Amtsgericht München erscheinen sollen. Der Grund: Eine Polizeistreife hatte ihn im Juni 2024 mit dem Handy am Steuer gestoppt. Lehmann erhielt ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro sowie einen Punkt in Flensburg. Dagegen legte er Einspruch ein. Den hat das Gericht nun jedoch verworfen – weil weder Lehmann noch sein Anwalt zu dem Termin in der vergangenen Woche auftauchten.
Lehmann mit Kettensäge in Garage seines Nachbarn
Für noch mehr Schlagzeilen sorgte allerdings ein dritter Prozess. Im Juli 2022 begab sich der am Starnberger See ansässige Lehmann mit einer Kettensäge in die Garage eines Nachbarn. Dort machte er sich an einem Dachbalken zu schaffen. Dafür wurde der Ex-VfB-Spieler im September 2024 in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 900 Euro, also insgesamt 135 000 Euro verurteilt.
Doch selbst die verschiedenen Fälle, die vor Gericht landeten, sind nur die Spitze des Eisbergs. Dabei galt Lehmann einst als Liebling der Nation. Vor der Heim-WM 2006 setzte er sich gegen Torwartlegende Oliver Kahn im Zweikampf um den Platz in der Startelf durch. Beim Turnier glänzte er dann mit starken Leistungen. Besonders die Szenen aus dem Viertelfinale gegen Argentinien, als Lehmann einen Notizzettel zugesteckt bekam und der deutschen Auswahl im Elfmeterschießen das Weiterkommen sicherte, gingen um die Welt.
Lehmann fliegt mit Hubschrauber nach Stuttgart
Nach seinem Wechsel von Arsenal London zum VfB Stuttgart häuften sich allerdings die skurrilen Anekdoten rund um den langjährigen Weltklassekeeper. Auf dem Platz riss Lehmann 2009 seinem Teamkollegen Khalid Boulahrouz dessen Stirnband vom Kopf und warf den Schuh von Gegenspieler Sejad Salihovic aufs Tornetz. Zudem verschwand er während einer laufenden Champions-League-Partie hinter einer Werbebande, um zu pinkeln. Abseits des Rasens geriet er nach einem Spiel gegen Mainz 05 mit einem Fan aneinander und schnappte sich dessen Brille.
Schon zu Beginn seiner Zeit im Schwabenland hatte Lehmann Aufsehen erregt, weil er mit einem privaten Hubschrauber vom Starnberger See nach Stuttgart geflogen war – eine rund 250 Kilometer lange Strecke. Dies griff zuletzt die Richterin im Handy-Fall auf. Nachdem Lehmann den Gerichtstermin geschwänzt hatte, sagte sie: „Er hätte ja ein Taxi oder einen Hubschrauber nehmen können.“
Rassistische Nachricht und Wortmeldung von Boris Palmer
2011 endete die sportliche Laufbahn Lehmanns – damit aber nicht die Reihe seiner Eklats. So wurde er 2014 gefragt, wie er wohl reagiert hätte, wenn sich sein früherer VfB-Mitspieler Thomas Hitzlsperger schon während seiner aktiven Karriere als homosexuell geoutet hätte. Lehmanns Antwort: „Komisch, glaube ich. Man duscht jeden Tag zusammen, man hat Phasen, in denen es nicht so läuft.“ Im Dezember 2020 stellte er die Corona-Pandemie auf eine Ebene mit einer Grippe-Welle.
Nur wenige Monate später verschickte er eine WhatsApp-Nachricht über den Ex-Nationalspieler Dennis Aogo aus Versehen an Aogo selbst. Der rassistische – und auch in Sachen Rechtschreibung nicht korrekte – Inhalt des Textes: „Ist Dennis eigentlich euer qotenschwarzer?“ Aogo veröffentlichte einen Screenshot und Lehmann verlor seinen Posten im Aufsichtsrat von Hertha BSC. Übrigens: Im Verlauf der Affäre meldete sich mit Boris Palmer ein weiterer Prominenter, der regelmäßig für Schlagzeilen sorgt, zu Wort. Der Tübinger Oberbürgermeister geriet für seine eigenen Aussagen zu Lehmann, Aogo und der angeblichen „Cancel Culture“ ebenfalls schwer in die Kritik.
Während der Heim-EM im vergangenen Jahr schuf Lehmann, der Held des Sommermärchens, dann als TV-Experte den nächsten Aufreger. Dem Nationalspieler Robert Andrich unterstellte er angesichts dessen pink gefärbter Haare mögliche „Persönlichkeitsprobleme“ und fügte hinzu: „Vielleicht fühlt er sich heute als Frau?“
Lehmann soll Parkgebühren nicht bezahlt haben
Hinzu kommen die verschiedenen Straftaten, angefangen mit einer Unfallflucht 2016. Besonders kurios klingt ein Fall aus dem Jahr 2022. Damals warf die Staatsanwaltschaft Lehmann vor, am Münchener Flughafen die Parkschranke ausgetrickst und seine Gebühren nicht bezahlt zu haben. Das Verfahren wegen versuchten Betrugs fiel mit dem Kettensägen-Fall zusammen.
Ursprünglich erhielt Lehmann dafür eine Geldstrafe von insgesamt 420 000. Nachdem er Berufung eingelegt hatte, wurde sie auf 135 000 Euro herabgesenkt. Weil Lehmanns Alkoholfahrt noch vor dem Urteil stattfand, musste das Gericht dann allerdings eine Gesamtstrafe festlegen: 190 Tagessätze zu je 900 Euro, also insgesamt 171 000 Euro. Dagegen legte der 55-Jährige erneut Einspruch ein und steht deshalb am Donnerstag wieder einmal vor Gericht – wenn er diesmal denn erscheint.