Evangelische Kirche
Kirchliche Trauung bald auch für nonbinäre Paare?
Für die einen ist es überfällig, für die anderen eine Zumutung: Die Württembergische Landeskirche wagt einen neuen Vorstoß zur „Ehe für alle“ – und auch bei Taufen gibt es eine Neuerung.

© ZDF/Jon Ailes
Selbst im Rosamunde-Pilcher-Film gibt es schon gleichgeschlechtliche Trauungen.
Von Eberhard Wein
Jahrelang hat sich die Württembergische Landeskirche bei der Trauung homosexueller Paare besonders schwer getan. Jetzt könnte sie eine der liberalsten Trau-Agenden innerhalb der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) bekommen. Laut einem Reformvorschlag des Oberkirchenrats sollen gleichgeschlechtliche Paare künftig in allen Gemeinden getraut werden können. Dies soll auch für Ehegatten gelten, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen. Eine solche Regelung für nichtbinäre Partner ist in der EKD bisher die Ausnahme.
Man wolle die bisher noch geltende Unterscheidung zwischen einer klassischen „kirchlichen Trauung“ für Mann und Frau und einem „Gottesdienst anlässlich einer Eheschließung“ für gleichgeschlechtliche Paare aufheben, sagte der Leiter des Rechtsdezernats, Oberkirchenrat Michael Fritsch. Bisher ist in Württemberg – anders als in Baden und anderen Landeskirchen der EKD – lediglich eine Segnung gleichgeschlechtlicher Ehegatten vorgesehen. Sie kann auch nur in so genannten Regenbogengemeinden stattfinden, die sich zuvor in einem mehrstufigen Verfahren dafür qualifiziert haben.
Nur 147 Regenbogengemeinden
Zudem war die Höchstzahl der Regenbogengemeinden als Konzession an die starke pietistische Minderheit in Württemberg von der Landessynode auf ein Viertel begrenzt worden. Erreicht wurde aber auch diese Quote bisher nicht. Aktuell bieten lediglich 147 der 1039 Kirchengemeinden in Württemberg solche Segnungsgottesdienste an. Dabei liegt die Zurückhaltung der Gemeinden offenbar seltener an theologischen Bedenken als am umständlichen Verfahren.
Künftig will der Oberkirchenrat das Prozedere umdrehen. Demnach müssen Kirchengemeinden, in denen es Bedenken gibt, die gleichgeschlechtliche Trauung in ihrer Gottesdienstordnung aktiv ausschließen. Wichtig bleibe der Schutz der Gewissensfreiheit. Auch künftig werde kein Pfarrer gezwungen, eine solche Trauung gegen seine Überzeugung zu leiten.
Katholiken werden vollwertige Paten
Offen ist, ob der Vorschlag in der Synode die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erhält, oder ob das Thema die im Herbst stattfindende Kirchenwahl überschattet. Vor fünf Jahren war das der Fall – damals zum Nachteil der Pietisten. Beschlossen hat die Synode derweil eine Änderung bei den Taufen. Einer von zwei Paten soll evangelisch sein, muss aber nicht mehr. Im Zweifelsfall genügen damit auch freikirchliche oder katholische Paten. Weil es beim Taufverständnis keine Differenzen in der Ökumene gebe, sei dies möglich, sagte der Sprecher Dan Peter. Allerdings geht die Landeskirche gewissermaßen in Vorleistung. Bei einer katholischen Taufe sind Protestanten weiterhin nur als „Taufzeugen“ zugelassen. Mindestens ein katholischer Pate ist Pflicht.
Ehe für alle
EvangelischDie Badische Landeskirche war 2016 die erste, die eine vollwertige Trauung auch für gleichgeschlechtliche Paare einführte. Inzwischen folgten fast alle Landeskirchen im Norden und Westen. Einzige Ausnahme ist das kleine Schaumburg-Lippe. Dort wie in Sachsen, der Landeskirche Anhalt und Bayern ist nur eine Segnung der Partner vorgesehen. In der Mitteldeutschen Kirche können Gemeinden entscheiden, Traugottesdienste anzubieten.
KatholischAuf katholischer Seite ist man von solchen Regelungen weit entfernt. In einem epd-Interview äußerte sich jüngst der neue Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Klaus Krämer, zu gleichgeschlechtlichen Paaren: „Wir haben seit einigen Monaten eine Fachstelle für queersensible Pastoral in unserer Diözese. Wir gehen da Wege, auch für diese Gruppe als Kirche da zu sein und sie pastoral zu begleiten. Dazu gehört natürlich auch das Gebet und gehört die Bitte um Gottes Segen. Mir ist es ein großes Anliegen, wirklich niemanden auszugrenzen aus unserer Kirche. Aber man sollte dieses Thema nicht engführen auf die Frage der Trauung. Es geht in der Pastoral darum, offen zu sein gegenüber allen Gruppen.“