Klimawandel verändert die Feuerwehrarbeit
Die Freiwillige Feuerwehr Murrhardt lädt am Wochenende nach langer Coronapause wieder zum zweitägigen Fest ein, auch um über ihre Arbeit zu informieren. Bei den Einsätzen spielen mittlerweile auch Szenarien wie Starkregen eine Rolle und die Gefahr von Flächen- und Waldbränden steigt.

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Beim Starkregen war die Feuerwehr – hier an der Unterführung in der Weststadt – vielerorts gefordert. Foto: 7aktuell.de/Kevin Lermer
Von Christine Schick
Murrhardt. Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Murrhardt sind zurzeit mit vergleichsweise vielen Einsätzen konfrontiert. Bis zum Juni sind die Ehrenamtlichen bereits 75-mal ausgerückt. „Ganz grob rechnet man mit durchschnittlich zehn Einsätzen pro Monat“, erläutert Kommandant Stefan Krehan. Erfahrungsgemäß sind es im Jahresschnitt zwischen 110 und 115 Einsätze, sodass die aktuelle Zahl relativ hoch liegt. In den vergangenen Wochen kamen zu Bränden beispielsweise auf der Fläche, im Wald oder aktuell in Großerlach, wo eine Scheune ein Raub der Flammen wurde, auch Alarmierungen wegen eingeschlossenen Personen im Bahnhofsaufzug genauso wie die Einsätze beim Starkregenereignis am Montag, 22. Mai, in Murrhardt. Letzteres gehört für die Feuerwehr zu den außergewöhnlicheren Szenarien. „Das ist schon relativ anstrengend, weil es viele Anrufe gibt“, sagt Stefan Krehan. „Man möchte möglichst allen helfen, müsste überall gleichzeitig sein und kommt dann aber nicht drumherum, zu priorisieren.“
Die Arbeit bei Starkregenszenarios ist nur bis zu gewissem Grad trainierbar
Weil Starkregenereignisse so unberechenbar in Bezug auf Ort(e), Zeit und konkrete Folgen sind, was sich jüngst in Murrhardt deutlich gezeigt hat, stellt der Murrhardter Feuerwehrkommandant fest: „Das kann man einfach schwer üben.“ Insofern hat solch ein Einsatz einen anderen Charakter als einer, bei dem Ausbildung und praktisches Training greifen wie beispielsweise beim Scheunenbrand in Großerlach vergangenen Dienstag mit dem Aufbau einer Löschleitung und der Feuerbekämpfung. Aber auch wenn Hochwasser- oder Starkregenszenarien nicht dem klassischen Kernfeuerwehrgeschäft entsprechen, helfen Technik und fachliches Know-how doch dabei, improvisieren zu können, erläutert Niklas Eilers, der bei der Murrhardter Feuerwehr für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.
Dass den Kommandanten und das Feuerwehrhaus während dieser Szenarien trotzdem noch viele Anrufe erreichen, lässt sich nicht immer vermeiden. Sind es betroffene Bürgerinnen und Bürger, bitten die Ehrenamtlichen sie trotzdem, sich unter der Nummer 112 erneut zu melden, weil über sie die Anrufe an die zuständige Leitstelle weitergeleitet werden. Die Kolleginnen und Kollegen übernehmen die erste Begleitung und Einschätzung, diese Regelung hat aber auch einen weiteren Hintergrund. Die Anrufe werden aufgezeichnet, um dies unter Umständen auch nachweisen zu können, da die Einsätze der Feuerwehr teils kostenpflichtig sind, erläutert Stefan Krehan. Ob sich der Einzelne beteiligen muss, hängt davon ab, ob Personen gefährdet sind beziehungsweise waren. Je nach Situation – wie bei Hochwasser oder Starkregen – entscheidet die Stadt, ob sie möglicherweise von den Kosten her unterstützen kann.
Vor dem Hintergrund des Klimawandels nehmen neben der Starkregengefahr auch Trocken- und Hitzeperioden zu. „Bei hoher Sonneneinstrahlung steigt das Risiko, dass Flächen- und Waldbrände entstehen“, sagt Niklas Eilers. Manchmal spielt auch menschliches Zutun eine Rolle wie eine weggeworfene Zigarette. Bei den Feuerwehren ist man auf Kreisebene mittlerweile in die Thematik „Vegetationsbrände“ eingestiegen, erläutert Stefan Krehan, der auch einer der drei stellvertretenden Kreisbrandmeister ist. Dazu gehört, dass je eine Feuerwehr im Rems- und im Murrtal speziell ausgerüstet ist, auch gab es jüngst eine Fortbildung, bei der es um Fragen des richtigen Equipments wie dünnere Strahlrohre und Löschrucksäcke ging. „Anfangs hat man die Kapazitäten beim Wasser erhöht“, sagt Niklas Eilers. Mittlerweile fahre man eine Art Gegenstrategie und arbeite damit, möglichst kleine Mengen gezielt beziehungsweise kontinuierlich abzugeben.
Froh sind die beiden über die gute Zusammenarbeit mit den Landwirten in Murrhardt und Umgebung, die im Notfall mit Wasserfässern beziehungsweise Gülletransportern unterstützen können. Dabei kommt der Feuerwehr Murrhardt zugute, dass sie noch vergleichsweise viele aktive Teilortsfeuerwehreinheiten hat, unter denen auch Landwirte sind, oder dass Verbindungen zu diesen bestehen.
Die Tagbereitschaft der Murrhardter Feuerwehr, also die Verfügbarkeit von Einsatzkräften unter der Woche tagsüber, hat sich stabilisiert. „Genug Kräfte haben kann man eigentlich nie, aber die Situation ist nicht mehr so schwierig, wie sie schon einmal war“, sagt Krehan.
Unternehmen unterstützen, um
die Tagbereitschaft abzusichern
Eine wichtige Hilfe ist, dass die Fornsbacher Feuerwehrkräfte je nach Lage mitausrücken können und dass Murrhardter Firmen die Arbeit unterstützen, indem sie Mitarbeiter, die auch in der Feuerwehr – teils in anderen Städten und Gemeinden – engagiert sind, freistellen, sollte es zu einem größeren Einsatz kommen. „Das funktioniert in Murrhardt sehr gut und dafür sind wir auch dankbar“, so Krehan. Zufrieden sein kann das Team zudem mit der Entwicklung der Mitgliederzahlen. In jüngster Zeit haben einige Quereinsteiger zur Feuerwehr Murrhardt gefunden. Aktuell zählt sie insgesamt 255 Mitglieder (mit Jugend und Altersfeuerwehr), 2022 waren es noch 241. Was die für den aktiven Dienst verfügbaren Kräfte anbelangt, zählt die Feuerwehr 169 Mitglieder (Ende 2022), auch hier sind die Zahlen leicht gestiegen. 2021 waren es noch 158 Mitglieder.
Sein neues Amt als stellvertretender Kreisbrandmeister lässt sich für Stefan Krehan gut mit der Arbeit als Murrhardter Kommandant verbinden, auch wenn er aufgrund der Rufbereitschaft (einmal im Monat) noch ein wenig mehr unterwegs ist. Angesichts seiner zwei Kollegen, die mit ihm das Stellvertretertrio bilden, sagt er: „Sie sind hauptamtliche Feuerwehrleute, insofern kann ich, glaube ich, ganz gut ergänzen, weil ich die Sicht eines ehrenamtlichen Engagements als Kommandant einer nicht ganz so großen Truppe mitbringe.“
Nun freuen sich Krehan und Eilers, dass die Mitglieder am Wochenende seit 2019 das erste Mal wieder zum Feuerwehrfest einladen können. „Während der Coronazeit war es zunächst wichtig, ab einem gewissen Zeitpunkt, den Übungsbetrieb wieder aufzunehmen“, erinnert Krehan. Jetzt kann man sich und den Gästen wieder ein Fest gönnen.

Am Wochenende wird es rund ums Feuerwehrhaus sicher wieder voll. Foto: Niklas Eilers
Festprogramm Das Feuerwehrfest beginnt am Samstag, 17. Juni, um 15 Uhr im und rund ums Feuerwehrhaus, Fritz-Schweizer-Straße in Murrhardt. Abends legt ein DJ auf. Am Sonntag, 18. Juni, fällt der Startschuss um 10.30 Uhr, gegen 11 Uhr spielt die Murrhardter Stadtkapelle auf. Um 13.30 Uhr zeigen die Löschkids eine Schauübung und ab 14 Uhr werden für Kinder Rundfahrten im Feuerwehrauto angeboten. Außerdem hat sich die Truppe um eine Hüpfburg und Wasserspiele gekümmert. An beiden Tagen ist bestens für das leibliche Wohl gesorgt. Zudem informiert die Feuerwehr über ihre Arbeit, Interessierte können sich spontanen Rundgängen anschließen, Fragen loswerden und die Technik erkunden sowie erläutert bekommen.