Krieg, Handel und kultureller Austausch

Historiker Ortwin Köhler zeichnet in Vortrag an der Murrhardter Volkshochschule die frühe historische Entwicklung Europas nach

Von Petra Neumann

MURRHARDT. Ein geeintes Europa ist keine Erfindung der Neuzeit, sondern eingebettet in einen langen geschichtlichen Prozess. Immer wieder gab es größere territoriale Einheiten, die sich allerdings im Laufe der Zeit wieder auflösten. Der Historiker Ortwin Köhler zeigte im Zimmertheater der Volkshochschule Murrhardt in seinem Vortrag „Europa – Wer wir waren, wer wir sind“ diese historische Entwicklung auf.

Die Ursprünge eines modernen, gemeinsamen Europas gehen auf die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zurück. „Allerdings gab es schon in der Bronzezeit, zwischen 2000 und 800 vor Christus, im unwegsamen Gelände Handelsstraßen“, wusste der Referent zu berichten. Zudem habe es einen kulturellen Austausch gegeben, teils durch die Folge kriegerischer Auseinandersetzungen, teils auch über Geschenke.

Die antiken Griechen (ab dem 8. Jahrhundert vor Christus) verstanden sich als die Kulturbringer in Europa und gründeten in ihrer Blütezeit dort Kolonien, besonders im Raum Siziliens und Süditalien. So erfolgte nicht nur ein Austausch von Waren, sondern auch in kultureller Hinsicht. „In ihrem noch mythisch geprägten Geschichtsverständnis schufen sie den Mythos von Europa einer im heutigen Sinne libanesischen Königstocher, die von Zeus nach Kreta entführt wird. Auch die zwölf Heldentaten des Herakles wurden je nach Bedarf an anderen Orten angesiedelt, so galt er auch als der Gründer der keltischen Städte“, verriet Ortwin Köhler. In früheren Zeiten sei die Bildung eines Mythos ein Mittel zur politischen Legitimation gewesen.

Die Kelten wiederum waren große Händler, die neben Salz und Waffen Bernstein von der Ostsee in den Mittelmeerraum lieferten und von dort Luxusgüter wie Glas oder Möbel in hiesige Gefilde brachten. Wenn man allerdings Handel betreiben will, muss man sich auch gut mit den Partnern stellen. Die Kelten nahmen ein großes Territorium wie Asturien (Spanien), Gallien (Frankreich) ein und kamen bis nach Byzanz (Istanbul) und noch weiter. Ihre geistigen und juristischen Lenker waren die Druiden, die auch ihre Kollegen anderer Stämme kannten. Im eigentlichen Sinne waren die Kelten kein homogenes Volk, doch besaßen sie eine gemeinsame Kultur, die auf der Feudalherrschaft beruhte, erläuterte Köhler weiter.

Das größte Reich der Antike jedoch erkämpften sich die Römer (ab dem 3. Jahrhundert vor Christus): Eroberungen über das römische Festland hinaus bis 480 nach Christus mit dem Untergang des Weströmischen Reiches, dessen Ausmaße um 160 nach Christus am gigantischsten waren und neben Europa das nordafrikanische Küstengebiet und Vorderasien umfassten. „Pax Romana“ hieß ihre Legitimation, um ihre Kultur und ihr Rechtsverständnis in ihren Provinzen zu festigen. „Sie führten eine einheitliche Sprache, Latein, ein gut ausgebautes Straßennetz für die Versorgung, Städtebauten und hygienische Anlagen sowie das römische Recht ein“, erläuterte der Redner.

Im Gegensatz zu den eher sesshaften Kelten, waren die germanischen Stämme Halbnomaden. Im frühen Mittelalter fanden sich Kriegerbünde zusammen, die eine Leistungsgesellschaft im kriegerischen Sinne bildeten. Im württembergischen Südwesten kamen die Alamannen auf, deren Könige später von den Franken unterworfen wurden. Das Fränkische Reich, besonders unter Karl dem Großen, galt lange Zeit als Gründung Europas, zumal dieser Kaiser das Christentum durchaus als politisches Instrument einführte. Da der Regent nicht überall präsent sein konnte, wurden Statthalter eingeführt, die Verwaltungsaufgaben innehatten. So entstand das in kleine territoriale Mächte zerstückelte Heilige Römische Reich Deutscher Nation und somit die zweite feudale Herrschaft.

Ortwin Köhler zeigte eines ganz deutlich auf: Europa im politischen Sinne war ein Gebilde, das stets in Bewegung war. Völkerströme, auch aus dem asiatischen Raum, zogen hin und her, sodass nicht nur kulturelle Einflüsse einströmten, sondern auch die Genpools vermischten.

Krieg, Handel und kultureller Austausch

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Erstellt:
20. April 2019, 06:00 Uhr

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