Kuchenbackende Knethelden im Wunderland
Medienprojekt „Animation Code“: Sechstklässler gestalten kleine Computerspiele am Murrhardter Heinrich-von-Zügel-Gymnasium

Charlotte Schaper und Cassandra Sipala (von links) sind dabei, ihre Knetfiguren mithilfe des Programms zu animieren. Foto: E. Klaper
Von Elisabeth Klaper
MURRHARDT. Spielerisch und kreativ lernen Kinder und Jugendliche am leichtesten. Das gilt auch für die Nutzung moderner Medien, die nun eine wichtige Rolle im Lehrplan spielt. Einen pädagogisch wertvollen Beitrag zur Medienkompetenz leistet das 2018 konzipierte Projekt „Animation Code“ der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (LKJ). Es verbindet Grundlagen des Programmierens mit künstlerisch-kreativem Gestalten und lief nun als viertägiger Workshop am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium, dessen Ziel es ist, die Medienbildung der Schüler zu fördern. Dabei kreierten und programmierten Sechstklässler unter Regie der Medienpädagogen Julian Ehehalt und Karim Malhas kleine Computerspiele. „Die Initiative dazu kam von Mathe- und Sportlehrerin Stefanie Rudnick, die sich stark dafür engagiert hat“, berichtet stellvertretender Schulleiter Ernst Morlock.
„Jugendliche sollen sich mit modernen Medien auseinandersetzen, wozu auch Programmieren und Codieren gehören. Indem sie kreativ mit diesen Medien umgehen und über sie lernen, verstehen sie, wie diese funktionieren“, erläutert Julian Ehehalt die Zielsetzung des Projekts. Die Mädchen und Jungen der Klasse 6a arbeiteten jeweils vier Schulstunden pro Tag mit der Programmiersprache Scratch, die am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt wurde und bereits auf Schulrechnern installiert ist. Sie basiert auf einer fast rein grafisch gehaltenen Oberfläche, wobei Farben verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten und Werkzeuge bezeichnen. Zudem gibt’s einen großen Fundus an Beispielprojekten, Spielfiguren, Grafiken und Sounds. So ermögliche Scratch einen niederschwelligen Einstieg, um Kinder und Jugendliche an Animationen, Programmieren und Codieren heranzuführen. „Damit können sie in einem weitgehend selbstständigen Schaffensprozess mit vielen Freiheiten ihre Ideen kreativ umsetzen“, verdeutlicht der Medienpädagoge. Zudem lassen sich mit Scratch erstellte Animationen in allen Schulfächern sowie für viele weitere Zwecke nutzen und anwenden.
Beim Workshop entwickeln die Schüler zuerst eigene Ideen und Geschichten, dann setzen sie diese grafisch um, meist im Comicstil mit Sprechblasen, Erklärungstexten und Spielanweisungen. Dabei arbeiten sie meist in Zweierteams zusammen. Die Sechstklässler sprühen vor Ideen, Fantasie und Kreativität und haben großen Spaß am kreativen Gestalten, auch wenn anfangs manches ganz neu und etwas knifflig ist. Einige zeichnen Bilder, klassisch mit Stiften oder am Computer, und übernehmen teils auch vorhandene grafische Elemente. Andere basteln mit Papier und Schere oder formen Knetfiguren. Anschließend übersetzen sie die grafischen Elemente am Computer technisch in Scratch, müssen also codieren und programmieren, damit die Bilder und Figuren sich bewegen. „Dabei finden viele kreative und soziale Prozesse statt“, hebt Julian Ehehalt hervor.
Die Jugendlichen arbeiten teils an Schul-PCs, teils an Laptops, die das LKJ-Team im Gepäck hat. Josette Hinze und Lenja Schumacher erzählen eine Geschichte mit einem Jungen, gezeichnet als Strichmännchen. „Er gerät in ein Computerspiel, darin muss er jemanden verfolgen und Hindernisse überwinden, damit er wieder in seine Welt zurückkehren kann“, erklärt Josette Hinze. „Wir haben am Computer Figuren gezeichnet und Landschaftshintergründe bearbeitet“, ergänzt Lenja Schumacher. Zudem haben die beiden am Klavier Töne und Melodien gespielt, aufgenommen und als Hintergrundmusik eingefügt.
Ebenfalls direkt am Computer haben Robert Lelumees und David Gamkhitashvili einen spannenden Thriller mit selbst gezeichneten Autos und Landschaftshintergründen animiert. „Ein Vater will seine entführte Tochter befreien. Sein Auto, mit dem er den Entführer verfolgt, ist sehr schnell, kann Hindernisse überspringen und die Farbe ändern. Wem es gelingt, die Tochter zu befreien, hat gewonnen“, erklärt Robert Lelumees.
„Wir haben kleine Knetfiguren geformt, abfotografiert, grafisch bearbeitet und als Figuren in unser Spiel integriert“, berichten Charlotte Schaper und Cassandra Sipala. „Darin suchen zwei Freundinnen in einem bunt schillernden Wunderland nach Zutaten zum Kuchenbacken, die ein Einhorn beschützt.“ Erst mit dessen Einverständnis können die Freundinnen den süßen Leckerbissen zubereiten.
„Mir hat’s viel Spaß mit euch gemacht, weil ihr viel selbstständig gearbeitet, kreativ gestaltet und Probleme zu lösen versucht habt“, sagt Julian Ehehalt. Die Schüler inspirieren und motivieren sich gegenseitig, schauen einander über die Schulter und testen, ob die programmierten Animationen und Spiele auch funktionieren. Übrigens: Der Workshop „Animation Code“ wurde ausgezeichnet beim Ideenwettbewerb Baden-Württemberg und gefördert von der PwC-Stiftung Jugend-Bildung-Kultur.