Lachanfälle und Spannung im Theater

Mit der Inszenierung des Theaterstücks „Die letzte Zigarre“ des finnisch-schwedischen Autors Bengt Ahlfors gelingt der Theatergruppe Fabula et cetera wieder ein großer Wurf. Die Premiere fand im Zimmertheater des Murrhardter Grabenschulhauses statt.

Theater im Murrhardter Grabenschulhaus: Als plötzlich eine Waffe auftaucht, wird die verzwickte Familienangelegenheit um Annelie (Antje Rohde, links) und Ragnar (Detlef Neumann) noch richtig spannend. Foto: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Theater im Murrhardter Grabenschulhaus: Als plötzlich eine Waffe auftaucht, wird die verzwickte Familienangelegenheit um Annelie (Antje Rohde, links) und Ragnar (Detlef Neumann) noch richtig spannend. Foto: Stefan Bossow

Von Petra Neumann

Murrhardt. Es sind Szenen einer langjährigen Ehe, die mitunter nüchtern, komisch, schockierend und auch wieder sehr menschlich sind. Ragnar (gespielt von Detlef Neumann) ist ein pensionierter Rektor. Frustriert über sein ereignisloses und stinknormales Leben ohne nennenswerte Abenteuer und Höhepunkte, demontiert er sich und sein Umfeld mit seinem schonungslos zynischen Blick auf sein Leben. Seine Frau Annelie (gespielt von Antje Rohde) versucht zwar alles, ihm seine Untugenden zu vergällen, aber Ragnar mag sich im Alter einfach nichts mehr verbieten lassen. Stattdessen gönnt er sich heimlich den einen oder anderen Zug aus einer Zigarre oder einem Flachmann mit hochprozentigem Inhalt.

Seine einzige Freude ist das Beobachten von Vögeln, deren scheinbare Freiheit ihn zu dem vielsagenden Satz verleitet: „Nur die zahmen Vögel verspüren die Sehnsucht – die wilden fliegen.“ Nein, geflogen ist er nie, aber die Sehnsucht, die verspürt er bis zum jetzigen Tag. Unverhofft kommt sein bester Freund Helge (gespielt von Sven Kollak) zu Besuch, wodurch sich Annelie schlagartig von einer nörgelnden Ehefrau zu einer strahlenden Gastgeberin verwandelt. Während sie den Kaffee zubereitet und sich schön macht, entspinnt sich zwischen den beiden Männern ein intensives und intimes Gespräch, das endet, als ein Anruf vom Krankenhaus Ragnar dorthin bittet.

Eine Affäre sorgt für Verwicklungen im erweiterten Freundeskreis

Nunmehr allein, fallen sich Annelie und Helge in die Arme, denn geraume Zeit, nachdem Helges Gattin gestorben war, sind beide ein Liebespaar geworden. Doch den Pfarrer und Harley-Davidson-Fan plagen schlimme Gewissensbisse, da er ja seinen besten Kumpel betrügt. Am selben Tag reist Helges Tochter Monika (gespielt von Julia Vielhaber) mit ihren Kind an, da sie überlegt, sich scheiden zu lassen und sich wieder im heimatlichen Kuhnest niederzulassen. Wie es der böse Zufall will, findet Helges Enkeltochter Claudia Spielzeug der SM-Szene in Opas Schrank, was dessen heimkehrende Tochter zutiefst verstört. Sie weiß nichts Besseres, als Annelie von diesem Vorfall zu berichten und sich deren Rat einzuholen.

Derweil kommt Ragnar sichtlich erschüttert vom Krankenhaus zurück und verkündet, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Doch Helge und Annelie sind nicht wirklich erleichtert, ganz im Gegenteil: Helge will Ragnar die Affäre mit dessen Frau beichten.

Zuschauerinnen und Zuschauer werden zu Lachanfällen verleitet

Obwohl Annelie alles tut, um Helge von diesem Vorhaben abzubringen, bricht mit dem Geständnis die Freundschaft auseinander. Schlimmer noch, in Ragnars Besitz findet sich ein gut geölter Colt, den er von seinem Vater geerbt hat. Alle vier Darsteller vermochten es, die subtilen und weniger subtilen Szenen und Dialoge mit Leben, Witz und Tragikomik zu erfüllen. Köstlich war unter anderem die Szene, in der Annelie alias Antje Rohde, die wirklich alles gegeben hat, vergeblich versucht, Helge vor dem größten Fauxpas seines Lebens zu bewahren. Auch die anderen Schauspieler: Detlef Neumann als Analytiker seines verpfuschten Lebens, Sven Kollak als simple und leutselige Pfarrerseele und Julia Vielhaber als ernüchterte Noch-Ehefrau und schockierte Tochter liefen zur Hochform auf und trugen mit viel Leidenschaft zu dem gelungen Theaterstück bei, das die Zuschauer zu Lachanfällen verleitete, aber auch Momente allergrößter Spannung aufkommen ließ.

Wer sich einen Abend mit besonderem Flair und die Auflösung der vertrackten Geschichte nicht entgehen lassen möchte, kann dies bei den weiteren Vorstellungen erleben und erfahren (siehe Infotext).

Weitere Spieltermine

Vorstellungen Weitere Aufführungen des Stücks „Die letzte Zigarre“ sind am Samstag, 4. November, Freitag, 10. November, Samstag, 11. November, Samstag, 18. November, Sonntag, 19. November, Freitag, 24. November, und Samstag, 25. November, immer um 19.30 Uhr.

Theater Die Vorstellungen finden alle im Zimmertheater des Grabenschulhauses, Obere Schulgasse 6 in Murrhardt, statt.

Karten Die Karten gibt es bei der Volkshochschule Murrhardt, Telefon 0 71 92 /93580, und beim Bücher ABC, Grabenstraße 23, Telefon 07192/8606. Der Eintritt kostet 15 Euro, ermäßigt 13 Euro.

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Erstellt:
6. November 2023, 06:00 Uhr

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