Bruch der Ampelregierung
Landespolitiker reagieren auf Ampel-Aus
Während Politiker der Ampel-Parteien im Land sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen ergehen, spricht CDU-Landeschef Manuel Hagel von einer „Erlösung“.
Von Bärbel Krauß und Annika Grah
Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen reagierten die baden-württembergischen Landesparteien auf das Ende der Ampelregierung in Berlin. Während der SPD-Fraktions- und Parteichef Andreas Stoch und der Fraktionsvorsitzende der Grünen Andreas Schwarz einhellig dem bisherigen FDP-Bundesfinanzminister Christian Lindner Verantwortungslosigkeit vorwarfen, attackierte der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke den Kanzler. Der klebe an seinem Stuhl und verhindere rasche Neuwahlen, kritisierte er.
„Bundeskanzler Scholz hat von der FDP schriftlich und ultimativ verlangt, von der Schuldenbremse Abstand zu nehmen. Dies war die Aufforderung zum Verfassungsbruch“, erklärte Rülke auf Anfrage gegenüber unserer Redaktion. Auf Lindners Vorschlag, unmittelbare Neuwahlen in die Wege zu leiten, habe Scholz mit der Entlassung des Bundesfinanzministers reagiert. „Es trägt fast schon satirische Züge, dass Herr Scholz anschließend selbst Neuwahlen vorgeschlagen hat. Nur eben viel später, da er offensichtlich an seinem Stuhl klebt.“ Rülke forderte Scholz auf, den Weg zu Neuwahlen „rasch frei zu machen, damit das Land wieder einen Kanzler bekommen kann, der seiner Aufgabe auch gewachsen ist.“ Ähnlich äußerte sich FDP-Generalsekretärin Judith Skudelny, die voraussichtlich die Liberalen im Südwesten in den Bundestagswahlkampf führen wird, sagte. „Wir brauchen eine Wirtschaftswende. Was wir bekommen haben ist das Angebot für neue Schulden.“ Auch Skudelny sprach sich dafür aus, schnell Handlungsfähigkeit herzustellen. „Wir brauchen in Deutschland eine Richtungsentscheidung.“
Schwarz: Lindner habe sich aus dem Staub gemacht
Dagegen kritisierte Andreas Schwarz, dass der bisherige Ampelpartner und Finanzminister Christian Lindner „sich aus dem Staub gemacht hat“ mit seiner unverantwortlichen Weigerung, eine moderate Reform der Schuldenbremse mitzutragen. Die Finanzfragen seien offenbar der „Casus knacksus“ gewesen, an dem die Ampel letztlich zerbrochen sei. „Alle führenden Ökonomen halten sanfte Nachjustierungen für nötig. Das hat Lindner verweigert“. Deshalb habe Bundeskanzler Olaf Scholz Lindner entlassen müssen. Schwarz sicherte zu, dass die grünen Minister jedenfalls Regierungsaufgaben weiter wahrnehmen werden und forderte die Union zur Zusammenarbeit mit der rot-grünen Minderheitsregierung auf. „Alle verantwortlichen Kräfte müssen sich jetzt unterhaken“, sagte Schwarz. „Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger brauchen jetzt Planungssicherheit.“
Schwarz lies erkennen, dass Grün-Schwarz in Baden-Württemberg handlungsfähig sei, auch wenn in Berlin kein Bundeshaushalt beschlossen werde. „Wir wissen dann zwar nicht, welche Bundeszuweisungen wir zum Beispiel für die Finanzierung der Flüchtlingskosten bekommen werden“, sagte Schwarz. „Allerdings gibt es dann auch kein Jahressteuergesetz und wir müssen die von der Ampel geplanten Steuerentlastungen nicht finanzieren.“
Scholz bleibt dabei – Vertrauensfrage Anfang 2025
Der SPD-Vorsitzende Andreas Stoch bekräftigte die Kritik des Kanzlers am bisherigen Finanzminister. Dass der Neuwahlvorschlag Lindners unmittelbar den Weg in die Presse gefunden werde, spricht aus seiner Sicht Bände. „Dass der Kanzler Lindner entlassen hat, war die einzig richtige Reaktion.“ Dass Verkehrsminister Volker Wissing inzwischen die FDP verlassen hat, werfe ein Schlaglicht auf die Verantwortungslosigkeit des bisherigen Finanzministers und FDP-Vorsitzenden. Auch Stoch forderte die demokratischen Kräfte in dieser Krise zur „Zusammenarbeit über Oppositions- und Koalitionsgrenzen hinweg“ auf. „Jetzt muss unser Land sicher durch diese Krise geführt werden.“ Die Forderung nach schnelleren Neuwahlen als Scholz sie am Vorabend vorgeschlagen hat, tat der Vorsitzende der Südwest-SPD als „Theaterdonner“ ab. Zwar sei seine Partei schon relativ weit bei der Aufstellung der Landeslisten für die Bundeswahl gekommen, er hält es aber nicht für machbar, die organisatorischen Voraussetzungen für Neuwahlen schon im Januar zu schaffen.
CDU-Landeschef spricht von Erlösung
Baden-Württembergs CDU-Landeschef Manuel Hagel indessen begrüßte das Ende der Ampel-Koalition in Berlin. „Für die Menschen in Baden-Württemberg kommt das Aus der Ampel einer Erlösung gleich“, sagte Hagel noch am Mittwochabend. Die Christdemokraten stünden bereit, um dem Land zu dienen, sagte Hagel. „Wir haben die richtigen Ideen und Konzepte, um künftige Regierungen anzuführen.“
Deutschland brauche Halt, Orientierung und Führung. Er sieht die Verantwortung für das Scheitern der Bundesregierung bei allen Ampel-Partnern. SPD, Grüne und FDP hätten das gleichermaßen zu verantworten. Jeder Einzelne werde „als Teil dieser schlechtesten Bundesregierung aller Zeiten einen negativen Platz in den Geschichtsbüchern haben.“ Die grün-schwarze Koalition, deren Teil Hagel im Land ist, rühmt sich häufig damit, möglichst geräuschlos zu regieren, was nicht immer gelingt.
Der Bruch der ersten Koalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene war am Mittwochabend nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik erfolgt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte in den Verhandlungen unter anderem ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse gefordert. Nach dem Zerwürfnis wurde Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen.