Lebendiges Miteinander soll entstehen

Land fördert Quartiersprojekt mit 57688 Euro – Kooperation zwischen Rems-Murr-Kreis, der Stadt und der Volkshochschule

Wie sieht ein ideales Quartier aus, in dem Alt und Jung, Pflegebedürftige und Gesunde, Migranten und Einheimische gut miteinander leben? Aus der Quartiersentwicklung des Ministeriums für Soziales und Integration ist eine regelrechte Bürgerbewegung entstanden. Rund drei Millionen Euro gibt das Land nun für Projekte aus dem „Sonderprogramm Quartier“ aus, für das sich Kommunen und Landkreise mit vielen Ideen beworben haben. Auch Murrhardt bekommt einen beachtlichen Zuschuss.

Von Yvonne Weirauch

MURRHARDT. „Gemeinsam Lust am Leben – Generationenübergreifende Aktivitäten gemeinsam gestalten“ – so lautet der Projektname, mit dem sich die Stadt Murrhardt beworben hat. Es soll demnach ein lebendiges Miteinander entstehen, in das ältere Menschen, auch mit kognitiven Einschränkungen, aktiv einbezogen sind und in dem sie am gesellschaftlichen Leben aktiv teilhaben können. Für dieses generationsübergreifende Quartierprojekt hat der Rems-Murr-Kreis nun, in Kooperation mit der Stadt und der Volkshochschule Murrhardt, eine Förderzusage im Rahmen der Strategie „Quartier 2020 – Gemeinsam. Gestalten.“ der Landesregierung erhalten. Mit knapp 58000 Euro wird das Projekt zunächst für die Dauer von einem Jahr durch das Land gefördert.

Das Projekt wird getragen von drei Akteuren: Der Rems-Murr-Kreis als Antragsteller, Ideengeber und Supervisor. Konkret bringen Thomas Herrmann und Monika Amann, die Demenzfachberater des Landkreises, ihre Expertise in den Bereichen Altenhilfeplanung und Demenzfachberatung in das Projekt ein. Seit über einem Jahrzehnt ist der Landkreis im Bereich Demenzfachberatung aktiv, ein Thema, das in unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Die Stadt Murrhardt wirkt mit ihrer aktiven Bürgerschaft als Infrastrukturgeber, Ansprechpartner für die Entwicklung und Umsetzung, zur Herstellung von Kontakten und Beziehungen zu Initiativen, Vereinen und Einrichtungen. Die Volkshochschule Murrhardt dient als zivilgesellschaftlicher Akteur zur Entwicklung und Umsetzung der einzelnen Ziele. „Aus früheren Projekten haben wir gelernt, dass wir das Thema Demenz noch stärker bei den Bürgern verankern möchten. Dazu bietet sich der Gedanke der Quartiersentwicklung wunderbar an. Hierzu möchten wir auch noch stärker Multiplikatoren aus der Stadtgesellschaft mit ins Boot holen“, sagt Birgit Wolf, Leiterin der Koordinationsstelle Bürgerschaftliches Engagement und der Volkshochschule Murrhardt.

Ziel des Projekts sei es, alle Menschen zusammenzubringen: Ältere Menschen mit Beeinträchtigung, Unterstützungs- und Pflegebedarf sind oftmals im Bild und im Leben einer Stadt, einer Gemeinde oder eines Quartiers nicht mehr präsent – zumindest nicht als aktive Gesellschaftsmitglieder. In vielen Fällen ziehen sie sich aus Scham oder aus anderen Gründen in ihre vier Wände zurück oder sie leben in Pflegeeinrichtungen, in denen sie ebenfalls dem Blick der Öffentlichkeit entzogen sind.

Bisherige Aktivitäten können nicht beibehalten werden, weil diese auf gesunde und leistungsfähige Personen ausgerichtet sind und „schwächere“ Gesellschaftsmitglieder nicht berücksichtigen. Das Projekt strebt daher eine Öffnung von bestehenden Angeboten, zum Beispiel in den Bereichen Sport und Kultur, an, aber auch die Schaffung neuer inklusiver Angebote sowie von Begegnungsräumen zwischen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. „Schwächere“ Gesellschaftsmitglieder treten aus der Anonymität heraus und werden in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Das ermöglicht einen gesellschaftlichen Lernprozess im Quartier. Berührungsängste können abgebaut, Stereotypen und Negativbilder – vom Alter oder von Personen mit demenzieller Veränderung – können korrigiert werden.

„Miteinander Leben gestalten ist eine generationsübergreifende Aufgabe, um die wir uns als Landkreis auf vielfältige Weise kümmern, denn dieses Thema wird weiter an Bedeutung gewinnen“, sagt Landrat Richard Sigel. „Die Förderung des Projekts ist für mich daher auch eine Würdigung dieses Engagements, insbesondere der hervorragenden Arbeit unserer Demenzfachberatung. Es freut mich, dass wir gemeinsam mit der Stadt Murrhardt, der Volkshochschule und der Bürgerschaft noch mehr Menschen erreichen“, so der Landrat weiter. „Von dem Pilotprojekt erhoffen wir uns zudem Erkenntnisse für andere Projekte des Landkreises. Denn gerade im Zuge unseres Investitionsprogramms für mehr bezahlbaren Wohnraum hat das Thema Quartiersentwicklung einen hohen Stellenwert für uns. Dies wird sich übrigens auch im Aufsichtsrat der Kreisbaugruppe widerspiegeln, dem nach dem Vorschlag der Verwaltung zukünftig auch ein Vertreter der freien Träger angehören soll.“

Projektstart ist bereits im Dezember 2019. Die Bürger sind von Beginn an in den Planungsprozess einbezogen und gestalten die Aktivitäten und Maßnahmen aktiv mit. Das Vorhaben „Gemeinsam Lust am Leben“ startet mit einer Einladung zu einer Kick-off-Planungswerkstatt. Hier werden Bürger, Mitglieder und Vertreter von Vereinen und anderen gesellschaftlichen Akteuren (beispielsweise Volkshochschule Murrhardt, Musikschule, Murrhardter Stiftungen, Carl-Schweizer-Museum, Bücherei, Städtische Galerie, Kreisjugendring), Vertreter der Kommunalpolitik sowie Vertreter von sozialen Diensten eingeladen, sich gemeinsam Gedanken zu machen, wie es gelingen kann, sich generationenübergreifend, zivilgesellschaftlich und aktiv den „schwächeren“ Gesellschaftsmitglieder zuzuwenden.

Auch Schorndorf erhält

Fördersumme

Neben anderen Landkreisen und Orten wird auch noch die Stadt Schorndorf begünstigt. Sie hatte sich mit dem Projekttitel „Leben im Mühlenviertel – ein generationenübergreifendes Modellquartier für Schorndorf“ beworben. Auf ein Generationenbüro mit einer Begegnungsstätte soll hingearbeitet werden.

Synergien vor Ort werden genutzt, bürgerschaftliches Engagement verzahnt und durch die Quartiersmanagerin unterstützt. Das Land steuert für dieses Projekt eine Summe in Höhe von 30000 Euro zu.

Lebendiges Miteinander soll entstehen
Info
Die Landesstrategie

Das „Sonderprogramm Quartier“ ist ebenso wie das Förderprogramm „Quar-tiersimpulse“ Teil der Strategie „Quartier 2020 – Gemeinsam.Gestalten.“, mit der das Ministerium für Soziales und Integration Kommunen bei der Entwicklung alters- und generationengerechter Quartiere unterstützt. Alle Informationen zur Strategie „Quartier 2020 – Gemeinsam. Gestalten.“ und zum Förderprogramm „Quartiersimpulse“gibt es im Internet unter www.quartier2020-bw.de.

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Erstellt:
31. Juli 2019, 06:00 Uhr

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