Altersvorsorge
Lebensversicherungen lohnen in der Regel nicht
Lebensversicherungen gehören zu den beliebtesten Mitteln zur Absicherung im Alter in Deutschland. Doch hohen Kosten stehen relativ geringe Erträge gegenüber.
Von Gerhard Bläske
Generationen von Deutschen haben über Jahrzehnte Geld in Lebensversicherungen eingezahlt. Und noch immer ist die Lebensversicherung ein Standardprodukt der privaten Altersvorsorge. Je nach Art der Versicherung erhalten die Versicherungsnehmer im Ruhestand entweder eine einmalige Auszahlung oder eine monatliche Rentenzahlung. Doch die Renditen sind niedrig.
Bei der Frage, ob sich eine Lebensversicherung lohnt, muss zunächst einmal differenziert werden. Im Wesentlichen gibt es zwei Formen der Lebensversicherung: Die Risikolebensversicherung und die kapitalgebundene Lebensversicherung.
Kapitalbildende Lebensversicherungen als Absicherung im Alter
Eine Risikolebensversicherung ist nach Ansicht von Experten sinnvoll. Sie schützt Hinterbliebene beziehungsweise den Versicherungsnehmer im Todes- oder Invaliditätsfall (Berufsunfähigkeitsversicherung) vor Risiken und verschafft ihnen ein finanzielles Polster. Ausgezahlt wird dann ein vorher vereinbarter Betrag. Die monatlichen Beiträge sind überschaubar. Angebote können auf Online-Portalen geprüft werden, die aber Vermittlungsportale sind. Auch ein Blick auf Finanztest kann beim Vergleich sinnvoll sein.
Kapitalbildende Lebensversicherungen dienen in der Regel der Absicherung im Alter. Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, rät davon „generell“ ab – und zwar in allen Varianten. Und Martin Klotz, Experte für Altersvorsorge beim Geldratgeber Finanztip, sagt: „In der Mehrzahl der Fälle sind Lebensversicherungen wegen der hohen Kosten und niedrigen Zinsen nicht geeignet für die Altersversorgung. Das gilt vor allem für jüngere und mittlere Altersgruppen.“
Bafin kritisiert hohe Kosten und hohe Stornoquoten
„Bei einem Garantiezins von 0,25 Prozent habe ich unter Berücksichtigung aller Kosten keinen Ertrag und verliere real sogar Vermögen“, sagt Nauhauser. Zwar hat der Gesetzgeber den Garantiezins per 1. Januar auf ein Prozent angehoben. Doch auch das ist im Vergleich zu anderen Anlagen mickrig. Hohen Kosten etwa in Form von Abschluss-, Verwaltungs- oder eventuellen Stornokosten stehen oft nur geringe Überschüsse gegenüber. Laut der Rating-Agentur Assekurata, die 30 Lebensversicherungen unter die Lupe genommen hat, verbleibt etwa bei klassischen Rentenversicherungen nach Abzug der Kosten im Durchschnitt gerade mal eine jährliche Rendite von 0,14 Prozent.
Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat den Vertrieb von Lebens- und Rentenversicherungen untersucht. Sie kritisiert hohe Kosten und hohe Stornoquoten. Einige Produkte seien so konstruiert, dass die Mehrheit der Versicherten mit ihnen Verluste mache. Kritisch sieht sie die Provisionszahlungen der Fondsgesellschaften an die Vermittler von fondsgebundenen Versicherungen. Vermittler könnten gezielt solche Fonds empfehlen, für die sie neben der Provision vom Versicherer auch Provisionen von der Fondsgesellschaft erhalten.
Zum Teil teure und unrentable Anlagestrategien
Schon übliche Gebühren von 1,7 Prozent pro Jahr kosten den Sparer laut Nauhauser langfristig die Hälfte seiner Rendite. Die Produkte seien zudem unflexibel. Auch als Verwalter des ihnen anvertrauten Vermögens machten die Anbieter von fondsgebundenen Rentenversicherungen und Indexpolicen keine gute Figur. Statt das Geld ihrer Kunden nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gewinnbringend und breit gestreut anzulegen, verfolgen sie Nauhauser zufolge zum Teil teure und unrentable Anlagestrategien.
Klotz macht ein paar Einschränkungen. „Für Selbstständige kann eine staatlich geförderte Rürup-Rentenversicherung attraktiv sein. Auch Netto-Policen, die bei Honorarberatern abgeschlossen werden, können interessant sein.“ Wer Lebensversicherungen aus der Zeit vor 2005 hat, sollte sie nach Ansicht von Klotz in der Regel behalten, „denn die Gewinne aus diesen Verträgen sind steuerfrei und die Verzinsung ist meist noch attraktiv.“
Lebensversicherungen sind relativ intransparent
Versicherer werben auch mit Steuervorteilen. „Doch das rechnet sich nicht“, meint Nauhauser. „Ein Steuervorteil ergäbe sich nur, wenn man eine lebenslange Rente bezieht, die nur mit dem Ertragsanteil versteuert wird. Das ist aber eine Wette auf ein langes Leben. Es lohnt sich nur, wenn man ein Lebensalter von 94 bis 99 Jahren erreicht. Aber wer weiß das?“, fragt sich der Verbraucherschützer. Zwar bestehe die Chance auf Überschüsse. Doch dafür gebe es keine Garantie.
Bei Neuverträgen muss nach dem Halbeinkünfteverfahren nur die Hälfte des Ertragsanteils versteuert werden, aber mit dem Einkommensteuersatz. Lebensversicherungen sind laut Nauhauser außerdem relativ intransparent. So ist etwa der Sparanteil der Versicherung nicht auf der alljährlich versandten Standmitteilung zu sehen.
Steuerfreie Umschichtungen sind möglich
Wer schon eine Lebensversicherung hat, kann diese auch kündigen. Doch dann sollte man sich überlegen wie man das Geld daraus alternativ anlegt, um mindestens auf die gleiche Ablaufleistung zu kommen. Das kann man selbst ausrechnen. Es ist aber nicht ganz einfach. Es braucht dazu den Rückkaufswert, den Beitrag und die gesamte Ablaufleistung. Hilfreich sind Vergleichsrechner im Internet. Man kann sich – gegen eine Gebühr – von den Verbraucherverbänden beraten lassen. Hilfreich sind auch der Finanzrechner von www.zinsen-berechnen.de oder der Rechner von Stiftung Warentest.
Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen gibt es die „Möglichkeit, eines steuerfreien Umschichtens im Vertrag auf andere Fonds. Dann empfiehlt sich ein Umschichten in ETF-Aktienfonds, die im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds deutlich kostengünstiger erworben werden können“, meint Klotz.
Die Verträge vieler Vertreter der geburtenstarken Jahrgänge werden jetzt fällig. „Hier sollte man sorgfältig prüfen, ob sich eine regelmäßige Rentenzahlung oder eine Auszahlung des Gesamtbetrags anbietet. Bei staatlich geförderten Verträgen gibt es da Einschränkungen“, sagt Klotz. „Bei Riester kann man 30 Prozent des Kapitals zum Ruhestandsbeginn entnehmen. Der Rest des Kapitals wird dann verrentet.“
Lange Tradition
TraditionLebensversicherung zur Absicherung gegen Risiken oder zur Altersvorsorge haben eine lange Tradition. Schon im alten Rom gab es Vorläufer davon. In Deutschland wurde die erste Lebensversicherung 1827 angeboten.
Gegenwart Heute gibt es hierzulande etwa 83 Millionen Lebensversicherungsverträge mit Beitragseinnahmen von 92 Milliarden Euro.