Lotte Hofmanns Werken auf der Spur
Textildesignerin Nanna Aspholm-Flik zeigt die Bedeutung der Textilkunsthandwerkerin im Vortrag an der Volkshochschule Murrhardt auf. Damit deren Erbe nicht in Vergessenheit gerät, lädt sie Zeitzeugen ein, ihre Forschungen zu unterstützen.
Von Elisabeth Klaper
Murrhardt. Der Vortrag an der Volkshochschule Murrhardt über die Textilkünstlerin und Stickmeisterin Loho alias Lotte Hofmann (1907 bis 1981) ist ein Publikumsmagnet: Viele Interessierte und Zeitzeugen kommen ins Zimmertheater des Grabenschulhauses. Ihr Neffe Walter Hofmann hat ein zauberhaftes Blumenmuster in zarten Pastelltönen aus den 1970er-Jahren im Gepäck. Loho sei für sie ein faszinierendes Vorbild und Forschungsthema; ihr Erbe „darf nicht in Vergessenheit geraten“, betont Textildesignerin Nanna Aspholm-Flik.
Zum Start zeigt die Referentin einen historischen Schwarz-Weiß-Kurzfilm über Lotte Hofmann in ihrer Werkstatt in Hausen an der Rot. „(Maschinen-)Stickerei ist ein Spiel mit dem Faden: Stoff und Faden wachsen zu einer neuen Oberfläche zusammen“, sagte sie. Die Stickereien wirken wie Malereien oder Zeichnungen: Die künstlerischen Mittel seien unerschöpflich, Hofmann nutze alles, was der Verwirklichung ihrer Ideen dient. Die Werkstatt erhielt Aufträge für Gebrauchstextilien verschiedenster Art und künstlerische Arbeiten für öffentliche Gebäude wie Schmuckvorhänge. Loho sah sich ganz bewusst als Kunsthandwerkerin, nicht als Künstlerin. Sie und ihr Team gestalteten nützliche Objekte, die mit künstlerischem Geist erfüllt sind, und fantasievolle Textilkunstwerke.
Auf Lotte Hofmann aufmerksam wurde Nanna Aspholm-Flik im Zuge ihres Textildesignstudiums an der Kunstakademie in Stuttgart und Textilrestaurierungspraktikums im Modemuseum des Landesmuseums Württemberg im Schloss Ludwigsburg. Ihre Recherchen unterstützte Heide Nonnenmacher, Vorsitzende des Bundes der Kunsthandwerker Baden-Württemberg, und durch einen Zeitungsartikel erfuhr sie von Lohos Bühnenvorhang in der Stuttgarter Liederhalle.
Textilkunstpreis wird weitergeführt
Als 2023 die finanziellen Mittel zur Fortführung der Lotte-Hofmann-Gedächtnis-Stiftung fehlten, trafen sich Kulturinteressierte und Sabine Wilp, Präsidentin des Bundesverbandes Kunsthandwerk, in Aspholm-Fliks Atelierwerkstatt. Sie entschieden, den Lotte-Hofmann-Textilpreis zu erhalten, ehrenamtliche Kräfte zu bündeln sowie neue Ideen und Visionen auszuarbeiten. Dazu gelte es, die Bedeutung und Internationalität der Kunsthandwerkerin und Künstlerin herauszuarbeiten, zudem ihre innovativen Textiltechniken des Oberflächendesigns zu erforschen und zu vermitteln sowie mit Bildungsträgern zu kooperieren, vor allem mit Museen mit Exponaten von Lotte Hofmann, betont die Referentin. Als Beiratsmitglied stieß sie eine Neuorientierung der Stiftung an, die nun Lotte-Hofmann-Stiftung für Textilkunst heißt, und gründete das Unterstützerteam Loho Friends. Die Vergabe des Lotte-Hofmann-Textilkunstpreises erfolgt ab 2026 in dreijährigem Turnus. Geplant ist, die ausgezeichneten Textilkunstwerke im Herbst 2026 in der Galerie im Prediger in Schwäbisch Gmünd auszustellen, vis-à-vis dazu Werke von Lotte Hofmann.
Als Reaktion auf den Artikel in unserer Zeitung meldeten sich mehrere Personen aus der Region, die Textilien aus der Loho-Werkstatt besitzen. Darunter ein Wandbehang mit Blumenmuster – der gefiel sogar Willy Brandt, von 1969 bis 1975 Bundeskanzler.
Kindheit und Jugend 1907 in Karlsruhe geboren, interessierte sich Lotte Hofmann seit der Kindheit für Textilien und kreatives Gestalten. 1921 zog die Familie nach Stuttgart. Da ihre Mutter früh starb, besuchte sie ein Internat in Korntal. Die Sommerferien verbrachte sie bei Verwandten in Mönchhof bei Kaisersbach: „Lottes Vater und der Vater meiner Schwiegermutter waren Brüder“, erzählt Zeitzeugin Annemarie Soehnle.
Ausbildung Ab 1924 machte Hofmann eine Ausbildung zur Gewerbeoberlehrerin für Kunsthandarbeit und Zeichnen in Hamburg, Potsdam und Berlin, absolvierte eine Schneiderlehre und studierte Pädagogik des gewerblichen Kunsthandwerks in Berlin. Sie nahm Kunstunterricht bei Hermine Urban und besuchte Kurse bei Johannes Itten und Adolf Hölzel, deren Farbenlehre ihr wichtige Impulse gab.
Im Beruf 1931 bis 1932 war sie Gewerbeoberlehrerin in Bonn, anschließend leitete sie die staatliche Stickschule in Mittelwalde. Von 1933 bis 1945 war Lotte Hofmann Gewerbeoberlehrerin für Kunsthandarbeit und Zeichnen an der Mädchengewerbeoberschule in Königsberg, wo sie 1942 die Prüfung zur Stickmeisterin ablegte.
Wirken Ihr Meisterwerk ist eine filigrane gestickte „Liebesgeschichte“ im traditionellen folkloristischen Stil auf einer kleinen Tasche. Nach der Flucht 1945 kam Lotte Hofmann zuerst nach Mönchhof, 1946 gründete sie die Loho-Werkstätte in Hausen bei Oberrot.
Preise Für ihre Textilkunstwerke bekam sie viele Auszeichnungen, so die Ehrenurkunde bei der Weltausstellung in Brüssel 1958. 1964 vertrat sie das deutsche Kunsthandwerk bei der Gründung des World Craft Councils in New York. 1978 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz am Band verliehen, 1981 starb sie in Schwäbisch Hall.
Termine Nanna Aspholm-Flik lädt Zeitzeugen ein, am 3. Mai ab 16 Uhr ins Grabenschulhaus zu kommen, um ihre Werke von Lotte Hofmann zu zeigen und von ihr zu erzählen. Am 8. September, Tag des offenen Denkmals, bietet sie um 12 und 14 Uhr Führungen zum Bühnenvorhang im Beethoven-Saal der Liederhalle an. Weitere Infos unter https://nannatextiles.de.