Mammutsaison soll durchgezogen werden

Die klare Mehrheit der Fußball-Oberligisten plädiert in einer Videokonferenz dafür, fürs Erste am bisherigen Plan festzuhalten und Alternativen erst dann in Betracht zu ziehen, wenn es die Coronapandemie erzwingen sollte. Auch die TSG Backnang sieht das so.

Auf den persönlichen Kontakt mit seinen Spielern muss TSG-Trainer Holger Ludwig derzeit verzichten, klare Vorgaben gibt’s trotzdem.Foto: A. Hornauer

© Alexander Hornauer

Auf den persönlichen Kontakt mit seinen Spielern muss TSG-Trainer Holger Ludwig derzeit verzichten, klare Vorgaben gibt’s trotzdem.Foto: A. Hornauer

Von Steffen Grün

Es war ein Abend der gemischten Gefühle. Am Mittwoch, 28. Oktober, verpassten die Etzwiesenkicker dem FSV 08 Bissingen eine ordentliche Abreibung, doch bereits vor dem 5:2-Sieg gegen den Titelanwärter hatte die Runde der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin den sogenannten „Lockdown light“ beschlossen, der nicht zuletzt den Amateursport hart traf. Auch die Oberliga würde ab Montag, 2. November, eine mindestens einmonatige Pause einlegen, so viel stand fest. Davon, dass einen Tag später der Württembergische Fußballverband (WFV) die sofortige Vollbremsung einleitete und nicht nur den Spieltag am Wochenende mit Backnangs Heimpartie gegen Neckarsulm cancelte, sondern seinen Klubs zudem den sofortigen Trainingsstopp ans Herz legte, wurde jedoch auch der TSG-Coach kalt erwischt. „Das kam recht abrupt“, sagt Holger Ludwig, ohne damit Kritik äußern zu wollen.

Wenn man so will, schickte der 38-Jährige sein Team ins Homeoffice: „Die Jungs trainieren derzeit für sich, das beschränkt sich weitgehend auf Lauftraining.“ Er gebe das Pensum immer wieder neu vor und achte darauf, „nicht nur stupides Laufen“ zu verordnen, sondern etwa auch Tempowechsel und Sprints einzustreuen. So praxisnah wie möglich sollen diese Einheiten sein, von denen in der vergangenen Woche deren drei absolviert wurden. Dass er sich einen Arbeitsnachweis über eine App liefern lässt, hat laut Holger Ludwig „wenig mit Kontrolle zu tun, aber ich möchte den Überblick behalten. Mir ist es wichtig, zu wissen, wer was in welcher Zeit gemacht hat“. Diese Woche steht unter anderem eine Einheit mit Kraft- und Stabilisationsübungen auf dem Programm, „die wir online abhalten, damit wir uns – wenn auch nur virtuell – mal wieder sehen und damit eine Art Mannschaftstraining haben“.

Wie lange die Roten und ihre Rivalen in der Oberliga noch versuchen werden, ihre Form auf diese Art und Weise zu konservieren, hängt wohl davon ab, was die Politiker bei ihrer Zwischenbilanz des aktuellen Lockdowns entscheiden. Er könne sich „beim besten Willen nicht vorstellen, dass im Dezember noch einmal gespielt wird“, gibt Marc Erdmann zu Protokoll. Im Wissen darum, dass die Verbandsverantwortlichen die Flinte für 2020 noch nicht ganz ins Korn werfen wollen, betont das TSG-Vorstandsmitglied: „Es wäre gut, eine gewisse Planungssicherheit zu bekommen.“ Sobald klar ist, dass dieses Jahr kein Spiel mehr stattfindet, könnten die Trainer ihre Teams in die Winterpause schicken. Ohnehin wäre es eine kurze Verschnaufpause, wenn diese Mammutsaison mit 21 Klubs wirklich auf dem regulären Weg mit Hin- und Rückspiel über die Bühne gehen soll. Und das bleibt das Ziel – ungeachtet dessen, dass etwa Backnang noch 28 von 40 Partien vor sich hat. „Über zwei Drittel der Vereine sprachen sich dafür aus, die Saison möglichst wie geplant durchzuziehen“, verrät WFV-Funktionär Heiner Baumeister das Ergebnis der Videokonferenz.

Auf der Seite der klaren Mehrheit standen auch die Murrtaler. „Natürlich wollen auch wir das, weil es sportlich die fairste Lösung wäre“, betont Marc Erdmann, lässt aber zugleich seine Skepsis durchblicken: „Wollen und Können sind im Leben eben manchmal zwei Paar Stiefel.“ Bedeutet: Es könnte der Moment kommen, in dem es nicht mehr anders geht, als darüber nachzudenken, was die zweitbeste Lösung ist. Über etwaige Alternativen will der WFV in der Öffentlichkeit noch nicht spekulieren. Beim virtuellen Treffen mit den Vereinsvertretern wurde neben dem sehr ambitionierten Zeitplan für die normale Beendigung der Runde aber auch schon einmal ein Modell vorgestellt, dass nach der Vorrunde eine Meister- und eine Abstiegsrunde vorsieht. Das würde die Anzahl der Spieltage doch signifikant reduzieren und Luft verschaffen für den sehr wahrscheinlichen Fall, dass coronabedingt auch 2021 immer wieder Partien verschoben werden müssen – ganz zu schweigen davon, dass sogar ein weiterer Lockdown möglich ist. Um die laufende Runde wie die Vorsaison über die Quotientenregel beenden zu können, was allenfalls das Minimalziel ist, muss mehr als die Hälfte der Vereine einer Liga mindestens 50 Prozent der Spiele bestritten haben. Im Falle der Oberliga heißt das: Mindestens 11 der 21 Klubs müssten mindestens 20 Partien hinter sich haben.

„Ich bin eher Optimist“, sagt TSG-Trainer Holger Ludwig und will die Hoffnung längst noch nicht aufgeben, dass die Coronafallzahlen in Kürze wieder deutlich sinken und am Ende tatsächlich alle 40 Begegnungen ausgetragen werden können: „Es hätte anfangs auch keiner gedacht, dass wir die ersten 13 Spieltage annähernd wie geplant durchziehen können.“

Der WFV will weiter abwarten.

Wie der Südbadische Fußballverband gestern Vormittag mitteilte, hat sein Vorstand bereits am vergangenen Freitagabend eine vorgezogene Winterpause beschlossen, um den Klubs Planungssicherheit zu verschaffen. Die Entscheidung, 2020 keine Punktspiele mehr auszutragen, gilt aber ausdrücklich nur für alle Alters- und Spielklassen von der Verbandsliga abwärts – nicht so dagegen für die Oberliga mit Teams aus Süd- und Nordbaden sowie aus Württemberg.

Das Vorpreschen der Kollegen in Freiburg „ändert an unserer Haltung nichts“, betont Heiner Baumeister vom WFV. Die Verantwortlichen in Stuttgart wollen weiterhin das nächste Treffen der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin abwarten, um danach die Entscheidung zu treffen, wie und ob es in der Oberliga und darunter weitergeht.

Zum Artikel

Erstellt:
10. November 2020, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Murrhardt Sport

SV Unterweissach nimmt die Favoritenrolle an

Der Tabellenführer will in der Fußball-Kreisliga A2 auch gegen den Nachbarn SV Allmersbach II nichts anbrennen lassen. Verfolger VfR Murrhardt steht vor einem schwierigen Auswärtsspiel.

Murrhardt Sport

SG Sonnenhof Großaspach: Ein 50-Meter-Tor als Sahnehäubchen

Mert Tasdelen setzt beim 5:0-Heimerfolg des Fußball-Oberligisten aus dem Fautenhau gegen den FC 08 Villingen II den glanzvollen Schlusspunkt. Mit dem nunmehr schon zehnten Sieg in Serie stellt Großaspach den Vereinsrekord aus der Verbandsliga-Meistersaison 2004/2005 ein.