Filmbiografie zu Donald Trump
Mann ohne Geist und Geheimnis
In dem Biopic „The Apprentice“ zeichnet Regisseur Ali Abbasi erste Karriereschritte des jungen Donald Trump nach. Der entscheidet sich bewusst für sein asoziales Verhalten, erzählt der Film.
Von Kathrin Horster
Er sei kein Gauner, beteuert Präsident Richard Nixon vor den Kameras, er habe sich alles redlich verdient. Dass Nixon aber als bisher einziger Präsident in der Geschichte der USA zurücktreten musste, weil er politische Gegner und Journalisten bespitzeln ließ, Steuern hinterzog und auf unlautere Weise Wahlspenden einwarb, ist unterm Schlagwort „Watergate-Skandal“ in die Geschichte eingegangen. Mit Nixons dreister Lüge vor der Öffentlichkeit beginnt der Filmemacher Ali Abbasi seine Filmbiografie „The Apprentice“, die den Aufstieg Donald Trumps in den Siebziger- und Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts als Immobilienmogul nachzeichnet.
Abbasis Hinweis auf den Lügner Nixon, der 1974 abdanken musste, kommt nicht von ungefähr. Die britische Wochenzeitung „The Economist“ etwa beschrieb 2019 dessen nachhaltigen Einfluss auf Boris Johnson und Donald Trump, während der Politikwissenschaftler Douglas Schoen Nixon als „geistigen Vater“ der Spaltung der US-Gesellschaft in „blaue“ und „rote Staaten“ sieht; eine Spaltung, die Donald Trump in seinen Wahlkämpfen um das Präsidentenamt noch verschärfte.
Zu Beginn von Trumps Karriere im Immobilienwesen war dessen zersetzende Durchschlagskraft dagegen kaum abzusehen, erzählt Abbasi. In den frühen 1970ern treibt er als Handlanger seines Vaters Fred (Martin Donovan) Mietschulden in dessen Wohnanlagen ein. Süffisant schildert Abbasi, wie der linkische und pummelige Donald (Sebastian Stan) die Wohnsilos abklappert und bei Geringstverdienern Klinken putzt. Das Geschäftsgebaren der Trumps war schon immer mies, enthüllt der Film, auch wenn die Perspektive auf Sohn Donald in dieser Phase fast Mitleid erregt. Wirbel macht der Jungunternehmer erstmals 1973 als Angeklagter in einem Diskriminierungsprozess: Trump fordert damals von afroamerikanischen Mietern eine um das Vierfache erhöhte Miete oder benachteiligt sie gegenüber weißen Wohnungsmitbewerbern. Um sich vor Gericht rein zu waschen, heuert er den als McCarthys Kommunistenjäger und Mafia-Anwalt berühmt gewordenen Juristen Roy Cohn (Jeremy Strong) an. Unter Cohns Fittichen entwickelt sich Donald Trump vom Faktotum seines herrischen Vaters zum skrupellosen Immobilienhai.
Der im Iran geborene und in Dänemark ausgebildete Filmemacher Ali Abbasi hat sich mit seinen vorherigen Werken als Experte für intelligentes, subversives Horror- und Thrillerkino profiliert. Zuletzt erschien dessen auf Tatsachen beruhender Sozialhorror „Holy Spider“ (2022) über den iranischen Serienmörder Saeed Hanaei, der um das Jahr 2000 sechzehn Prostituierte erdrosselte. Im Vergleich dazu wirkt „The Apprentice“ wie eine konventionelle Nacherzählung der frühen Biografie des aktuellen US-Präsidentschaftsanwärters. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich der Film aber als der Realität verpflichtete Schauermär über den faustischen Pakt zwischen Donald Trump und Roy Cohn; wobei Cohn zunächst als Teufel den Möchtegern-Entrepreneur in die Lehre nimmt und zu spät bemerkt, dass dieser ihn gnadenlos benutzt. Neben Trumps Versuchen, sich als Geschäftsmann vom Vater zu emanzipieren, würdigt Abbasi auch dessen peinliches Werben um das Model Ivana Zelničkovà (Marija Bakalowa), die Trump erst mit Blumen überschüttet, wenige Jahre nach der Hochzeit aber auf dem Wohnzimmerteppich vergewaltigt.
Am im Film zentralen Verhältnis von Trump zu Roy Cohn zeigt Abbasi die Janusköpfigkeit beider Figuren auf. Der schwule Roy Cohn verleugnet die eigene Sexualität und diskreditiert unliebsame Gegner als „Schwuchtel“. Als Cohns Lebensgefährte und er selbst an Aids erkranken, versucht er die Krankheit zu vertuschen. In der Anfangsphase ihrer Beziehung sieht der gehemmte Trump zu Cohn auf, er verliert aber zusehends den Respekt vor seinem Mentor und wendet sich schließlich von ihm ab, als dessen Aids-Erkrankung nicht mehr zu leugnen ist.
Während Roy Cohn aufgrund seiner Scham hinsichtlich seiner Sexualität und seiner virilen Aggressivität als Jurist als schillerndes Mysterium erscheint, porträtiert Abbasi Trump als Mann ohne Geist und Geheimnis, der sämtliche Beziehungen dem eigenen Macht- und Profitstreben unterordnet. Selbst die zum älteren Bruder Fred jun., der 1981 an den Folgen seiner Alkoholsucht stirbt. Trump ist in Abbasis Film kein Mensch mit positiven Ansätzen, der in Versuchung gebracht wird, Böses zu tun. Er entscheidet sich bewusst für sein asoziales Verhalten aus purer Berechnung. Warum sich Wählerinnen und Wähler immer wieder von der behaupteten Grandiosität dieses Schmalspurganoven blenden lassen, bleibt auch nach diesem Film ein Rätsel.
The Apprentice. USA, Kanada 2024. Regie: Ali Abbasi. Mit Sebastian Stan, Marija Bakalowa, Jeremy Strong. 123 Minuten. Ab 12 Jahren.
Was Trumps Team zum Film sagt