ARD-Talk Caren Miosga

Markus Söder: “Ohne mich gibt’s keine Regierung“

CSU-Chef Markus Söder lobt im ARD-Talk den SPD-Parteichef Lars Klingbeil als „ganz okay“, wiederholt sein Grünen-Bashing und findet eine Große Koalition in Ordnung.

CSU-Chef Markus Söder war bei Caren Miosga zu Gast. (Archivbild)

© dpa/Kay Nietfeld

CSU-Chef Markus Söder war bei Caren Miosga zu Gast. (Archivbild)

Von Christoph Link

Erst in gut drei Monaten finden die Neuwahlen statt, aber wie viel Stillstand kann sich Deutschland eigentlich leisten? Moderatorin Caren Miosga hatte SPD-Parteichef Lars Klingbeil sowie den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) am Sonntagabend in der ARD eingeladen, um zu sondieren, ob nicht doch noch wichtige Beschlüsse etwa zugunsten der schwächelnden Wirtschaft im Konsens der Rest-Ampel und der Union gefasst werden könnten. Eher nicht, lautete da die Antwort von Markus Söder, und vergeblich wies Klingbeil daraufhin, dass man „im Konsens der demokratischen Parteien“ doch die Netzentgelte senken und damit zu wettbewerbsfähigen Strompreise gelangen könnte, außerdem könne man Steueranreize für die Bürger sofort schaffen: „Wir von der SPD sind dazu bereit.“

Söder punktet auf Tiktok

Ob er da einschlagen könne, wollte Miosga von Söder wissen, aber der lehnte ab: „Wir sind nicht das Reserverad der Ampel. Die hat drei Jahre Zeit gehabt und hat es nicht geschafft.“ Ein bisschen „rumdoktern“ an den Symptomen genüge nicht, etwa in der Steuerpolitik, da gehe es nicht nur um die Abschaffung der Kalten Progression – die könne auch nachgeholt werden – man brauche eine grundlegende Steuerreform mit einer Entlastung von Mittelstand, Gastronomie und Landwirtschaft. Von den politischen Gräben zwischen Söder und Klingbeil wird noch die Rede sein, vorab sei aber bemerkt, dass die Meinungsdifferenzen kontrastierten zum persönlich-atmosphärischen Goodwill zwischen den beiden, ebenso wie zum Plädoyer Söders für eine künftige Koalition der Union mit der SPD. „Ich finde ihn sehr okay“, sagte Söder von Miosga befragt über Klingbeil, vor allem könne der „gut Gitarre spielen“, was er bei einem gemeinsamen Auftritt bei „Inas Nacht“ in der ARD bemerkt habe. Im übrigen werde man vielleicht in einer neuen Regierung „wieder einen Kloß zusammen drehen“. Klingbeil gab zurück, dass ihm sein Team immer die essenslastigen Tiktok-Auftritte von Söder zum Vorbild gebe und er selbst fände es gut, dass der CSU-Chef „ein bißchen Spaß“ in die Sozialen Medien bringe.

Warnung vor „Putin-Parteien“

Die augenscheinliche Harmonie passte zum erneut vorgetragenen Grünen-Bashing von Söder („Diese Partei hat ihre Regierungsunfähigkeit bewiesen“) und seinem Wunsch mit der SPD, ohne Olaf Scholz, dem „Hauptverantwortlichen“ des Scheiterns der Ampel, weiter zumachen. „Die Groko war gar nicht so schlecht“, erinnerte sich Söder, der die Gefahr bei den Neuwahlen sieht, dass zwei „Putin-Parteien mit einer direkten Kommunikation zu Moskau“ antreten, die die Demokratie destabilisieren wollten. Caren Miosga wies darauf hin, dass CDU-Chef Friedrich Merz anders als er, Söder, sich aber eine Koalitionsoption mit den Grünen offen hielt, ein Einwand, der den Ministerpräsidenten aus München wenig beeindruckte: „Ohne mich gibt’s keine Regierung.“

Attacke aufs Bürgergeld

Allerdings machte Söder deutlich, dass seiner Ansicht nach die SPD wegen des Themas Bürgergeld und Migration gerade bei den „kleinen Leuten“ an Zuspruch verloren habe. Dass Bürgergeld sei so hoch, dass es einen Anreiz schaffe, „im Zweifel nicht zu arbeiten“, es müsse daher gesenkt werden, auch müssten neue Sanktionsmechanismen greifen. Im übrigen sei es ein Fehler gewesen, die Flüchtlinge aus der Ukraine ins Bürgergeld zu holen. Ob die Union eigentlich alle Ampel-Entscheidungen „rückabwickeln“ wolle, wurde da Söder von der Journalistin Kerstin Münstermann („Rheinische Post“) gefragt, und wie eigentlich deren Plan zur Bereitstellung neuer Mittel für ein spätestens ab 2028 klaffendes 30-Milliarden-Euro-Loch für die Verteidigung aussehe. Dass dies nicht zu schaffen sei mit Einsparungen beim Bürgergeld – laut Klingbeil bringt das nur zwei bis drei Milliarden Euro, ein Aus fürs Heizungsgesetz würde laut Miosga 1,5 Milliarden bringen – ist in der Runde nicht bezweifelt worden. Nicht beantwortet blieb auch die Frage von Klingbeil an den CSU-Chef, wie denn eine Absenkung des Bürgergeldes vonstatten gehen solle, wenn das Bundesverfassungsgericht doch entschieden habe, dass dies nicht unter das Existenzminimum sinken dürfe. Klingbeil hatte in der Talkrunde im übrigen genug damit zu tun, den Weg der SPD zur Kanzlerkandidatenfindung zu erklären. Dass Olaf Scholz dafür bereits gesetzt sei, obwohl es in der Partei darüber ein „Gegrummel“ (Miosga) gebe und einige den populären Verteidigungsminister Boris Pistorius für besser geeignet halten, versuchte Klingbeil zu erklären. Der Parteivorstand habe sich „klar geäußert“, so Klingbeil, „wir wollen mit Olaf Scholz in den Wahlkampf gehen. Es gibt da kein Wackeln in der SPD“. Zunächst werde der Parteivorstand den Beschluss fassen, dann das Präsidium und dann „endgültig“ ein Parteitag spätestens am 11. Januar.

Pistorius wäre gefährlich für Merz

Auf die Frage von Münstermann, warum der SPD-Vorstand nicht sofort entscheide, ein weiteres Warten zermürbe doch auch den Kandidaten, meinte Klingbeil, wann die SPD eine Entscheidung fälle, lasse sie sich „von niemandem aufdrücken“. Der „elende Streit“ in der Ampel – offenbar provoziert von der FDP mit ihren Plänen für einen D-Day – habe auch der SPD und dem Kanzler geschadet, man sei in den Umfragen dort, wo man nicht sein sollte. „Wir müssen uns da raus arbeiten.“ Kerstin Münstermann vertrat die Ansicht, dass es einen Putsch in der SPD gegen Olaf Scholz nicht geben werde. Ein solcher „Move“ wäre für die Partei schwierig, ein Wechsel auf Boris Pistorius als Kanzlerkandidat müsste schon von Olaf Scholz selbst ausgehen. In einer eingespielten Forsa-Umfrage vom Freitag sagten 66 Prozent der Befragten, dass sie Pistorius für den besser geeigneten Kanzlerkandidaten als Scholz halten, nur 18 Prozent fanden Scholz besser. Für Friedrich Merz könnte ein Kandidat Pistorius, der ehrlich und empathisch wirkt, ein Typ, mit dem man gerne mal ein Bier trinkt, „gefährlich werden“, so die Journalistin Münstermann.

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Erstellt:
18. November 2024, 07:18 Uhr

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