Fußball
Mbappés Suche nach grünerem Gras
Die französischen Fußballfans haben den Wechsel des Weltklassestürmers von Paris nach Madrid noch nicht verkraftet. Sogar ein Ex-Staatschef empfindet Wehmut.
Von Knut Krohn
Frankreichs Fußballwelt trägt Trauer. Seit Kylian Mbappé seinem langjährigen Verein Paris Saint-Germain brüsk den Rücken gekehrt hat, befinden sich die Fans in einer Art Schockzustand. Als der Weltstar in den ersten Spielen für Real Madrid das Tor nicht traf, schien die verschmähte Liebe allmählich zu erkalten, manche französischen Fans legten sogar eine Art Schadenfreude an den Tag. Wäre er doch nur in Paris geblieben, spotteten sie. Doch seit Mbappé für seinen neuen Club regelmäßig punktet, streut er mit jedem seiner Treffer eine kleine Prise Salz in eine schwärende Wunde.
Die Leiden des Nicolas Sarkozy
Wie tief der Schmerz sitzt, zeigt die Wortmeldung eines PSG-Edelfans, der sich bei Heimspielen gerne auf der VIP-Tribüne neben den Besitzern des Pariser Clubs zeigt. Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy gab zu Protokoll, dass ihm der nicht gerade eben geräuschlose Abgang Kylian Mbappés ganz und gar nicht gefallen habe. Natürlich lobt er den Ausnahmefußballer in den höchsten Tönen. „Kylian hat dem Verein sieben Jahre gegeben, das dürfen wir nicht vergessen. Er hat uns außergewöhnliche Emotionen vermittelt“, betont Sarkozy, um dann aber nachzuschieben, dass Mbappé wohl denkt, dass „das Gras anderswo grüner ist“.
Damit trifft der Ex-Politiker den Nagel exakt auf den Kopf. Über Jahre rannte die bisweilen etwas wahllos zusammengekaufte PSG-Millionärstruppe dem ganz großen Erfolg hinterher. Doch am Ende hatte in der Champions League immer ein anderer Verein die Nase vorne. Das zermürbt selbst das größte Fußballer-Ego, weshalb Kylian Mbappé nun in der neuen Heimat versucht, den Thron für die beste Mannschaft der Welt zu erobern.
Die Mannschaft ist der wirkliche Star
Doch Nikolas Sarkozy hält angesichts dieses permanenten Scheiterns auf höchstem Niveau weitere Weisheiten bereit. „Die Ära von PSG mit vielen Stars war zweifellos notwendig, um eine internationale Marke zu schaffen“, sagt der Ex-Präsident mit einem geradezu wehmütigen Blick zurück. „Ich habe die Freude nicht vergessen, Ibrahimovic, Neymar, Messi, Beckham, Mbappé spielen zu sehen. Es war außergewöhnlich.“ Um sich dann weiter in fußballphilosophische Höhen aufzuschwingen. Es sei an der Zeit, daran zu erinnern, dass am Ende nicht die Qualität eines einzelnen Spielers den großen Erfolg ausmache, sondern das gemeinsame Spiel, die Harmonie in der Mannschaft.
Das gekränkte Ego des Ex-Präsidenten
Hinter dieser tiefen Wehmut über den Abgang des Stürmers steckt im Fall von Nicolas Sarkozy allerdings auch ein schwer gekränktes Ego. Denn nicht einmal dem erfolgsverwöhnten Staatsmann war es geglückt, Kylian Mbappé zum Bleiben zu überreden. Wie zerrüttet die Fronten zwischen Fußballer und Ex-Verein sind, offenbart sich in einem millionenschweren Rechtsstreit. Der französischen Liga-Verbandes LFP hat PSG zu einer Zahlung von 55 Millionen Euro an Mbappé verurteilt. Der Stürmer hatte diesen Betrag für noch ausstehende Gehälter und Sonderzahlungen eingefordert.
Der schwerreiche Weltklassefußballer ist auf das Geld natürlich nicht angewiesen. Für die Unterschrift bei den Königlichen in Madrid soll er 100 Millionen Euro Handgeld erhalten haben. Pro Saison seines Fünfjahresvertrags soll sich sein Salär auf 15 Millionen Euro netto belaufen. Aber wie bei allen Scheidungen, die allmählich in eine Schlammschlacht abgleiten, geht es am Ende vor allem darum, vor Gericht recht zu bekommen – koste es, was es wolle.