Italienische Staatschefin Meloni
Meloni umgarnt Musk aus Abstiegsangst
Dank ihrer engen Beziehungen zu US-Techmilliardär und Tesla-Chef Elon Musk hofft Italiens Premierministerin Giorgia Meloni Schaden von Italien fern zu halten.
Von Gerhard Bläske
Italiens Premierministerin Giorgia Meloni unterhält enge Beziehungen zu Elon Musk. Der Space-X- und Tesla-Chef sowie enge Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump weilen oft in Italien und traten sogar beim Parteifest ihrer ultrarechten Partei Fratelli d`Italia auf. Auf ausdrücklichen Wunsch der Italienerin war es Musk, der im September in New York anlässlich der Überreichung des Global Citizen Awards an Meloni die Laudatio auf sie hielt. Danach saßen die beiden so inniglich beieinander, dass Musk dementierte, sie hätten ein Techtelmechtel.
Die engen Beziehungen geben Meloni Hoffnung, Strafzölle vermeiden zu können. Rom hätte viel zu verlieren. 2023 hat Italien Waren und Dienstleistungen im Umfang von 67,3 Milliarden Euro in die USA exportiert: Platz zwei hinter Deutschland. Rom kommt auf einen Handelsüberschuss von 42 Milliarden Euro mit den USA. Italienische Unternehmen wie der Mineralölkonzern Eni, der Bremsenhersteller Brembo, der Reifenproduzent Pirelli oder der Süßwarenkonzern Ferrero (Nutella, Kinder) produzieren im kostengünstigen Mexiko und exportieren von dort in die USA. Andere führen die Waren direkt aus Italien in die USA aus. Ihnen allen drohen Strafzölle.
Amerikanische Investmentgesellschaften zählen zu den größten Investoren
Für den Rüstungskonzern Leonardo sind die USA praktisch ein zweiter Heimatmarkt. Und die Audi-Tochter Lamborghini sowie Ferrari setzen dort etwa 30 Prozent ihrer Verkäufe ab. Für den Zulieferer Brembo sind die USA der wichtigste Auslandsmarkt. Der Kaffeeproduzent Illy bezeichnet die USA als ein „Schlüsselmarkt in unserem Wachstumsplan“, sagt Illy-Ceo Cristina Scocchia. Gleiches gilt für Campari, Modehäuser wie Prada, Brunello Cucinelli, Armani oder Tod`s, Jachtenhersteller oder die Möbel-, Pharma- und Maschinenbauindustrie.
Amerikanische Investmentgesellschaften wie KKR und Blackrock zählen zu den größten Investoren in Italien. Meloni umgarnt sie demonstrativ. Erst vor wenigen Wochen traf sie sich in Rom mit Blackrock-Chef Larry Fink. Sie will ihn zu Investitionen in den Bereichen Infrastruktur und Energie bewegen. Fink kam mit dem Chef der italienischen Post, Matteo del Fante, zu Melonis Amtssitz. Blackrock könnte die Beteiligung an der Poste Italiane im Rahmen der geplanten Teilprivatisierung erhöhen und auch bei der Staatseisenbahn einsteigen. Außerdem ist der Fonds an der HVB-Mutter Unicredit mit sieben Prozent, an der Intesa Sanpaolo mit fünf Prozent und an der Mediobanca mit mehr als vier Prozent beteiligt. Ferner halten die Amerikaner mehr als fünf Prozent am Kabelhersteller Prysmian und haben Anteile an Mediaset, Stellantis, Enel und Eni.
KKR hat vor einigen Monaten für 22 Milliarden Euro 70 Prozent am früheren Festnetz von Telecom Italia erworben. Und für drei Milliarden Euro kauften die Amerikaner ein Viertel der Eni-Tochter Enilive (Tankstellen, Car Sharing). Außerdem sind sie in den Bereichen Chemie, Verpackung und anderen engagiert.
Das Technologieunternehmen Apple hat 2016 in Zusammenarbeit mit der dortigen Universität ein großes Entwicklungszentrum in Neapel eröffnet. Und Amazon will Presseberichten zufolge 1,2 Milliarden Euro für Rechenzentren in Italien investieren.
Stefano Caselli, Dekan der Mailänder SDA Bocconi School of Management, hält es für sinnvoll, „den Schwerpunkt auf die Vereinigten Staaten zu setzen, weil es der größte Markt der Welt ist“. Insofern tut Meloni gut daran, enge Beziehungen zu Musk zu unterhalten.
Musks Rivale Mark Zuckerberg ist dagegen längst engagiert
Musk selbst hat das Werben Melonis bisher weitgehend ignoriert. Zwar hat er über sein Satellitennetzwerk Starlink in drei italienischen Regionen Versuche gestartet, schnelles Internet zu installieren. Doch die Verhandlungen über die Lieferung von Satelliten im Umfang von 1,5 Milliarden Euro sind noch zu keinem Abschluss gekommen. Auch Hoffnungen Melonis auf die Produktion eines low-cost-Tesla-Modells haben sich bis dato nicht erfüllt. Musk kalkuliert hart. Er fordert die Italiener auf, mehr Kinder zu zeugen: Der (mindestens) elffache Vater gab kürzlich zu bedenken, „dass Unternehmen, die investieren sollen, danach fragen, ob es genug Arbeitskräfte gibt“.
Sein Rivale Mark Zuckerberg ist dagegen längst engagiert. Zusammen mit dem französisch-italienischen Brillenkonzern Essilor-Luxottica hat Meta eine intelligente Brille mit dem KI-Assistenten entwickelt, die zu den Wachstumstreibern des italienisch dominierten Konzerns gehört, der an der Börse mit 108 Milliarden Euro bewertet wird. CEO Francesco Milleri glaubt, dass die neuen Technologien eines Tages Smartphones ersetzen. Er will die Zusammenarbeit mit Meta ausbauen und Zuckerberg denkt über eine Kapitalbeteiligung bei Essilor-Luxottica nach.
Weltweit viertgrößter Exporteur
Italien ist vor Frankreich das zweitgrößte Industrieland der EU. Die Ausfuhren des Landes beliefen sich 2023 auf insgesamt 626 Milliarden Euro.
Damit ist Italien nach China, den USA und Deutschland, aber vor Südkorea und Japan der weltweit viertgrößte Exporteur.