Giorgia Meloni und Donald Trump

Melonis Ritt auf der Rasierklinge

US-Zölle würden Italien empfindlich treffen. Premierministerin Giorgia Meloni will ihre guten Beziehungen zum amerikanischen Präsidenten Trump nutzen, um Schlimmeres zu verhüten. Doch die Erfolgs-Chancen sind gering.

Anfang Januar 2025 war Donald Trump noch nicht als US-Präsident eingesetzt worden, aber Giorgia Meloni besuchte ihn schon in seinem Privat-Palast Mar-A-Lago.

© imago/ZUMA Press/IMAGO/Chigi Palace Press Office

Anfang Januar 2025 war Donald Trump noch nicht als US-Präsident eingesetzt worden, aber Giorgia Meloni besuchte ihn schon in seinem Privat-Palast Mar-A-Lago.

Von Gerhard Bläske

Für Giorgia Meloni sind härtere Zeiten angebrochen. Italiens Premierministerin ist zwar immer noch sehr populär. Italien ist dank der umfangreichen Hilfen des Europäischen Wiederaufbauprogramms NextGeneration, der extrem großzügigen Förderung der ökologischen Sanierung von Gebäuden sowie einem großen Touristenboom bis Mitte 2024 stärker gewachsen als andere Länder. Doch seit dem zweiten Halbjahr 2024 stagniert die Wirtschaft. Die Industrieproduktion geht seit zwei Jahren zurück und ist 2024 gegenüber 2023 um 3,5 Prozent gefallen. Und die Schulden steigen in diesem Jahr auf voraussichtlich 136 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt.

Großer Handelsüberschuss gegenüber den USA

„Das geringe Wachstum ist besorgniserregend“, findet Carlo Cottarelli, früherer IWF-Ökonom und Professor an der Katholischen Universität in Mailand.

Nun drohen auch noch Strafzölle der US-Regierung, die die sehr exportstarke Wirtschaft Italiens besonders träfen. Denn die USA sind nach Deutschland und vor Frankreich mit einem Anteil von 10,7 Prozent der Ausfuhren der zweitwichtigste Exportmarkt für italienische Waren wie Lebensmittel, Maschinen, Textilien, Luxusgüter, Möbel, Jachten oder Pharmaprodukte. Italien weist einen Handelsbilanzüberschuss von 38,9 Milliarden Euro gegenüber den Vereinigten Staaten aus. Das sind fast drei Viertel des gesamten italienischen Handelsbilanzüberschusses. Solche Defizite sind US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge. Das gilt trotz der Wertschätzungsbekundungen Trumps für Meloni auch für den Handel mit Italien.

Meloni lobt JD Vance

Meloni laviert in opportunistischer Weise, auch weil es in ihrer eigenen Partei und Koalition starke Kräfte gibt, die pro-russisch und Pro-Trump sind. Sie will eine Brückenrolle zwischen den USA und Europa spielen. Sie lobte die Rede von US-Vize-Präsident JD Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Sie meldete sich per Video auf einer Konferenz der rechts-konservativen Parteien (CPAC) in Washington zu Wort und wetterte gegen Linksliberale und „Main-Stream-Medien“. Sie betont ihr gutes Verhältnis zu dem engen Trump-Vertrauten Elon Musk.

Doch der Spagat ist ein Ritt auf der Rasierklinge. „Trump will Europa spalten und hat kein Interesse an einer Brückenrolle Italiens“, sagt Cottarelli: „Handelszölle treffen ganz Europa, auch Italien.“ Italiens Wirtschaft wird durch weitere Faktoren belastet. „Die Energiepreise in Italien und Deutschland sind viel höher sind als in anderen europäischen Ländern“, so Cottarelli.

Europa ist für Italien viel wichtiger als die USA: Ob es um die Hilfen des Programms NextGeneration, EU-Strukturprogramme oder Entgegenkommen bei der Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts geht. Voraussetzung für die Gewährung europäischer Hilfen waren Reformen, etwa des Wettbewerbsrechts, der Justiz, oder Verwaltung, aber da liefert Meloni nicht. Italien weigert sich als einziges EU-Land, die Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu unterschreiben und verhindert damit dessen Inkrafttreten. Melonis Partei Fratelli d`Italia hat gegen die Erneuerung des Mandats von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gestimmt und gehört dem EU-kritischen Parteienbündnis der „Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR) an.

Cottarelli ist skeptisch: „Ohne Reformen in der Bürokratie, der Öffentlichen Verwaltung und der Justiz wird das Wachstum nicht anziehen.“ Der Journalist Francesco De Palo sagt: „Wenn es in Italien um Verfassungsreformen geht, gehen die Konservativen auf die Barrikaden und unterminieren damit die Möglichkeit dieser Reformen. Italien braucht diese Reformen seit Jahrzehnten. Es wäre schade, wenn diese x-te Chance vertan würde.“

Doch selbst bei Vorhaben, die ihrer Rechtskoalition besonders am Herzen liegen, kommt Meloni nicht voran: Zwar wurden Steuern gesenkt, doch die geplante Flat Tax kommt wohl nicht. Gleiches gilt für die verfassungsrechtliche Stärkung der Rolle des Premierministers, mehr Autonomie für die Regionen und eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Die illegale Einwanderung ist zwar durch Abkommen reduziert worden. Doch die Justiz blockiert die teilweise Auslagerung von Verfahren nach Albanien, wo Rom für fast eine Milliarde Euro ein Lager für die Behandlung von Asylverfahren aus Ländern errichtet hat, die aus Sicht der Regierung sicher sind.

Meloni setzt auf Autokraten

Sollte die Wirtschaft durch US-Zölle weiter abgewürgt werden, könnte es für Meloni eng werden. „Mit einer Merz-Regierung in Deutschland ist der Handlungsspielraum in Europa noch kleiner: Merz ist viel weniger bereit als Merkel, eine gemeinsame europäische Verschuldung zu akzeptieren“, glaubt Cottarelli.

Meloni sucht einen Ausgleich und baut die Handelsbeziehungen zu autokratischen Regimen wie Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten aus. Statt zum G7-Gipfel zu reisen, empfing sie in Rom lieber Mohamed bin Zayed Al Nahyan, Herrscher von Abu Dhabi und Präsident der Emirate, zu einem Business Forum. Er will 40 Milliarden Dollar in Italien investieren.

Exportmacht Italien

AusfuhrenItalien war 2024 mit Ausfuhren von 623,5 Milliarden Euro nach Deutschland der weltweit viertgrößte Exporteur von Waren und Dienstleistungen.

DeutschlandWichtigster Auslandsmarkt war erneut Deutschland mit einem Anteil von 11,9 Prozent an den Ausfuhren vor den USA (10,7 Prozent) und Frankreich (10,2 Prozent). bl

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Erstellt:
4. März 2025, 15:09 Uhr

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