Geplante Steuersenkungen
Merz setzt Vertrauen aufs Spiel – schon wieder
Der kommende Kanzler Friedrich Merz stellt im Koalitionsvertrag versprochene Steuersenkungen in Frage – und gibt damit erneut Anlass, an seiner Verlässlichkeit zu zweifeln, meint Hauptstadtkorrespondent Tobias Heimbach.

© dpa/Christoph Soeder
Friedrich Merz weckt Zweifel an Steuererleichterungen, die im Koalitionsvertrag versprochen sind.
Von Tobias Heimbach
Eigentlich spricht Friedrich Merz eine Selbstverständlichkeit aus: Die im Koalitionsvertrag verabredete Senkung der Einkommenssteuer sei „nicht fix“, sagte der CDU-Chef der „Bild am Sonntag“. Union und SPD hatten versprochen, insbesondere kleine und mittlere Einkommen ab Mitte der Legislatur zu entlasten.
Selbstverständlich ist das, weil während einer Regierungszeit unvorhergesehene Dinge passieren können. Wenn sich die Wirklichkeit ändert, muss sich die Politik daran anpassen. Allein in den vergangenen zwei Wochen gab es große wirtschaftliche Turbulenzen, ausgelöst durch die Zoll-Auseinandersetzung mit den USA. Wer kann dann absehen, was in zwei Jahren ist.
Dennoch sind Merz‘ Äußerung unklug. Denn der kommende Kanzler bietet einen Anlass, an seinem Wort zu zweifeln – wieder einmal.
Zur Erinnerung: Im Wahlkampf hatte Merz den Eindruck erweckt, er sei der Bewahrer der Schuldenbremse. Nach der Wahl reformierte er eben jene Schuldenbremse im Eiltempo. Zusätzlich brachte er ein schuldenfinanziertes Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur auf den Weg. In der Sache war beides richtig, doch viele Wähler der Union fühlten sich getäuscht.
Wenn Merz nun weniger als eine Woche nach Vorstellung des gemeinsamen Koalitionsvertrags dessen Inhalt in Frage stellt, säht er erneut Zweifel an seiner Verlässlichkeit. Denn auch wenn eine Regierung flexibel entscheiden muss, so darf sie auch nicht ohne Not ihre Positionen in Frage stellen. Doch genau das hat Merz getan.
Auch angesichts der guten Umfragewerte der AfD muss die Koalition aus CDU, CSU und SPD hart arbeiten, um Vertrauen für die politische Mitte zurückzugewinnen – allen voran Friedrich Merz. Denn auch das sollte eine Selbstverständlichkeit sein: Dass man sich auf das Wort eines Politikers verlassen kann.