Milkas erster Fall fällt quasi vom Himmel
Bernd Gunthers stellt in der Stadtbücherei Murrhardt seinen Roman vor – Launige Lesung mit viel Lokalkolorit
„Die Kuh kennt keinen Feiertag“, dieser Titel lässt eine amüsante Lektüre erwarten und hält sein Versprechen. Der originelle Kriminalroman entführt an den Tatort Hohenlohe. Eine trügerische Idylle.

© Jörg Fiedler
Lesung mit kleinem und großem Anker – Figürchen und Plakat – in der Stadtbücherei: Ganz nebenbei gibt Autor Bernd Gunthers Einblicke in die Kunst- und Kunstfälscherszene und beschreibt auch das Landleben mit Witz und Sachverstand. Foto: J. Fiedler
Von Carmen Warstat
MURRHARDT. Der Autor mit dem Pseudonym Bernd Gunthers hat mit diesem Buch sein erstes belletristisches Werk vorgelegt und war bislang als Verfasser von Fachliteratur zum Themenbereich Coaching unter anderem für renommierte Blätter wie das Handelsblatt und die FAZ beschäftigt. Nach der Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit war es die erwachsene Tochter, die ihn dazu inspirierte, schreibend neue Wege zu gehen, und das kam so: An einem wunderschönen Neujahrsmorgen, dem 1. Januar 2017, war Bernd Gunthers mit Frau und Tochter zu einer Ausfahrt mit Waldspaziergang aufgebrochen.
Man saß gemeinsam im Auto, und ein Milchlaster der Hohenloher Molkerei bog ein, worauf die Ehefrau bemerkte: „Die fahren sogar sonntags.“ – „Nun ja“, lautete die Antwort des Gatten, „die Kuh kennt keinen Feiertag.“ Und darauf die Tochter von hinten: „Das wäre ein guter Titel für einen Regionalkrimi!“ Der Vater reagierte skeptisch („Ja ja, Milka Mayrs erster Fall...“), aber die Tochter insistierte: „Schreib mal!“ Noch am selben Tag setzte Gunthers sich hin und verfasste einen dreiseitigen Prolog, der in der Familie ankam und auch ihm selbst gefiel. Zudem befand seine Gattin, dass man „die Frau (aus dem Prolog) jetzt nicht alleine so stehen lassen“ könne, kurzum, Bernd Gunthers schrieb weiter. Und tatsächlich nannte er seine Protagonistin Milka Mayr, Spitzname Milky.
Auf Gunthers Lesetisch in der Stadtbücherei Murrhardt, die das BücherABC für die Romanvorstellung mit ins Boot geholt hat, steht eine kleine Kuh, hinter ihm prangt das Poster einer großen, und zur Eröffnung der Lesung erklingt was? Eine Kuhglocke. Solcherart eingestimmt, erleben die Zuhörer eine amüsante Einführung in Gunthers Roman. Erschienen sind kaum mehr als 20 Leute, aber die kommen auf ihre Kosten. Nur „einige wenige Tote“ gebe es in „Die Kuh kennt keinen Feiertag“, denn er wolle sich Steigerungsmöglichkeiten „nach hinten raus“ offenhalten, womit angedeutet ist, dass es ein Wiedersehen mit Milka Mayr geben wird.
Wer aber ist Milka Mayr? Die Einführung seiner Hauptfigur gelingt dem Autor perfekt – er verrät Originelles zu ihrem Namen, charakterisiert sie sehr anschaulich als renitent, in dem er die „Choreografie ihrer Wutausbrüche“ beschreibt, führt dem Leser ihre greulich-gräulichen Strümpfe vor Augen und lässt sie zur Zeugin eines Unglücks werden: Mit einem Ultraleichtflugzeug („diesem fliegenden Drahtverhau“) war der Kunstsachverständige Max Holl unterwegs. Er stürzt ab – ausgerechnet auf Milkas Grundstück, ausgerechnet an ihrem 35. Geburtstag. Die Bäuerin Milka Mayr, die seit langem schon weiß, dass da „noch was“ sein muss im Leben, hat ihre Aufgabe gefunden, denn sie bezweifelt die Unfallthese der Kriminalisten und recherchiert eifrig. „Milka will mehr wissen.“
Wie nebenbei gibt Autor Bernd Gunthers Einblicke in die Kunst- und Kunstfälscherszene und beschreibt auch das Landleben mit Witz und Sachverstand. Weil es gefährlich sei, verrät er natürlich nicht, wie der Fall ausgeht – auch hierzu erzählt er eine Anekdote. Vielleicht kommt der Dialekt etwas zu kurz in diesem Roman. Gunthers beantwortet die Frage danach ebenfalls mit Witz. Er habe sich einem Test zur Beherrschung des Schwäbischen unterzogen und sei nicht zufrieden gewesen mit sich.
Den Draht zu seinem Publikum findet er trotzdem, nicht zuletzt indem er eine Leserin zu sich nach vorn bittet, um mit ihr einen Dialog in verteilten Rollen vorzutragen.
Alles in allem eine kurzweilige Buchlesung, die eine ebenso kurzweilige Lektüre verspricht.
Bernd Gunthers: Die Kuh kennt keinen Feiertag. Gmeiner-Verlag Meßkirch. 2019. ISBN 978-3-8392-5930-6.