Was geschah am . . . 12. April 1861?
Mit dem Angriff auf Fort Sumter beginnt der Amerikanische Bürgerkrieg
Vor 164 Jahren begann der amerikanische Bürgerkrieg, der den Grundstein für den Aufstieg der USA zur Weltmacht legte. Er war der blutigste Konflikt in der Geschichte der USA.

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Am 12. April 1861 beginnt der Kanonade von Fort Sumter vor Charleston der Amerikanische Bürgerkrieg.
Von Markus Brauer/dpa
Eine Granate der ersten Feldschlacht des US-Bürgerkrieges landet im Haus von Wilmer McLean. Noch während das Gefecht tobt, packt der Kaufmann aus Manassas in Virginia seine Sachen und flieht mit der Familie. Seine Hoffnung auf einen kurzen Konflikt trügt. Der Bürgerkrieg kostet fast 600.000 Menschen das Leben, revolutioniert die Wirtschaft des Nordens, ruiniert den Süden, beendet die Sklaverei und formt ein Land, das seit damals die Welt prägt.
Vor 164 Jahren begann der blutigste Krieg der US-Geschichte
Die USA ist durch die Sklaverei gespalten. Der Süden ist ganz auf Sklaven ausgerichtet, der Norden auf einen Maschinenkapitalismus, oft kaum weniger grausam. In der Verfassung ist die Streitfrage einfach ausgeklammert worden.
„Als die Verfassung geschrieben wurde, lag die Schlange der Sklaverei schlafend unter dem Tisch“, schreibt der Autor John J. Chapman. Als der erklärte Sklavereigegner Abraham Lincoln zum Präsidenten gewählt wird, sagen sich die Südstaaten schließlich los.
Der Krieg bricht los, als die Truppen der Südstaaten am 12. April 1861 das Feuer auf das unionstreue Fort Sumters vor Charleston eröffnen. Fast alle Schlachten finden in den Südstaaten statt, aber gekämpft wird an 10.000 Orten.
Zwei Prozent der US-Bürger sterben in dem Krieg
Die Soldaten sind im Schnitt 25 Jahre alt, viele aber nicht einmal 15, die jüngsten gerade neun. Zwei Prozent der US-Bürger sterben in dem Krieg. In Cold Harbor fallen in nur 20 Minuten 7000 Männer. Und doch legt erst der Krieg den Grundstein für den Aufstieg der USA zur Weltmacht.
Der Süden hat die fähigeren Generäle. Etwa den brillanten Robert E. Lee, der, fast immer deutlich in Unterzahl, in einer Schlacht nach der anderen siegt. Oder John Magruder, der vor der Südstaaten-Hauptstadt Richmond nur 10.000 Mann hatte, sie aber immer wieder über denselben Hügel marschieren lässt. Unionsgeneral George McClellan lässt sich so trotz 13-facher Übermacht ins Bockshorn jagen und fordert Verstärkung an.
„Der Mut der Männer war so unbeschreiblich“
Der Bruderkrieg nimmt bizarre Formen an. Etwa wenn die Gegner sich gegenseitig anfeuern. „Der Mut der Männer war so unbeschreiblich, dass wir vergaßen, dass sie unsere Feinde waren“, schreibt ein Südstaaten-Offizier vor Fredericksburg. „Immer wieder brachten wir Hochrufe auf sie aus.“ Um sie dann zusammenzuschießen.
Der Riss geht nicht selten durch die Familien. Nach einem Seegefecht vor Galveston bei Houston findet ein Südstaaten-Major auf einem gegnerischen Schiff einen sterbenden Leutnant. Es ist sein Sohn.
1862: Lincoln verfügt die Befreiung der Sklaven
Der Süden ist uneins, weil die gerade ausgetretenen Staaten misstrauisch jede Zentralgewalt beäugen. Doch auch der Norden ist sich keinesfalls einig, erst recht nicht in der Sklavenfrage. Auf Millionen ungelernte Arbeiter haben die Tagelöhner des Nordens keine Lust. In New York überfallen sie Rekrutierungsbüros, jagen Schwarze durch die Stadt und erhängen sie.
Abraham Lincoln verfügt erst 1862 die Befreiung der Sklaven. Damit adelt er den Bürgerkrieg zu einem Befreiungskrieg. Frankreich und Großbritannien können den Süden nicht mehr als unabhängig anerkennen.
Aber das taktische Kalkül bringt dem Norden noch einen anderen Vorteil: Als man die Schwarzen endlich lässt, strömen sie in die Unionsarmee. Zu Kriegsende sind zehn Prozent der Soldaten schwarz – bei gerade einmal einem Prozent Bevölkerungsanteil.
Mehr Soldaten sterben an Krankheiten als im Kampf
Noch andere drängen nach vorn: Frauen übernehmen Aufgaben, die kurz zuvor noch undenkbar waren. Im Süden pflegt Sally Tompkins mit nur sechs Frauen 1333 Verwundete. Außer 73 überleben alle – die beste Bilanz aller Lazarette.
Im Norden folgt Mary Ann Bickerdyke der Armee den ganzen Krieg durch 19 Schlachten, ist bei Amputationen dabei und versorgt die Soldaten. General William Sherman sagt über „Mutter Bickerdyke“: „Sie steht höher im Rang als ich.“
Die hygienischen Zustände sind eine Katastrophe. Doppelt so viele Soldaten wie auf dem Schlachtfeld sterben an Krankheiten. In den Lazaretten werden im Akkord Arme und Beine abgesägt, zumeist ist Brandy das einzige Schmerzmittel. Im normalen Lagerleben klagen die Soldaten über verdorbenes Fleisch und dicke Würmer im Reis.
Folgen des Bruderkrieges sind noch heute zu spüren
Letztlich hat der Norden den längeren Atem. Das Bruttosozialprodukt des gesamten Südens ist gerade ein Viertel so hoch wie das des Staates New York. Zudem hat der Norden 21 Millionen Einwohner, der Süden gerade neun, von denen vier Millionen Sklaven sind.
Nach vier Jahren ist der Krieg vorbei, auch wenn die Folgen noch heute zu spüren sind. Der Süden ist nach wie vor ganz hinten bei Wirtschaftskraft und Bildung, ganz vorn bei Arbeitslosigkeit und Armut.
„Der Bürgerkrieg hat uns zu dem gemacht, was wir sind“
Aber die USA haben nach dem Krieg die Kraft, das Land bis zum Pazifik zu erschließen und erst eine Wirtschafts- und dann eine Weltmacht zu werden.
Der Historiker Shelby Foote schreibt: „Der Bürgerkrieg hat uns zu dem gemacht, was wir sind. Im Guten wie im Schlechten. Wenn man den amerikanischen Charakter des 20. Jahrhunderts verstehen will, muss man sich die Katastrophe des 19. vergegenwärtigen.“
Die Kapitulation wird in einem Wohnzimmer in dem Örtchen Appomattox Court House unterzeichnet. Es ist das Haus von Wilmer McLean, dem Kaufmann aus Manassas. Er wird später sagen: „Der Bürgerkrieg begann in meinem Vorgarten und endete in meinem Wohnzimmer.“