Mit dem Leben im Wasser auf Tuchfühlung

Christian und Tobias Veitinger und Andreas Weiss vom Angelsportverein Murrhardt ermöglichen Kindern der Hörschbachschule eine spannende Exkursion: Sie können am Hörschbach Babyforellen in die Freiheit entlassen und untersuchen, wie es mit ihrem Nahrungsangebot aussieht.

Christian Veitinger bestimmt mit den Kindern Insekten.

© Stefan Bossow

Christian Veitinger bestimmt mit den Kindern Insekten.

Von Christine Schick

Murrhardt. Der Hörschbach ist als Namensgeber von Grundschule und Kindergarten in der Murrhardter Weststadt logischerweise ganz in der Nähe und so haben es die Mädchen und Jungen der beiden ersten Klassen nicht weit. Als die 1a der Hörschbachschule mit ihrer Lehrerin Isabell Mackh und Doris Bäßler als Betreuungsperson auf dem Wiesenstreifen zwischen Kindergarten und künftigem Rewe-Neubau eintrifft, haben Christian und Tobias Veitinger sowie Andreas Weiss vom Angelsportverein Murrhardt schon alles vorbereitet, was für die beiden Unterrichtsstunden gebraucht wird.

Neben den Hauptkandidaten – zweimal rund 1200 Miniforellen, etwas größeren Fischen und einem ausgewachsenen Exemplar – finden sich Bottiche, Eimer und kleinere Gefäße, Kescher und Pinzetten für die gemeinsamen Erkundungen sowie eine kleine Verpflegung.

Gezüchteter Nachwuchs und ein Exemplar aus einem Nebenfluss der Murr

Die drei Männer öffnen den ersten großen Plastikschlauch mit dem Fischnachwuchs. „Schaut mal, ich hab’ euch Babyfische mitgebracht“, sagt Christian Veitinger, der die heimische Bachforelle auch züchtet. Bei den etwas älteren Tieren und der ausgewachsenen Forelle kann er die rötlichen Punkte am Körper zeigen. „Ich hab’ sie heute Morgen an einem Nebenfluss der Murr gefangen“, erzählt er über das erwachsene Tier. Auch ein weiteres Charakteristikum für den heimischen Fisch gibt es – die Fettflosse, die sich schon bei den jüngeren Kandidaten ausmachen lässt.

Die Kinder dürfen auf Tuchfühlung mit den älteren Fischen gehen, wobei Christian Veitinger vorausschickt: „Wenn ihr sie kurz anfasst, macht bitte vorher eure Hände im Wasser nass.“ Er erklärt, dass es sich für die Tiere andernfalls wie eine Verbrennung anfühlt. „Total glitschig“, sagt ein Erstklässler, was vielfach bestätigt wird. Die Ende Januar geschlüpften Brutfische sind zu klein für solch einen Kontakt, lassen sich aber gut beobachten. Damit sie die Kinder später in Kleingruppen im Bach aussetzen können („Wir entlassen sie in die Freiheit!“), kümmert sich das Trio darum, Wasser aus dem Bach zu holen und es in den Bottich dazuzugeben, aus dem die Tiere später in kleinere Gefäße umgesetzt werden. „Das machen wir, damit sie sich akklimatisieren können. Sonst ist das in etwa so, wie wenn ihr plötzlich in eiskaltes Wasser springt“, erläutert Christian Veitinger.

Während sich Tobias Veitinger und Andreas Weiss mit den in Gruppen aufgeteilten Kindern daran machen, die Babyfische per Kescher in tragbare Plastikwännchen oder Eimerchen mit Wasser umzusiedeln, baut Christian Veitinger eine Art Untersuchungsstation auf. Auf zwei durchlässigen Metallgittern über einem Bottich stehen mit Wasser gefüllte Plastikteller. In einem zweiten Behälter hat er eine Reihe von Steinen aus dem Hörschbach geholt, die nun unter die Lupe genommen werden können. Er entdeckt einen kleinen Egel und eine Raupe, dann stößt er auf eine Köcherfliegenlarve, die er vorsichtig vom Stein abnimmt. „Ich hab was Cooles gefunden“, sagt er und erklärt, wie die Tiere das längliche Gehäuse bauen. Ein Knirps freut sich, als auch er erfolgreich ist: „Hallo, ich hab’ ein Tier für dich!“ Mithilfe eines Bestimmungsbuchs können die Mädchen und Jungen versuchen, ihre weiteren Funde einzuordnen.

Bei der gemeinsamen Begutachtung kommen noch einige weitere Kandidaten hinzu wie Eintagsfliegenlarven, Bachflohkrebse, Steinfliegen- und Libellenlarven sowie kleine Schnecken. Wieso das Kleinstgetier überhaupt so wichtig ist? „Die Forellen brauchen die Insekten als Nahrung“, sagt Christian Veitinger. Je vielseitiger und reicher es in Bezug auf die Insekten am und im Fluss steht, desto besser ist auch die Wasserqualität. Diese regelmäßig zu begutachten, ist eine der Aufgaben der Gewässerwarte beim Angelsportverein Murrhardt, zu denen auch Christian Veitinger zählt. Er schätzt, dass die Güteklasse des Hörschbachs gut bis sehr gut ausfällt.

Die Babyfische werden behutsam


in den Hörschbach ausgebracht

Tobias Veitinger und Andreas Weiss, beide in der Jugendarbeit des Vereins engagiert, machen sich parallel ans Ausbringen des Nachwuchses. Gemeinsam mit den Kindern und ihren mit Minifischen bestückten, tragbaren Gefäßen geht es am Ufer entlang, um eine gute Einstiegsstelle zu finden. „Lasst uns schauen, wo das Wasser nicht so schnell fließt“, sagt Tobias Veitinger. Andreas Weiss hat eine gute Stelle gefunden und erklärt einem Mädchen: „Den Eimer gegen die Strömung halten und dann langsam nach oben rausnehmen.“ Immer wieder geht die Gruppe ein Stück und sucht sich eine neue Stelle am Bachufer, um die Fischbrut gut zu verteilen.

Zum Abschluss können sich die Kinder mit einer Brezel und etwas zu trinken versorgen – mit Blick auf die vielen gefundenen Krabbler und Larven lässt sich hoffen, dass es dem Fischnachwuchs auch entsprechend gut geht.

Die Brutfische sind Ende Januar geschlüpft. Fotos: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Die Brutfische sind Ende Januar geschlüpft. Fotos: Stefan Bossow

Tobias Veitinger geht mit den Kindern an eine flache Stelle am Hörschbach, wo sie die kleinen Fische losflitzen lassen können.

© Stefan Bossow

Tobias Veitinger geht mit den Kindern an eine flache Stelle am Hörschbach, wo sie die kleinen Fische losflitzen lassen können.

Die Forelle steht seit Beginn des Jahres erstmals auf der Roten Liste und wird somit als bedroht eingestuft

Bachforelle Christian Veitinger engagiert sich nicht nur im Angelsportverein Murrhardt, sondern auch in der Züchtung heimischer Bachforellen. Im Rahmen des „Murrforellenbesatzprojekts“ hat er schon unzählige Tiere aufgezogen und in der Murr und Nebengewässern ausgebracht. Seine Zuchtanlagen befinden sich bei Hausen und Steinbach (Murrhardt), Bernhalden (Oppenweiler) und Mittelfischach (Gaildorf). Im Jahr kommt er auf ungefähr 270000 Fische, davon 110000 Bachforellen. Das ist ihm auch deshalb wichtig, weil sich die Forelle seit Anfang des Jahres erstmals auf der Roten Liste findet und somit als bedroht eingestuft wird.

Verein Der Angelsportverein Murrhardt zählt rund 40 aktive Mitglieder und eine eigene Jugendgruppe. Die Engagierten sind für vier Gewässer verantwortlich: Neben der Murr sind dies der Völkerweiher, der Walkweiher und Lachweiler See. Die Aktion für die beiden ersten Klassen der Hörschbachschule (1b kam im Anschluss) war für den Verein eine Premiere. Weitere Infos finden sich unter www.asv-murrhardt.de.

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Erstellt:
13. April 2024, 06:00 Uhr

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