Mit Steffen Weiß zurück zum alten Konzept

Zuletzt setzte Fußball-Regionalligist Großaspach auf erfahrene Trainer. Ohne dauerhaften Erfolg, weshalb die SG Sonnenhof nun wieder einem jungen Coach eine Chance gibt. Der 32-Jährige war aber immerhin schon für den Hamburger SV II verantwortlich.

Steffen Weiß, der von März 2018 bis Juni 2019 den Hamburger SV II trainierte, gibt künftig in Großaspach die Richtung vor. Foto: Imago

© imago/Michael Schwarz

Steffen Weiß, der von März 2018 bis Juni 2019 den Hamburger SV II trainierte, gibt künftig in Großaspach die Richtung vor. Foto: Imago

Von Steffen Grün

Hinter der SG Sonnenhof liegt eine völlig verkorkste Runde. Nur weil statt sechs lediglich zwei Vereine runter mussten, entging der Drittliga-Absteiger als Viertletzter der Regionalliga Südwest dem ungebremsten Absturz in die Oberliga. Weder Hans-Jürgen Boysen noch Walter Thomae hatten es geschafft, die Truppe in die Spur zu kriegen. Als es mit Rainer Scharinger ein dritter Routinier versuchte, ging es nur noch um ein versöhnliches Ende. Mit zwei Siegen und drei Niederlagen gelang das so lala, das durch Verletzungen schwer dezimierte Team gab sich unter dem 54-jährigen Ex-Profi aber wenigstens lernwillig.

Nach der 1:3-Heimpleite im letzten Saisonspiel gegen Bahlingen drängte sich der Eindruck auf, als könnte aus der Interimslösung, die als Freundschaftsdienst aus alter Verbundenheit deklariert worden war, doch noch mehr werden. Scharinger zähle zu den „zwei, drei Kandidaten“, mit denen man sich mit Blick auf die nächste Runde ausgetauscht habe, sagte Sportchef Joannis Koukoutrigas vor zweieinhalb Wochen. Auch der Trainer schien sich vorstellen zu können, zu bleiben, verwies aber auf seinen „guten, sicheren Job“ als Verbandssportlehrer beim Badischen Fußballverband. Ob es nun sein Entschluss war, auf die Rückkehr ins schnelllebige Tagesgeschäft zu verzichten, oder ob Aspachs Macher einen anderen Favoriten hatten, ist Spekulation. Fakt ist dagegen, dass Steffen Weiß das Rennen machte und einen Vertrag bis zum 30. Juni 2022 mit Option auf eine weitere Saison unterschrieben hat.

„Wir haben uns bei der Trainerentscheidung bewusst Zeit genommen und uns mit einigen Kandidaten beschäftigt“, sagt das für den sportlichen Bereich verantwortliche SG-Vorstandsmitglied Michael Ferber und verweist auf die „Dorfklubphilosophie“, die der neue Boss auf der Kommandobrücke zu verkörpern und mitzutragen habe. Ungeachtet der tiefen Krise der vergangenen zwei Jahre bestehe die weiterhin aus „Einsatz, Wille, aber auch Ausbildung und Entwicklung“. Qualitäten, die Steffen Weiß aus Sicht der Großaspacher Macher offenbar mitbringt: „Wir hatten ihn bereits seit einiger Zeit im Auge, er passt voll und ganz in unser Anforderungsprofil.“

Sätze, die eben so gesagt werden, wenn ein neuer Trainer vorgestellt wird. Ferber holt aber durchaus noch etwas weiter aus und erinnert an die vorherigen Stationen des 32-Jährigen: Dieser habe beim Halleschen FC und beim Hamburger SV „unter Beweis gestellt, dass er Talente entdecken und erfolgreich weiterentwickeln kann“. Weil er seine Spielerkarriere beim SV Bad Fallingbostel und bei Germania Walsrode wegen eines dreifachen Bänderrisses bereits mit 21 Jahren beenden musste, stieg Steffen Weiß frühzeitig ins Trainergeschäft ein. Über Walsrode II, Verden und Essel landete er 2015 als Jugendtrainer und als Sportschultrainer des Fußballverbands Sachsen-Anhalt in Halle, ehe ihn der frühere Hockeybundestrainer Bernhard Peters ein Jahr später zum HSV holte. Beim Traditionsverein aus dem hohen Norden wurde er am 12. März 2018 vom Co-Trainer der U 16 zum Chefcoach der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Nord befördert und nahm damit den Platz von Christian Titz ein, der den Abstieg von Hamburgs Profis in die Zweite Bundesliga jedoch nicht mehr verhindern konnte. Von 48 Partien gewann Weiß immerhin 21, der englische Zweitligist FC Brentford soll ihn auf dem Schirm gehabt haben. Im Januar 2020 wurde er stattdessen für neun Monate Leiter des Nachwuchszentrums in Halle, seit September 2020 ist er vereinslos.

Nun also Großaspach, wo es für ihn mit dem Trainingsstart am kommenden Montag losgeht. Er freue sich „natürlich riesig, dass ich wieder den Rasen riechen darf“, sagt der A-Lizenz-Inhaber, der mit harter Arbeit für variablen Offensivfußball sorgen will. Darauf hofft auch Joannis Koukoutrigas, für den die Wahl von Weiß eine Rückkehr zu dem früheren Weg ist, jungen, ambitionierten Trainern eine Chance zu geben. Das hat bei Alexander Zorniger und Rüdiger Rehm sehr gut geklappt, bei Oliver Zapel, Sascha Hildmann und Florian Schnorrenberg gab es Höhen und Tiefen. „Er sprüht vor Energie“, sagt der SG-Sportchef über den neuen Trainer, mit dem nun am Kader mit jungen, entwicklungsfähigen Spielern gebastelt werden soll. „Wir haben nur auf den Tag X gewartet“, sagt Koukoutrigas und berichtet von „sehr vielen Gesprächen mit potenziellen Zugängen“. Steht auch Steffen Weiß hinter diesen Personalien, kann es schnell gehen und bereits am Montag könnten weitere frische Kräfte neben dem schon verpflichteten Keeper Maximilian Reule auf dem Platz stehen. Auch weitere Abgänge sind wohl nur eine Frage der Zeit, „aber der neue Trainer wird sich auch ein Bild von den Spielern machen, die jetzt noch unter Vertrag stehen“. Ein 25-Mann-Kader mitsamt drei Torhütern ist die Zielmarke.

Die lange Trainerliste der SG Sonnenhof Großaspach in den vergangenen elf Jahren

Für Alexander Zorniger war das Engagement im Fautenhau ab 1. Juli 2010 ein Sprungbrett. Der damals 42-Jährige, der vorher als Co-Trainer von Markus Babbel beim VfB Stuttgart bereits fünf Monate Bundesliga-Luft geschnuppert hatte, empfahl sich mit seiner Arbeit bei der SG Sonnenhof Großaspach als Chefcoach für höhere Aufgaben. Nach dem zweiten Platz in der Regionalliga-Saison 2011/2012 lockte ihn der neue Sportdirektor Ralf Rangnick zum aufstrebenden Projekt RB Leipzig. Mit Zorniger schafften die mittlerweile zu den deutschen und europäischen Topklubs zählenden Sachsen den Durchmarsch von der Regionalliga Nordost in die Zweite Bundesliga. Weitere Stationen waren der VfB Stuttgart und Bröndby IF Kopenhagen, seit wenigen Wochen ist der Schwabe bei Apollon Limassol tätig.

Zornigers Erbe trat der vorherige Co-Spielertrainer Rüdiger Rehm an – mit großem Erfolg: Die SG feierte 2014 den Drittliga-Aufstieg. Als der Ex-Profi an der Fußballlehrerlizenz bastelte, wurden die Doppelbelastung und die Pendelei nach Hennef zu viel. In Großaspach war Schluss, aber nur vorübergehend: Als dem Neuling mit Uwe Rapolder der Abstieg drohte und Rehm den Lehrgang beendet hatte, kehrte er im Februar 2015 zurück. Der Ex-Profi führte die SG ans rettende Ufer und in der folgenden Runde auf Rang sieben. Das machte Zweitligist Arminia Bielefeld auf ihn aufmerksam, auf der Alm war es aber ein kurzes Gastspiel. Seit viereinhalb Jahren trainiert Rehm nun Wehen Wiesbaden, stieg mit den Hessen in die Zweite Bundesliga auf und wieder in die Dritte Liga ab – und durfte trotzdem bleiben.

Eine Kontinuität, die der SG seit Rehms Abgang fehlt. Oliver Zapel verabschiedete sich nach Platz zehn in der Saison 2016/2017 sofort wieder, weil ihm die Ziele des Vereins nicht ambitioniert genug erschienen. Er kehrte 2019 zurück, nachdem es auch bei Sascha Hildmann und Florian Schnorrenberg bei kurzen Amtszeiten geblieben war und zwischendurch noch Zlatko Blaskic und Markus Lang als Interimstrainer eingesprungen waren. Zapels zweite Amtszeit dauerte kein halbes Jahr, den Abstieg aus der Dritten Liga konnten aber auch Markus Lang (wieder zweimal Platzhalter), Heiner Backhaus/Mike Sadlo und Hans-Jürgen Boysen nicht verhindern. Boysen blieb danach zunächst, mit Walter Thomae und Rainer Scharinger kamen in der vergangenen Regionalliga-Saison noch zwei Trainer dazu.

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Erstellt:
30. Juni 2021, 06:00 Uhr

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