Musiknacht begeistert auf der ganzen Linie

Drei Konzerte, drei ganz unterschiedliche Stile: Bei der Musiknacht in der Stadtkirche Murrhardt präsentiert der Kammerchor die romantische Messe e-Moll von Anton Bruckner, der Jugend- und ein Workshopchor emotionale Gospels und das Trio Mehl „Wirtschaftswunderjazz“.

Der Jugend- und der Gospelworkshopchor tragen ein Programm aus Klassikern, Neubearbeitungen und Balladen vor. Die Sängerinnen und Sänger beeindrucken mit den eingängigen und berührenden Songs. Das Publikum hat bei einem Part zudem Gelegenheit, mit einzusteigen und mitzusingen. Foto: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Der Jugend- und der Gospelworkshopchor tragen ein Programm aus Klassikern, Neubearbeitungen und Balladen vor. Die Sängerinnen und Sänger beeindrucken mit den eingängigen und berührenden Songs. Das Publikum hat bei einem Part zudem Gelegenheit, mit einzusteigen und mitzusingen. Foto: Stefan Bossow

Von Petra Neumann

Murrhardt. Wahrhaftige Begeisterung bei den Zuschauerinnen und Zuschauern löste die diesjährige Musiknacht in der Stadtkirche aus. Bei den Beiträgen reichte das Spektrum von Klassik über Gospel bis hin zum Jazz, wobei der Schwerpunkt natürlich auf Kompositionen lag, die den Glauben thematisieren. Ausführender war der Kammerchor Murrhardt, der von Gottfried Mayer geleitet und von Kirchenmusikdirektor Klaus Rothaupt an der Orgel begleitet wurde. Das Ensemble trug die „Messe e-Moll WAB 27“ von Anton Bruckner (1824 bis 1896) vor. Der zweite Teil war dem Gospel gewidmet. Der Jugendchor und der Gospelworkshopchor der Stadtkirche unter der Leitung von Marco Rödiger und Gottfried Mayer wurden von Fabian Meyer am Piano, Dominik Ludwig am Bass und Ferenc Mehl am Schlagzeug begleitet. Letzterer ist auch Mitglied des Jazztrios Mehl, mit Magnus Mehl am Saxofon und Karoline Höfler am Bass, das den dritten Part bestritt und die wunderbare Musiknacht mit einer brillanten Darbietung beendete. Bei der Erstaufführung der von Klaus Rothaupt bearbeiteten Messe bestach und beeindruckte der Kammerchor mit einer sehr feinfühligen Interpretation des Werks aus dem 19. Jahrhundert.

Bandbreite an Gefühlsschattierungen

Es gliedert sich in die Sätze „Kyrie“, „Glorie“, „Credo“, „Sanctus“, „Benedictus“ und „Agnus Dei“. Das „Kyrie“ war so sanft und transzendent, dass es wie nicht von dieser Welt zu sein schien. Es evozierte gleichsam das Licht des ersten Morgens, wenn alles noch rein und unschuldig ist. Dadurch wird es Teil des großen Schöpfungswerks, welches alles überstrahlt. Diese Strahlkraft durchwirkt auch das „Gloria“, doch leuchtet die Melodie wie in wellenartigen Bewegungen von einem Zentrum aus. Das „Credo“ bekräftigt das Absolute, es ist bewegt und doch voller innerer Festigkeit. Beim „Sanctus“ dominieren Zartheit und Innigkeit. Dort im Allerheiligsten wogt das Gefühl allgegenwärtiger Liebe. Die Notenfolge im „Benedictus“ hingegen ist getragen, wehmütig und ätherisch zugleich. Die Melodie schwingt auf und ab und wird so gleichsam zum Gewebe, das alles wie in einen Schutzmantel einhüllt. Im „Agnus Dei“ schwingt sich die getragene Musik bis in die höchsten Sphären des Göttlichen. Dort wirkt alles von lichten, zartfarbigen Schleiern durchzogen.

Der Chor sang sehr eindrucksvoll und bewegend und verlieh dieser vollendet schönen Musik die innewohnende Aussagekraft und inhärente Größe, die mit ihren überirdischen Klängen auf ein transzendentes Reich verweisend nachhallt.

Das Publikum kann mit einsteigen

Einen ganz anderen Charakter haben Gospels, die ihre Wurzeln in der rhythmischen afrikanischen Musik haben, aber mittlerweile auch zum gängigen Repertoire gehören. Die Musik zum Einzug der beiden Chöre war eine traditionelle Hymne aus Tansania – „Sababu“. Drei Gospels folgten, zwei davon wurden von Niko Schlenker komponiert, der auch den Choral „Lobe den Herren, den mächtigen König“ in eine Gospelversion transferiert hat. Bei diesem konnten die Zuhörerinnen und Zuhörer mitmachen und mitsingen, was sehr gut klappte und dem Publikum viel Spaß machte. Der „Psalm 23“, den Jeff Guillen 2005 in eine Ballade verwandelte, war ein weiterer Höhepunkt der musikalischen Darbietung, schon allein das Intro des Klaviers erklang zart und besinnlich, aber auch Marco Rödiger konnte mit seiner Gesangskunst überzeugen. Es war ganz offensichtlich, wie sehr es ihm Freude bereitet hat, diese eingängigen und berührenden Songs vorzutragen.

Ebenso wie der Gospel hat der Jazz afrikanische Wurzeln und mittlerweile viele Stilrichtungen. Das Mehl-Trio spielte vorwiegend amerikanischen „Wirtschaftswunderjazz“, wie Magnus Mehl das Programm scherzhaft umriss. Die drei servierten Stücke aus dieser Ära aufs Überzeugendste und konnten mit ihren Interpretationen großer Jazzklassiker begeistern. Aber auch eigene Kompositionen standen dem in Nichts nach. Die Soli, die sie gaben, waren ein Genuss und die Version der im gregorianischen Stil verfassten Hymne aus dem 9. Jahrhundert „Veni creator spiritus“ (Komm, Schöpfergeist) besonders eindrücklich, denn es zeigte sich, dass Jazz auch magisch-mystische Momente haben kann, die über die diesseitige Weltsicht reichen.

Zu Recht begeisterte die Musiknacht das Publikum, denn da stimmte einfach alles – Musik, Ambiente und Atmosphäre.

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Erstellt:
25. Juni 2024, 06:00 Uhr

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