Nachwuchsschiris pfeifen bei den Kindern

Bei der HSG Sulzbach-Murrhardt werden jugendliche Handballer zu Kinderspielleitern ausgebildet. Sie stehen bei Partien der Jüngsten auf dem Feld und bringen ihnen die Regeln bei. Die Maßnahme hilft dem Verein zugleich, den Mangel an Schiedsrichtern zumindest abzumildern.

Benjamin Klingenberg (links) und Moritz Rützel stehen beim Handballnachwuchs von den Minis bis zur D-Jugend als Schiedsrichter in der Halle. Sie pfeifen nur bei Heimspieltagen ihres Vereins, der HSG Sulzbach-Murrhardt. Foto: Alexander Becher

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Benjamin Klingenberg (links) und Moritz Rützel stehen beim Handballnachwuchs von den Minis bis zur D-Jugend als Schiedsrichter in der Halle. Sie pfeifen nur bei Heimspieltagen ihres Vereins, der HSG Sulzbach-Murrhardt. Foto: Alexander Becher

Von Carolin Aichholz

Benjamin Klingenberg und Moritz Rützel sind zwar erst 15 Jahre alt, aber dennoch die Chefs auf dem Spielfeld in Sulzbach an der Murr. Durch das sogenannte „Kihasl“-Programm (Kinder-Handball-Spielleiter) sind sie verantwortlich fürs Spielgeschehen beim jüngsten Handballnachwuchs. Die beiden haben in einer Kompaktveranstaltung das theoretische Wissen vermittelt bekommen und dürfen damit Heimspiele der Minis sowie der F- bis D-Jugend pfeifen. Bereits seit zwei Jahren bildet die HSG auf diese Weise Jugendliche ab 14 Jahren, also meist aus der eigenen B-Jugend, aus. Auf ein Kontingent von sechs dieser Kinderspielleiter kann die HSG inzwischen zurückgreifen. Damit können schon viele Heimspieltage abgedeckt werden: Die Jugendlichen sprechen sich ab, wer welche Einsätze übernimmt.

Mit den Regeln kennen sich Moritz und Benjamin genau aus, denn seit etwa zehn Jahren spielen die beiden schon Handball. Aktuell sind sie Teil der B-Jugend der Handballspielgemeinschaft, die sich aus dem TV Sulzbach und dem TV Murrhardt zusammengeschlossen hat. Als Schiedsrichter auf der anderen Seite zu sein, das war für beide aber doch eine ganz neue Erfahrung. „Vor meinem ersten Spiel war ich schon aufgeregt“, gesteht Moritz Rützel. Gleich der erste Einsatz im Rahmen der Mini-EM erwies sich als eine große Bewährungsprobe. „Man pfeift die Spiele von Mannschaften unterschiedlicher Nationen, da kochen schon mal die Emotionen der Zuschauer hoch. Das macht dir als Schiri dann schon ordentlich Druck“, sagt Benjamin Klingenberg.

Die Jungs bekommen am Anfang viel Unterstützung

Während der ersten Spiele wurden die beiden Jungs von der HSG-Vorsitzenden Martina Fricker begleitet. Sie ist die Hauptverantwortliche für die Kinderspielleiter. Vor dem Debüt ihrer Schützlinge hat sie deshalb die Zuschauer darüber informiert, dass die Schiris ihr erstes Spiel pfeifen. „Es war von allen Seiten Verständnis da. Und wie sollen sie es sonst lernen, wenn nicht im praktischen Einsatz?“, fragt Fricker. Auch während der Spiele konnten sich die beiden mit der Funktionärin beraten, die selbst ebenfalls Schiedsrichterin ist. „Vor allem bei der F- oder E-Jugend ist das pädagogische Pfeifen sehr wichtig, das war neu für die Jungs.“

Die größte Schwierigkeit ist hierbei ohnehin nicht das eigentliche Geschehen auf dem Feld. Die jungen Spieler sind in der Regel noch sehr einsichtig und erkennen die Autorität der immer noch deutlich älteren Spielleiter an. „Wir erklären ihnen auch genau, warum wir wann pfeifen“, berichtet Moritz Rützel. Problematisch ist eher das Verhalten anderer am Spiel beteiligten Parteien. „Manche Trainer nehmen uns nicht direkt ernst“, ärgert sich Benjamin Klingenberg. Und auch die zuschauenden Eltern verhalten sich manchmal eher wie Ultras, findet der Schirinachwuchs. „Das müssen wir einfach ausblenden, was so über uns gerufen wird“, sagt Moritz Rützel.

Dieses Verhalten der Eltern ziehe sich durch alle Altersklassen, vor allem bei den jungen Spielern kann Martina Fricker es jedoch überhaupt nicht verstehen. „Es gibt ab der E-Jugend zwar eine Spielwertung, aber noch nicht mal Tabellen“, erklärt sie: „Es geht bei Partien der Kleinen im Kern nur darum, dass sie für ihre späteren Spiele die Regeln korrekt vermittelt bekommen.“ Zum Umgang mit ausfallend werdenden Müttern und Vätern werden die jungen Spielleiter daher von den Vereinen gebrieft. „Sie sollen die jeweiligen Trainer auf das Problem aufmerksam machen und die sollen das dann mit den Eltern ihrer Schützlinge klären“, sagt Martina Fricker. Wenn Verantwortliche des Vereins anwesend sind, können diese auch mal von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und Eltern der Halle verweisen.

Das Programm bietet einen Einstieg in den Schiedsrichterjob

Durch den oft ruppigen Umgang mit den Spielleitern verschlimmere sich der ohnehin schon gravierende Mangel an Schiedsrichtern. Das findet Martina Fricker sehr schade, denn alle Vereine suchen aktuell dringend nach Unparteiischen. Das Ziel der Ausbildung der Kinderspielleiter ist deshalb klar: Man möchte sich den Nachwuchs aus den eigenen Reihen heranziehen. Die Jugendlichen unterstützen durch ihre Hilfe auf dem Spielfeld ihren Heimatverein und bekommen ihre Arbeit auf dem Feld auch finanziell entlohnt. „Für Schüler ist das ein nettes Taschengeld“, sagt Martina Fricker.

Mit einem Jahr Erfahrung als Kinderspielleiter und nach einem Aufbauseminar können die Jungen dann auch zu „Juhasls“ (Jugend-Handball-Spielleiter) weitergebildet werden und bei Heimspielen der C-Jugend eingesetzt werden – eine Möglichkeit, die Benjamin Klingenberg sehr gerne ergreifen würde. Ihm macht seine Arbeit als Schiri nämlich großen Spaß. „Um erste Erfahrungen zu sammeln, ist das die ideale Gelegenheit“, findet Martina Fricker. „Bevor man später die große Schiriausbildung macht, dann einmal auf dem Platz steht und merkt: Es liegt mir überhaupt nicht.“

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Erstellt:
29. Februar 2024, 10:00 Uhr

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