US-Fahnder schlagen zu

Narco-Bosse gehen der Polizei ins Netz

US-Drogenfahnder haben den letzten der Gründer des berüchtigten Sinaloa-Kartell festgenommen. Zusammen mit Ismael Zambarda erwischten die Beamten auch einen Sohn von „El Chapo“.

Die Gangster wurden auf dem kleinen Flughafen von Santa Teresa, New Mexico (im Bild) verhaftet.

© imago//Mark Hoffman

Die Gangster wurden auf dem kleinen Flughafen von Santa Teresa, New Mexico (im Bild) verhaftet.

Von Klaus Ehringfeld

Der letzte Gründer des legendären mexikanischen Sinaloa-Kartells, Ismael Mayo Zambada García, ist am Donnerstag in den USA festgenommen worden. Der 76-Jährige wurde von Beamten der US-Drogenfahndungsbehörde DEA auf dem kleinen Privatflughafen von Santa Teresa, New Mexico, nahe der Stadt El Paso verhaftet. El Paso liegt genau der mexikanischen Stadt Ciudad Juárez gegenüber. Auf Zambadas Kopf hatten die USA 15 Millionen Dollar Belohnung ausgesetzt.

Er war der meistgesuchte Drogenboss in Mexiko und Lateinamerika und galt jahrzehntelang als unfassbar. Er schaffte es in seiner langen Verbrecherkarriere, nicht einen Tag im Gefängnis zu verbringen. Die Verhaftung sei Teil „einer sehr detaillierten und verdeckten Operation über Zambadas Bewegungen gewesen“, berichtet die mexikanische Zeitschrift „Proceso“ unter Berufung auf einen leitenden DEA-Beamten. Das „Wall Street Journal“ ergänzt, Zambada sei von einem ranghohen Mitglied des Kartells in eine Falle gelockt worden.

Verschwörung zur Herstellung und zum Vertrieb von Fentanyl

Laut der US-Drogenfahndung ist das Sinaloa-Kartell der größte Rauschgiftlieferant der Vereinigten Staaten. Im Februar wurde Zambada von der US-Staatsanwaltschaft wegen Verschwörung zur Herstellung und zum Vertrieb von Fentanyl angeklagt, einer Droge, die stärker als Heroin ist und die für die Opioidkrise in den USA verantwortlich gemacht wird. Fentanyl fallen in den Vereinigten Staaten jedes Jahr hunderttausende Drogenabhängige zum Opfer.

Gemeinsam mit Zambada ging den US-Behörden auch Joaquín Guzmán López, einer der Söhne von Joaquín „El Chapo“ Guzmán, ins Netz. Der 38-jährige Guzmán ist eines von zehn Kindern Chapo Guzmáns und heute einer der Führer von „Los Chapitos“, einer der vier Fraktionen, in die sich das Kartell nach der Verhaftung und Auslieferung von Guzmán senior 2017 aufgespalten hat. Guzmán sitzt in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Colorado eine lebenslange Haft ab.

Zambada zog hinter die Kulissen die Strippen.

Es war zunächst unklar, ob sich die beiden Drogenbosse selbst gestellt haben. Das berichten verschiedene Medien in den USA und Mexiko. Zudem lassen die merkwürdigen Umstände der Landung mit einem Kleinflugzeug auf einem abgelegenen US-Flughafen und die Präsenz der Fahnder dort dieses vermuten. Die „Washington Post“ schreibt unter Verweis auf eine DEA-Quelle, dass Guzmáns Familie darauf gedrungen haben soll, dass sich der Junior stellt. Anfang 2023 hatte die mexikanische Regierung Ovidio Guzmán López festgenommen, einen anderen Bruder der Fraktion der „Los Chapitos“. Er war im September an die USA ausgeliefert worden. Nach Angaben des US-Außenministeriums laufen gegen die beiden in den USA mehrere Ermittlungsverfahren „weil sie die kriminellen Operationen des Sinaloa-Kartells geleitet haben, einschließlich der Herstellung von tödlichem Fentanyl und des Handels damit“.

Zambada war nach dem Zusammenbruch des Guadalajara-Kartell Ende der 1980er-Jahre Mitgründer des Sinaloa-Kartells, das er Jahre lang mit seinem engen Freund und Kompagnon Guzman führte. Während „El Chapo“ als die mediale und öffentliche Figur des Syndikats bekannt war und gesucht wurde, blieb Zambada immer im Schatten und zog hinter die Kulissen die Strippen.

So heißt es, Zambada habe die ersten Kontakte zu den kolumbianischen Kokain-Kartellen hergestellt und die Kontakte gepflegt, um die USA mit dem Rauschgift zu überschwemmen. Damals waren die kolumbianischen Kartelle aus Medellín und Cali noch die weltweit führenden Drogenorganisationen. Sie wurden von der mexikanischen Mafia an den Rand gedrängt. Laut Drogenexperten ist Zambada seit einiger Zeit gesundheitlich angeschlagen. Der „Capo“ soll auch mehrere legale Unternehmen in Mexiko betreiben, darunter eine große Molkerei, eine Buslinie und ein Hotel. Zudem besitze er viele Immobilien.

Verbrechersyndikat mit Dependancen in 50 Staaten

Die Verhaftung von Zambada und Guzmán junior ist ein harter Schlag für eines der mächtigsten und international operierenden Verbrechersyndikate. Denn zwei der vier Fraktionen sind jetzt ohne ihre wichtigsten Köpfe. Dadurch könnten kurzfristig erneut blutige Revierkämpfe um die Nachfolge der Führung der Fraktionen entbrennen. Die beiden anderen Fraktionen werden von Chapo Guzmáns Bruder Aureliano Guzmán, alias El Guano, und dem legendären Narco-Boss Caro Quintero geführt. Nach einem Bericht des „US- Congressional Research Service“ aus dem Jahr 2020 wetteifern die vier Fraktionen um die Oberhand im Kartell und haben den gesamten Norden Mexikos in verschiedene Hoheitsgebiete aufgeteilt.

Unter den mexikanischen Mafias ist vor allem das Sinaloa-Kartell schon lange ein internationales Verbrechersyndikat, das Dependancen in 50 Staaten hat. Das Kartell ist dabei in der legalen Wirtschaft tätig. So schleust es beispielsweise seine Ware über „saubere“ Transport- und Handelsunternehmen, um Sendungen zu verschleiern. Oder es gründet mit Hilfe von Strohleuten eigene legale Unternehmen.

USA und Mexiko arbeiten zusammen gegen Drogen- und Waffenschmuggel

Fentanyl Das synthetische Opioid Fentanyl hat in den USA zu einem massiven Drogenproblem geführt. Die Droge ist rund 50-mal stärker als Heroin. Die US-Regierung und Mexiko haben im vergangenen Herbst offiziell vereinbart, verstärkt gegen den Handel mit der tödlichen Droge Fentanyl, Waffenschmuggel und die irreguläre Migration vorgehen. „Wir stehen vor einem historisch herausfordernden Zeitpunkt in unserer Region, hatte der US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas gesagt. Die mexikanische Außenministerin Alicia Bárcenas sagte damals, für Mexiko sei die Eindämmung des Waffenschmuggels aus den USA an die mexikanischen Verbrechersyndikate wichtig.

China Bis vor kurzem wurde die in den USA verkaufte illegale Droge Fentanyl vor allem in China hergestellt. Inzwischen hat das Sinaloa-Kartell seine Chemikalienlieferanten diversifiziert und sich Indien zugewendet. Dort ist eine der größten Pharmaindustrien der Welt angesiedelt. In Südostasien und Ozeanien sind Methamphetamine inzwischen das Hauptgeschäft Sinaloas. In Afrika verfügt die Organisation über Umschlagplätze für Drogenlieferungen nach Europa. Sinaloas Finanzakteure wurden von den Fahndern in Mittel- und Südamerika über Spanien und Marokko bis nach Russland, Südafrika und Australien aufgespürt.

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Erstellt:
26. Juli 2024, 15:14 Uhr

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