Friedrich Merz in Problemen

Nervenkrieg um die Schuldenbremse: Die Grünen stellen sich quer

Ohne Grundgesetzänderungen in Sachen Schuldenbremse wird es für Friedrich Merz schwer, eine schwarz-rote Koalition zu bilden. Doch die Grünen blockieren. Jetzt wird die Zeit knapp. Über einen politischen Konflikt, der auch eine menschliche Komponente hat.

Fraktionschefinnen Dröge und Haßelmann (r.): Die Grünen lehnen die vorgelegten Pläne von Union und SPD ab.

© dpa/Kay Nietfeld

Fraktionschefinnen Dröge und Haßelmann (r.): Die Grünen lehnen die vorgelegten Pläne von Union und SPD ab.

Von Tobias Peter und Tobias Heimbach

Jetzt wird es hart. Es geht um eine wichtige politische Auseinandersetzung. Aber in alldem steckt auch eine menschliche Komponente.

Das Ziel müsse sein, eine wirkliche Reform der Schuldenbremse zu machen, so sagt es Grünen-Chefin Franziska Brantner. Eine Reform, die dem Land nicht nur Sicherheit ermögliche, sondern auch eine zukunftsfähige Infrastruktur, auch mit Blick auf den Klimawandel. Darum gehe es. Und nicht darum, Wahlgeschenke von Union und SPD zu finanzieren.

Dann fällt der Satz, der vielen in der CDU weh tun dürfte. „Wolfgang Schäuble würde sich im Grabe umdrehen, wenn er sehen würde, wie seine Partei die Schuldenbremse reformieren will, um Steuergeschenke damit zu finanzieren“, sagt Brantner mit Blick auf den früheren Bundesfinanzminister.

Ein bisschen verkehrte Welt

Die Grünen sind sauer. Sie fühlen sich von Unionsfraktionschef Friedrich Merz übergangen, der sich mit der SPD auf Änderungen der Schuldenbremse verständigt hat. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagt, Merz habe verkündet, das Finanzpaket unverändert in den Bundestag einzubringen. „Was er dabei übersehen hat, ist, dass man für eine solche Operation Zwei-Drittel-Mehrheiten braucht“, sagt Haßelmann trocken.

Es ist ein bisschen verkehrte Welt. Die Union hat vor der Wahl noch verkündet, zusätzliche Mittel für die Bundeswehr am liebsten beim Bürgergeld einsparen zu wollen. Über die Schuldenbremse wollte Kanzlerkandidat Friedrich Merz am liebsten erst ganz am Ende reden. Wenn überhaupt.

Die Grünen haben vor der Wahl klargemacht: Es braucht eine Reform der Schuldenbremse. Für mehr Verteidigungsausgaben. Für Investitionen in die Infrastruktur und den Klimaschutz. Nun könnte es sein, dass sie eine schnelle Reform erst einmal verhindern. Denn für eine Grundgesetzänderung werden sie gebraucht. Ohne sie gibt es im alten, sich noch im Amt befindlichen Bundestag keine Zwei-Drittel-Mehrheit. Und: Kommt diese Mehrheit jetzt nicht zustande, wird es im neuen, bereits gewählten Bundestag noch komplizierter. Dann bräuchte es für eine Grundgesetzänderung auch Stimmen der Linken.

Verkehrte Welt ist es auch, weil die Grünen lange als die staatstragendste Partei galten – die sich zwar anfangs oft ein bisschen ziert, aber am Ende doch mitmacht. Das ist auch jetzt nicht vollkommen ausgeschlossen. Aber die harten Worte klingen nicht unbedingt danach. Und sie erhalten Nachdruck dadurch, dass die Partei- und Fraktionschefs der Grünen auf der Fraktionsebene des Bundestags gemeinsam auftreten. Neben Brantner und Haßelmann sind das noch Felix Banaszak und Katharina Dröge. Die vier machen zusammen klar: Wir sind jetzt Opposition.

Und was für eine! Der Auftritt erinnert daran, wie frontal CDU und CSU sich in der vergangenen Legislatur oft gegen die Ampel gestemmt haben. Die Union wiederum ist – so sehen sie es jedenfalls bei den Grünen – noch nicht in ihrer neuen Rolle angekommen, dass sie jetzt die Mehrheiten beschaffen muss.

Inhaltlich geht es für Union und SPD um drei zentrale Punkte, die man gemeinsam mit den Grünen mit dem alten Bundestag verabschieden will: eine Ausnahme für Verteidigungsausgaben bei der Schuldenbremse, ein Sondervermögen von 500 Milliarden für Investitionen und eine Reform der Schuldenbremse der Länder.

Die vorgeschlagene Änderung der Schuldenbremse bei den Verteidigungsausgaben sieht vor, dass alle Wehr-Ausgaben in Höhe von mehr als einem Prozent der deutschen Wirtschaftskraft nicht auf die Schuldenregel angerechnet werden. Das soll den Weg freimachen für mehr Geld für Verteidigung in Zeiten, in denen die US-Präsidentschaft von Donald Trump Europa unsicherer macht.

Ist alles nur „eine Schatzkiste mit Spielgeld“?

Der zweite Vorschlag von Union und SPD umfasst ein Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur. 500 Milliarden Euro wollen sie für Stromnetze, Schienen, neue Brücken, Schulgebäude und den Wohnungsbau bereitstellen. Doch die Grünen kritisieren, Union und SPD wollten für sich „eine Schatzkiste mit Spielgeld“ schaffen. Ihre Befürchtung: Alle Investitionen sollen aus dem 500-Milliarden-Topf bezahlt werden. Die Mittel, die dadurch im regulären Haushalt frei werden, könnten Union und SPD für Wahlversprechen wie eine Ausweitung der Mütterrente, eine höhere Pendlerpauschale und eine gesenkte Mehrwertsteuer für die Gastronomie ausgeben.

Der dritte Punkt betrifft vor allem die Bundesländer. Sie haben aktuell die strengste Schuldenbremse, dürfen sich außer in Notlagen überhaupt nicht verschulden. Mit der Reform könnten sie pro Jahr Kredite in Höhe von 0,35 Prozent ihrer Wirtschaftskraft aufnehmen.

Für Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil steht viel auf dem Spiel. Wenn sie ihren finanziellen Spielraum nicht vergrößern, werden sie Probleme haben, sich auf eine Koalition zu verständigen. Geschweige denn, erfolgreich zusammen zu regieren. Die Grünen wiederum sagen, sie seien zu einer richtigen Reform der Schuldenbremse bereit – am liebsten dann im neuen Bundestag. Das würde aber alles verzögern. Und die Dinge erheblich erschweren.

Union und SPD versuchen dennoch, sich erst einmal möglichst gelassen zu geben. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagt: „Das wird nicht das letzte Wort der Grünen sein.“ Das ist möglich. Aber das entscheidet nicht er.

Zum Artikel

Erstellt:
10. März 2025, 16:44 Uhr
Aktualisiert:
10. März 2025, 16:56 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen