Neue Pläne fürs Naturparkzentrum

Die Stadtverwaltung Murrhardt stellt ihr Konzept für einen Umzug des Naturparkzentrums ins Bahnhofsgebäude vor. Das Haus müsste saniert werden. Die Kosten sollen über Fördergelder und Mieteinnahmen gedeckt werden. Die Finanzierung sehen einzelne Gemeinderäte kritisch.

Nun wird die Idee weiterverfolgt, den Bahnhof zur neuen Heimat des Naturparkzentrums zu machen. Fotos: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Nun wird die Idee weiterverfolgt, den Bahnhof zur neuen Heimat des Naturparkzentrums zu machen. Fotos: Stefan Bossow

Von Christine Schick

Murrhardt. Im Jahr 2019 hat die Stadt Murrhardt das Bahnhofsgebäude erworben, um selbst entscheiden zu können, was mit der Immobilie geschieht. Auch Sulzbach an der Murr und Oppenweiler sowie Fichtenberg (Kreis Schwäbisch Hall) sind diesen Weg gegangen, wie Bürgermeister Armin Mößner in der jüngsten Gemeinderatssitzung in Erinnerung rief, bei der die Verwaltung ihre Idee für die Zukunft des Gebäudes vorstellte. Momentan sind dort Flüchtlinge untergebracht, ein Busunternehmen hat Räume im Erdgeschoss als Aufenthaltsraum für seine Beschäftigten angemietet, über das zugehörige Grundstück erhält die Stadt zudem Miet- und Pachteinnahmen eines gastronomischen Betriebs, was die Kosten der Liegenschaft insgesamt deckt. „Finanziell brennt da nichts an“, sagte Mößner. „Aber wir sollten uns überlegen, was wir aus dem Gebäude machen wollen.“

Räume fürs Naturparkteam zu knapp

An dieser Stelle kommt das Naturparkzentrum ins Spiel, das seinen Sitz am Marktplatz hat. Dort befinden sich die Geschäftsstelle, die Naturparkausstellung und die Tourist-Info der Stadt Murrhardt. Mittlerweile hat sich bei der personellen Ausstattung des Naturparks einiges getan, aus ursprünglich 1,5 Stellen zum Start des Zentrums 2004 in Murrhardt sind in den letzten Jahren sechs Vollzeitstellen und eine Teilzeitstelle geworden. „Insofern gibt es räumliche Engpässe, Teammitglieder wechseln sich mit Homeoffice und Präsenz ab“, so Mößner. Es entstand die Idee, dass das Bahnhofsgebäude die neue Heimat des Naturparkzentrums werden könnte. Im Obergeschoss sei genug Platz für die Büroräume des Teams, es gebe deutlich mehr Zimmer, so der Bürgermeister. Das Erdgeschoss ließe sich für die Naturparkausstellung nutzen, die neu konzipiert werden soll und dort, anders als am jetzigen Standort, barrierefrei zugänglich wäre. Da das Naturparkzentrum vom Land getragen wird, zeichnet es für die räumliche Situation verantwortlich, sprich kommt für die Mietkosten auf, die in diesem Fall neu abgesteckt und ausgehandelt werden müssten. Die Wohnung im zweiten Obergeschoss soll vermietet bleiben.

Bahnhof liegt im Sanierungsgebiet

Die Voraussetzung für diese Pläne ist eine Sanierung des Gebäudes, deren Kosten sich nach der ersten Schätzung eines Architekten auf 1,8 bis zwei Millionen Euro belaufen. Von Vorteil ist, dass das Haus im Sanierungsgebiet „Bahnhof/östlich Klosterhof“ liegt und sich die Instandsetzung nach Einschätzung der Stadt mit einem Satz von 51 Prozent fördern lässt. Bleiben rund 980000 Euro, die über die Gesamtmieteinnahmen finanziert werden sollen. Dafür hat die Verwaltung einen Zeitraum von 20 bis 25 Jahre angesetzt. In Gesprächen hat die Stadt beim Land, in diesem Fall Vermögen und Bau, vorgefühlt, ob ein Umzug und ein neuer Mietvertrag vorstellbar sind, und positive Signale erhalten, so Mößner, auch wenn die Konditionen noch auszuhandeln sind. Der neue Standort hat mit Blick auf Touristinnen und Touristen und den Bahnhof als Ankunftspunkt für den Bürgermeister Charme, wobei die städtische Tourist-Info am Marktplatz bleiben soll, um im Zentrum mit Beratung und Service präsent zu sein. Was mit den Räumen im Gebäude nach einem möglichen Umzug geschieht? Diese würde die Verwaltung nutzen, um eigene räumliche Engpässe weiter zu entzerren – das Gebäude am Marktplatz gehört der Stadt.

In der Diskussion zum Vorhaben wurde vor allem um die Frage der Finanzierung gerungen. Mario Brenner (CDU/FWV) bestätigte, dass die Idee Charme habe, er aber die Refinanzierung plus Zinsen mittels der Mieteinnahmen über besagten Zeitraum nicht für realistisch halte. Angesichts der vielen weiteren Aufgaben wie Turnhallenneubau und Infrastrukturprojekte sei es nicht der richtige Zeitpunkt, um eine Million Euro in die Hand zu nehmen.

Für Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen) überwogen die Pro-Argumente. Zwar wäre es ihm noch lieber gewesen, wenn im Bahnhof eine Gastronomie eingezogen wäre, „aber diese Pläne haben sich ja zerschlagen“. Der neue Vorschlag habe den Vorteil, dass das Gebäude in öffentlicher Hand bleibt und das Naturparkzentrum Anlaufstelle für Touristen aus dem Raum Stuttgart sein könne, sofern sie nicht dem gegenwärtigen Bahnchaos zum Opfer fallen. Mit Corona habe der Urlaub in der näheren Umgebung Aufwind bekommen und insofern halte er diese Lösung für richtig. Viele andere Möglichkeiten gebe es nicht, auch wenn der finanzielle Einwand von Mario Brenner berechtigt sei.

Frage nach dem weiteren Vorgehen

Auch für Edgar Schäf (SPD) ist die vorgeschlagene Lösung mit Vorteilen verbunden: eine sinnvolle Nutzung für das prägnante und prägende Gebäude der Stadt, die Verbesserung der Raumsituation des Naturparkteams und die Einrichtung einer Ausstellung, die barrierefrei zugänglich ist, sowie die finanzielle Hilfe bei der Sanierung durch die Fördergelder. Insofern ist der Vorschlag für ihn die Ideallösung.

„Ich halte das für eine grundsätzlich gute Lösung“, sagte Wolfgang Hess (UL), auch wenn er noch lieber eine Gastronomie am Standort gesehen hätte. Der Knackpunkt lag für ihn in der Frage des Vorgehens. Werde die Stadt gleich sanieren oder steige man erst dann in die Instandsetzung ein, wenn die Vermietung ans Land gesichert sei? Letzteres bestätigte Mößner. Georg Devrikis (CDU/FWV) machte deutlich, dass ihm die Vorlage und Berechnung zu Sanierungskosten und Gegenfinanzierung zu ungenau seien. Andere müssten da einen exakten Businessplan vorlegen. Er wünsche sich angesichts der Ausgaben von knapp einer Million Euro detailliertere Angaben, sonst müsse man dies ins Blaue hinein entscheiden.

Tourist-Info soll am Marktplatz bleiben

Bürgermeister Armin Mößner verteidigte Vorlage und Vorgehen – es handle sich nicht um ein fertiges Projekt, sondern um die Frage, ob man die Idee weiterverfolgen wolle. Mit Blick auf eine Gastwirtschaft als favorisierte Lösung sagte er, dass er es für äußerst schwer halte, einen Investor im Gastronomiebereich zu finden. Natürlich müsse man im weiteren Verlauf des Vorhabens noch eine genaue Kostenaufstellung machen, auch der Mietvertrag müsse ja noch ausgehandelt werden. Schon ein komplett fertiges Konzept mit detaillierten Aufstellungen auszuarbeiten, in das zig Arbeitsstunden fließen, bevor klar sei, wie der Gemeinderat dazu stehe, halte er nicht für zielführend. Ralf Nentwich (MDAL/Die Grünen) merkte an, dass ihn ein Punkt des Vorschlags irritiert habe, nämlich, dass die Tourist-Info im Gebäude am Marktplatz 8 bleiben soll, da diese für ankommende Touristen ja ein guter Anlaufpunkt sei. Mößner hält den Standort der städtischen Einrichtung am Marktplatz aber für richtig.

Mit seiner Aussage, dass es sich beim jetzigen Beschluss nicht um eine Grundsatzentscheidung handle, sondern um das Weiterverfolgen einer Idee, und dass nach der Vorlage entsprechender Zahlen neu entschieden oder die Reißleine gezogen werden könne, konnte die Mehrheit leben. Dem Verwaltungsvorschlag stimmten 13 Mitglieder des Gemeinderats zu, es gab drei Gegenstimmen und eine Enthaltung. Damit verbunden ist eine Ausschreibung der Architektenleistungen zur Sanierungsplanung, die Innenraumplanung und Aushandlung eines möglichen Mietvertrags mit dem Land sowie die Anmeldung des Vorhabens im Landessanierungsprogramm. Die Ergebnisse dieser Punkte werden dem Gemeinderat wieder zum Beschluss vorgelegt.

Team und Ausstellung könnten umziehen, die Tourist-Info als explizit städtische Dienstleistung soll aber im Gebäude am Marktplatz, noch Sitz des Naturparkzentrums, bleiben.

© Stefan Bossow

Team und Ausstellung könnten umziehen, die Tourist-Info als explizit städtische Dienstleistung soll aber im Gebäude am Marktplatz, noch Sitz des Naturparkzentrums, bleiben.

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Erstellt:
15. Juli 2023, 06:00 Uhr

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