Neue Unterstützung auf vier Rädern
Bei der Freiwilligen Feuerwehr Murrhardt ist vor einigen Tagen das jungfräuliche Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug 20 eingetroffen. In der Zwischenzeit machen sich die rund 20 zuständigen Einsatzkräfte mit der neuen Technik vertraut. Ab heute geht der neue Helfer an den Start.
Von Christine Schick
Murrhardt. Es glänzt noch fabrikfrisch und der Geräteraum des neuen Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeugs 20, kurz HLF, ist auch etwas größer als der des etwas älteren Kollegen, der nebenan in der Fahrzeughalle der Freiwilligen Feuerwehr Murrhardt steht. Kommandant Stefan Krehan, sein Stellvertreter Marc Schmid und Niklas Eilers, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, sind froh, dass der Abschluss des Projekts rund um den neuen technischen Helfer auf vier Rädern nun in greifbare Nähe rückt. Die Arbeit für die Ersatzbeschaffung, wie es verwaltungstechnisch heißt, also der Austausch eines älteren durch ein neues Fahrzeug, währt nämlich bereits über zwei Jahre. Im zuständigen Feuerwehrausschuss (Beschaffung) hieß es zunächst zu beraten, was für das neue HLF alles wünschenswert und zu beachten ist. Es folgten Vorführungen entsprechender Fahrzeuge und eine enge Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und Kämmerer Matthias Glassl, um die europaweite Ausschreibung in Eigenregie stemmen zu können. Mit dem Beschluss des Gemeinderats im November 2021 konnten sich dann die beauftragten Firmen an die Arbeit machen. Ein bisschen Geduld war also angesagt. „Hintergrund ist die lange Lieferzeit für das Fahrzeuggestell“, sagt Stefan Krehan. Nicht von Nachteil ist angesichts der enormen Kostensteigerungen allerdings, dass die rund 430000 Euro für das neue Fahrzeug seit Langem feststehen. Dass das alte HLF nach relativ exakt 25 Jahren von einem neuen ersetzt wird, entspricht dem Feuerwehrbedarfsplan und den technischen Empfehlungen, solch eine Stabübergabe erfolgt aber teils auch später. „Meist sind wir mit den Fahrzeugen auch noch länger unterwegs“, sagt Stefan Krehan.
Niklas Eilers zeigt die Fahrerkabine, die mit einer ganzen Reihe an Sicherheitstechnik wie einem Abbiegeassistenten und dem Hinweis auf den toten Winkel oder einem Stabilitätssystem bei durchdrehenden Rädern ausgestattet ist und in der nach und nach die rund 20 zuständigen Fahrer für eine Schulung Platz nehmen werden. „Neben der deutlich helleren LED-Beleuchtung unterstützt auch eine sehr klar strukturierte Menüführung für die Wasserpumpe am Heck des Fahrzeugs den Maschinisten bei der Bedienung im Einsatz“, erläutert Krehan. Ebenfalls neu ist eine sogenannte Rettungsplattform. Die beschreibt der Kommandant als ein Gerüst mit aufklappbarer, kleiner Treppe, über die sich beispielsweise bei einem Unfall leichter auf Lkw-Höhe steigen oder bei einem Zimmerbrand nach oben kommen lässt und die die Bockleiter ersetzt. Ebenfalls als Extra ist das HLF20 mit einer Akkukettensäge ausgestattet, die bei starker Rauchentwicklung – anders als die klassische Motorsäge – gute Dienste leisten kann. Eine ganze Reihe der sonstigen Ausrüstung unterliegt einem normierten Standard, wobei sich auch manches aus dem Bestand wiederverwenden lässt.
Wenn die Schulungen und Einweisungen in Kleingruppen vollzogen sind und das Fahrzeug nach der offiziellen Übergabe seinen Dienst ab Dezember antreten kann, ist für das bisherige HLF20 allerdings noch nicht Schluss. Es wird nämlich für die Fornsbacher Feuerwehr zu einem Löschfahrzeug 20 (LF) umgebaut. Das Fahrgestell ist nicht nur in einem guten und rostfreien Zustand, sondern mit der Weitergabe erhält die Feuerwehr des Murrhardter Stadtbezirks auch ein LF mit einem 2000-Liter-Tank. Bisher verfügt die Truppe mit einem 600-Liter-Tank über sehr viel weniger Kapazität, was das Ad-hoc-Löschwasser anbelangt. Zweiter Pluspunkt: Es können auch Mitglieder unter Atemschutz ausrücken. „Damit hat das Fahrzeug einfach einen höheren taktischen Wert für Fornsbach“, erklärt Krehan.
Künftig einen relativ großen Tank zur Verfügung zu haben, ist auch mit Blick in die nähere Zukunft eine vorausschauende und strategische Entscheidung. Zum einen wird die Gefahr von Waldbränden im Zuge des Klimawandels steigen, zum anderen werden Landwirte, die bisher noch mit ihren wassergefüllten Güllefässern wertvolle Unterstützung leisten können, auf längere Sicht dies nicht mehr umsetzen können. Der Hintergrund ist eine EU-Richtlinie, nach der die Gülle ab 2025 in anderer Form und mit tiefergelegter, bodennaher Technik am Fass ausgebracht werden muss. Somit fällt aber auch der Alternativeinsatz zu Löschzwecken weg, erläutert Krehan. „Vielleicht bleibt noch das eine oder andere ältere Güllefass in der Garage stehen, aber es lässt sich nicht automatisch damit rechnen“, sagt er. Wenn die Fornsbacher Feuerwehr, die bei größeren Einsätzen gemeinsam mit den Murrhardter Kräften ausrückt, also gleich Wasser dabeihat, ist dies eine gute Sache.
Zuschuss Mit der Ausschreibung hat die Feuerwehr viel Eigenleistung erbracht und der Stadt einiges an Kosten erspart. Geschätzt waren es rund 100 Stunden, die in die Ausschreibung geflossen sind. Unterstützt wird die Ersatzbeschaffung des neuen HLF20 vom Land Baden-Württemberg mit einem Zuschuss von 92000 Euro. Das Fahrzeug hat einen 2500-Liter-Tank, mit dem die Einsatzkräfte ausrücken können. Vom Feuerwehrbedarfsplan her sieht sich die Truppe jetzt gut aufgestellt. Das neue HLF20 wird nun als erstes Gruppenfahrzeug bei Hilfeleistungseinsätzen ausrücken.
Einsätze Bei den Einsätzen zeichnet sich ein gewisser Wandel ab. Zugenommen haben vor allem die Unterstützung bei Türöffnungen und die Personenrettung. Letztere bleibt voraussichtlich angesichts der verschiedenen Not- und Unfälle im Zusammenhang mit Wanderungen zu den Hörschbachwasserfällen weiterhin ein Thema. Bei den Türöffnungen spielt für Krehan die stärkere Anonymität genauso wie die Zunahme an Sicherungseinrichtungen in Haus und Wohnung eine Rolle.
Zukunft Feuerwehrfahrzeuge mit elektronischem Antrieb sind für ehrenamtlich aufgestellte Feuerwehren in der Breite noch kein Thema, erläutern Stefan Krehan, Marc Schmid und Niklas Eilers. Das hat unter anderem damit zu tun, dass sich diese nicht so frei ausstatten können wie Berufsfeuerwehren. Des Weiteren müssen neben den Kosten aber auch die geografischen Rahmenbedingungen wie starke Steigungen im Gelände bedacht werden. E-Feuerwehrfahrzeuge bringen noch mal etwas mehr auf die Waage. Berlin hat sich ein E-Feuerwehrfahrzeug angeschafft, in Stuttgart ist die Anschaffung zweier Gefährte geplant. Ob der E-Antrieb in fünf oder zehn Jahren Thema wird, wird sich weisen, so Krehan.