Noch immer Inspirationsquelle für Architekten und Designer
Kunsthistorikerin Ulla Katharina Groha skizziert in VHS-Vortrag die Geschichte des Bauhauses – Kunstschule und Bewegung gilt als Wegbereiter der Moderne

© Jörg Fiedler
Von Petra Neumann
MURRHARDT. Bis heute sind das Gedankengut und der künstlerisch-kunsthandwerkliche Ansatz, die das von Walter Gropius gegründete Bauhaus formulierte, zeitgemäß geblieben und noch immer Inspirationsquelle für Architekten und Designer. Die Kunsthistorikerin Ulla Katharina Groha fasste in ihrem Volkshochschulvortrag im Grabenschulhaus die Geschichte dieser Institution und Bewegung in einem hochspannenden Vortrag zusammen. Der Titel: „Das Bauhaus wird sich nicht beruhigen, sonst ist es keines mehr“.
Das Interieur gegen Ende des 19. Jahrhunderts war üppig, geschwungene und gedrechselte Linien, Samt mit Troddeln und Muster überall beherrschten das Wohnzimmer. Gleichzeitig gab es besonders in England eine Bewegung um den Designer William Morris (1834 bis 1896), der intensiv über neue Gemeinschaftsformen nachdachte und auch den utopischen Roman „News from Nowhere“ (Kunde von Nirgendwo) schrieb, der davon handelt, wie eine Gesellschaft uneigennützig zusammenlebt. Zusammen mit dem Philosophen John Ruskin (1819 bis 1900) gründete er das „Arts and Crafts Movement“, eine Bewegung, die dem Jugendstil sehr nahe stand.
Anders Walter Gropius (1883 bis 1969). Er ging einen entgegengesetzten Weg, weg von der Üppigkeit zu klaren Linien und Werken, die auf simplen geometrischen Grundformen aufbauten. 1919, nach dem Ersten Weltkrieg, der historisch gesehen die größten Veränderungen mit sich brachte, gründete er in Weimar die Kunstschule „Bauhaus“. Ihm schwebte vor, Kunst und Handwerk miteinander zu verbinden, um der um sich greifenden Industrialisierung das von Hand Angefertigte entgegenzusetzen. Die Entwürfe, sei es im Bereich der Textilkunst oder der Glasfenster, waren klar und schnörkellos. Besonders innovativ war man im Möbeldesign. Alles sollte praktisch und doch formschön sein. Die Küchenzeile sowie Möbel aus Stahlrohr sind Erfindungen des Bauhauses.
Zu den bedeutenden Lehrern der Schule gehörten neben Gropius Paul Klee (1829 bis 1940), der einstige Bauhaus-Schüler Johannes Itten (1888 bis 1967), Lyonel Feininger (1871 bis 1956) und Wassily Kandinsky (1866 bis 1944). Über die geometrischen Formen gelangten sie immer weiter zur Abstraktion als Weg zur geistigen Klarheit. „Doch das Bauhaus war mehr als nur eine Kunstschule. Sie war eine Lebensform und -anschauung, die sowohl die Lehrer als auch die Studenten für sich einnahm, so sehr, dass Paul Klee aus diesem Grunde das Bauhaus verließ“, erläuterte die Referentin und führte weiter aus: „Anderen Künstlern wie Oskar Schlemmer (1888 bis 1943) kam das eher zupass.“ Er ließ dort auch sein Triadisches Ballett aufführen, dessen extravagante Kostüme den Protagonisten spezifische tänzerische Bewegung aufzwangen.
Schon früh machte sich der Rechtsruck in Thüringen bemerkbar, sodass die Zuschüsse, die das Land bewilligte, immer spärlicher flossen. 1925 wurde die Einrichtung von Weimar nach Dessau verlegt. Ein großes Grundstück für den Bau der neuen Schule wurde bereitgestellt, auch gab es zahlreiche Bauaufträge. 1928 trat Walter Gropius von seinem Amt als Direktor zurück. Sein Nachfolger wurde Hannes Meyer, der sehr sozialistisch orientiert war und lieber den Volks- als den Luxusbedarf decken wollte, so Groha. Nunmehr sollten die Produkte seriell angefertigt werden. Aufgrund seiner politischen Einstellung wurde er zwei Jahre später fristlos entlassen, um die Idee des Bauhauses trotz des gravierenden Rechtsrucks zu retten.
Sein Nachfolger wurde der Architekt Ludwig Mies van der Rohe (1886 bis 1969), doch bereits 1932 bewirkte die NSDAP eine Schließung, und 1933 löste sich das Bauhaus unter diesem Druck selbst auf.
„Der Einfluss des Bauhauses ist jedoch bis auf die heutige Zeit spürbar, da die schlichte Gestaltung von Design und Möbel zeitlos ist und keinen Moden unterworfen“, unterstrich die Kunsthistorikerin anhand von Fotografien. Das Bauhaus gilt bis heute als der Wegbereiter der Moderne, so sehr, dass sein Name gleichsam als Synonym dafür steht.