Offenbar 300 Kilo Drogen verkauft

Ein 31-Jähriger wird am Landgericht Stuttgart beschuldigt, im großen Stil mit Betäubungsmitteln gehandelt zu haben.

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Es klingt nach einem spannenden TV-Krimi im Abendprogramm: Ein 31 Jahre alter Mann soll mit mehreren gesondert verfolgten Personen zwischen Mai 2020 und Februar 2021 im Raum Stuttgart im großen Stil mit Drogen gehandelt haben. Dem Angeklagten, dessen Prozess am Mittwoch am Landgericht Stuttgart begonnen hat, wird zudem vorgeworfen, die Beschaffung des Rauschgifts im europäischen Ausland organisiert zu haben. Selbst zu Hintermännern in Kolumbien soll der 31-Jährige, der in Bad Cannstatt und in Fellbach aufgewachsen ist, Kontakt gehabt haben.

Aufhorchen lässt die Menge an Drogen, die er mit einem „Geschäftspartner“ allein im besagten Zeitraum umgesetzt haben soll: rund 27 Kilogramm Kokain und etwa 275 Kilogramm Marihuana. Die Taterträge liegen aus Sicht der Staatsanwaltschaft bei rund zwei Millionen Euro.

Auf die Spur des Mannes sind offenbar französische Ermittler gekommen. Ihnen soll es gelungen sein, den als abhörsicher geltenden Server Sky ECC zu hacken und die darüber versendeten Nachrichten – teils in Echtzeit – mitzulesen. Der Angeklagte, der offenbar mit Benutzernamen wie Saturn, der Magier oder der Unsichtbare auftrat, soll sich dort mit dem Komplizen, der sich wohl Hannibal nannte, über anstehende Drogendeals ausgetauscht haben. Aber auch Kuriere wurden offenbar über den Kryptodienst beauftragt.

Lastwagenfahrer sollen eine vierstellige Summe erhalten haben, um die Drogen aus Ländern wie Belgien, Holland und Spanien nach Deutschland zu bringen. Der Weiterverkauf erfolgte denkbar einfach: Der Angeklagte oder sein Geschäftspartner sollen die Drogen in geparkten Autos deponiert und den jeweiligen Standort – meist im Stuttgarter Westen oder Osten – an den Käufer weitergegeben haben. Diese wiederum tauschten wohl die bestellte Ware gegen das Geld ein. Nach dem vollzogenen Deal wurde der Schlüssel offenbar wieder auf einen der Reifen zurückgelegt. Beim Verkauf von größeren Marihuana-Mengen soll es aber auch Treffen auf Parkplätzen gegeben haben.

Am 19. Dezember 2023 ist der Stuttgarter, der zu diesem Zeitpunkt mit einem europäischen Haftbefehl gesucht wurde, am Amsterdamer Flughafen Schiphol festgenommen worden. Im vergangenen März wurde er dann nach Deutschland ausgeliefert, seither sitzt er in Stammheim in Untersuchungshaft. Der 31-Jährige wird beschuldigt, in 23 rechtlich selbstständigen Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gehandelt zu haben. Darüber hinaus soll er einen Waffendeal vermittelt haben. Aus Sicht der Staatsanwaltschaltschaft hat er seinem Komplizen mehrere scharfe Pistolen mit ausgeschliffener Seriennummer aus Serbien besorgt, Stückpreis 2500 Euro. Allein rund eine Stunde lang dauerte die Verlesung der Tatvorwürfe. „Das hat man auch nicht alle Tage“, sagte Richter Rainer Gless. Er empfahl dem 31-Jährigen, der keine abgeschlossene Berufsausbildung hat und sich bis 2017 offenbar mit Gelegenheitsjobs durchschlug, eine Vorwärtsverteidigung.

Sein Komplize, der einschlägig vorbestraft war und die Taten gestanden hatte, wurde am Landgericht bereits zu einer Haftstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Sollte im aktuellen Prozess eine Verständigung stattfinden, spricht sich die Staatsanwaltschaft wohl für eine Haftstrafe von unter acht Jahren aus. Fortgesetzt wird der Prozess am Freitag, 13. September.

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Erstellt:
11. September 2024, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
12. September 2024, 22:05 Uhr

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