Offene Fragen, viele Sorgen
Umstrittener Gefangenenaustausch, Kriegstöne in der Ukraine, Terror in Nahost: Politik auf der schiefen Bahn.
Von Eidos Import
Hilflosigkeit macht sich breit. Verunsichert in Worten, Werten und Taten. Schwankend zwischen Krieg und Frieden. Orientierungs-und ahnungslos. Konfrontiert mit Überraschungen und Desinformation. Mit schwindendem Vertrauen in die politische Vernunft. Und stets verlockt, verständnislos Halt in einfachen Antworten zu suchen.
Manche werden sagen, das ist ein zu negativer Blick auf das, was sich gerade auf dieser Welt abspielt. Und dass der niemandem guten Willens hilft, bedrohliche Probleme zu lösen, schmerzhafte Kompromisse zu suchen, eskalierende Konflikte zu entschärfen. Und ja. Sie haben recht. Politik darf nicht dem Kleinmut überlassen werden, den platten Parolen von verbohrten Besserwissern. Aber dazu braucht es eine feste Überzeugung, was nicht nur pragmatisch, sondern in den Wurzeln richtig ist. Etwas, das mehr ist als eine labile Beruhigung explosiver Fronten.
Der Ruf, prinzipienfest politische Verantwortung zu tragen, mag da beliebig klingen. Aber er zielt auf das Fundament, das dem Frieden eine Überlebenschance gibt. Demokratisch legitimierte Prinzipientreue ist dabei das Leitmotiv. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – wer für diese Werte eintritt, muss bereit sein, für sie einzustehen. Mit klug kalkulierter Härte.
Immerhin: Der von langer Hand vorbereitete Gefangenenaustausch, den das russische Regime dem Westen propagandistisch abgepresst hat, zeigt trotz aller gemischten Gefühle, dass Diplomatie auch zwischen feindlichen Blöcken eine Chance hat. Das bittere Zugeständnis an ein Reich des Bösen und seine skrupellosen Täter scheint vertretbar, wenn nur so menschliches Leid beendet und abwägender Vernunft an anderen Stellen Bahn gebrochen werden kann. Was auf dem Flughafen von Ankara über die Bühne ging, war keine vertrauensbildende Maßnahme, kein Vorbild für einen weiteren erpresserischen Handel mit Mördern und ihren Handlangern. Aber es ist ein Signal, dass es unsichtbare Kontakte gibt, die einen Interessenausgleich, so schmerzhaft und fragwürdig er auch sein mag, nicht aus den Augen verlieren.
Die staatlich gesteuerte Ermordung von Hamas-Terroristen und die Kriegsführung im Gaza-Streifen sind kein israelisches Ruhmesblatt, wenn sich Recht nicht allein von der Zugehörigkeit zu einem genehmen politischen Lager ableitet. Den propalästinensischen Fernweh-Fanatikern in Berlin und anderswo fällt es leicht, da Opfer und Täter zu verwechseln. Doch auch die Anschläge der Hamas, Hisbollah und Huthis sind keine heroische Selbstverteidigung, sondern verabscheuungswürdige Gräueltaten aus niederen Motiven. Während Russland in der Ukraine verlustreich die Zerstörung eines selbstbestimmten Volkes vorantreibt, wird in Deutschland darüber theoretisiert, ob die Stationierung von US-Raketen notwendige Abschreckung oder provokantes Wettrüsten ist. Das rotäugige Bündnis Sahra Wagenknecht versucht dabei, die deutsche Haltung zum Ukraine-Krieg dumpf zum Maßstab einer Regierungsbeteiligung in Erfurt und Dresden zu machen, dem die CDU aus kleinmütig abwägender Angst vor der AfD keine knallharte Absage erteilt.
Es ist vieles auf der schiefen Bahn. Außen wie innen. Was, wenn ein Ganove tatsächlich amerikanischer Präsident wird? Welche Pläne verfolgen Israel, Iran und die verstärkte US-Kriegsflotte im Mittelmeer? Rückt ein uneiniges Europa weiter nach rechts? Will Wolodymyr Selenskyj die Ukrainer wirklich über Gebietsverluste für einen bitteren Frieden abstimmen lassen? Was hat Peking mit Taiwan vor? Und welche Zukunft hat der Standort Deutschland? Viele offene Fragen. Zu viele Sorgen.