Italienische Post
Poste Italiane wird hoch gehandelt
Einstieg bei Telecom Italia (TIM) öffnet neue Perspektiven. Und die Aktionäre der Poste Italiane können sich über Dividenden und Kurssteigerungen freuen.

© Gerhard Bläske
Die Zahl der Filialen wird nicht reduziert.
Von Gerhard Bläske
Wer 2015 Aktien der italienischen Post (Poste Italiane) gekauft hat und sie behalten hat, kann sich freuen. Der Aktienkurs hat sich seither vervierfacht und überdies sind noch Dividenden geflossen. Das ist auf den ersten Blick erstaunlich für einen Wert, der wenig sexy wirkt.
Der direkt und indirekt zu 65 Prozent staatlich kontrollierte Konzern ist an der Börse trotz der jüngsten Rückgänge mehr als 21 Milliarden Euro wert. Und von 15 Analysten empfehlen elf einen Kauf und nur einer einen Verkauf. Die Dividende für 2024 wurde gegenüber dem Vorjahr um 35 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro angehoben – aus einem Jahresgewinn von zwei Milliarden Euro.
Italienische Post arbeitet überwiegend mit Finanzgeschäften
Die Post erwirtschaftet nun zwar auch im traditionellen Geschäftsfeld Briefe und Pakete wieder ein positives Betriebsergebnis. Sie ist Kooperationen mit der DHL eingegangen und plant mit ihr mehr als 10 000 Paketstationen. Auch mit dem deutschen Logistik-Konzern Sennder gibt es eine Zusammenarbeit. Und: Der Verkauf etwa von Verträgen für Energiedienstleistungen bei der Post hat sich sehr gut entwickelt.
Doch der weitaus größte Teil der Einnahmen und des Gewinns stammt aus dem Finanz- und Versicherungsgeschäfts. Die Hälfte des Umsatzes von 6,4 Milliarden Euro sowie ein Drittel des Nettogewinns werden mit Finanzdienstleistungen erzielt. Dazu gehören Girokonten, die Vermögensverwaltung – die Verwaltung von italienischen Sparvermögen von 590 Milliarden Euro zur Refinanzierung der Staatsbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) – sowie Kreditvergaben. Weitere 15 Prozent des Umsatzes kommen aus dem Versicherungsgeschäft (Leben-, Krankenversicherung). Mit Prämieneinnahmen von 19 Milliarden Euro ist die Post eine der größten Versicherer des Landes. Das Versicherungsgeschäft ist auch die Cash Cow der Post. Die Assekuranzen steuern die Hälfte zum Gewinn bei.
Die Regierung spielt im Hintergrund eine wesentliche Rolle
Für Furore hat die Post jetzt mit der Übernahme der Anteile der mehrheitlich staatlichen Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) von 9,8 Prozent an Telecom Italia (TIM) gesorgt. Kurz darauf erwarb die Post weitere 15 Prozent, die bisher Vivendi hielt. Die Poste Italiane sind nun mit 24,8 Prozent zum größten Anteilseigner des Telekommunikationskonzerns aufgestiegen. Für dieses „strategische Investment“ hat sie knapp 850 Millionen Euro ausgegeben.
Dabei hat im Hintergrund die italienische Regierung eine wesentliche Rolle gespielt. Rom sieht Telecom Italia als strategisch an. Das Engagement der mehrheitlich staatlichen Post bei TIM wird begrüßt. Eine Aufstockung der Anteile über 25 Prozent hinaus ist derzeit nicht geplant. Denn dann müsste ein Übernahmeangebot vorgelegt und TIM, das nach wie vor rote Zahlen schreibt, konsolidiert werden.
Teilprivatisierung der Post ist auf Eis gelegt
Mit dem Einstieg bei Telecom Italia entstehen neue Perspektiven für die Post. Zunächst kann die virtuelle Mobilfunk-Tochter Poste Mobile mit ihren fünf Millionen Kunden künftig statt Vodafone- TIM-Dienstleistungen nutzen. Umgekehrt können TIM-Verträge in den fast 13 000 Post-Büros im Land verkauft werden. Weitere Kooperationen sind möglich, etwa im Bereichen der Cloud, beim Verkauf von Energiedienstleistungen, Versicherungen oder anderem. TIM hat nach Jahren der Unsicherheit einen stabilen italienischen Ankeraktionär. Und es wird darüber diskutiert, durch eine Einigung mit der französischen Iliad, die gern selbst eine Beteiligung an TIM erworben hätte, einen noch schlagkräftigeren Telekommunikationskonzern zu schaffen. Mit derzeit vier Hauptanbietern – Wind Tre, Iliad, TIM und Vodafon-Fastweb – ist der italienische Mobilfunkmarkt sehr wettbewerbsintensiv. Zur Freude der Nutzer sind die Preise sehr niedrig. Doch für die Anbieter ist die Lage schwierig.
Zahl der Geschäftsstellen wird nicht reduziert
Die vor einigen Monaten erwogene Teilprivatisierung der Post ist einstweilen auf Eis gelegt worden. Doch Rom erwägt, einen Teilverkauf. Dabei soll der Staat aber eine Mehrheit der Anteile behalten.
Interessant ist, dass die italienische Post die Zahl ihrer Geschäftsstellen nicht reduziert. Die fast 13 000 Filialen im Land werden sogar ausgebaut. CEO Matteo Del Fante, der seit 2017 an der Spitze der Post steht, will mit dem Programm Polis auch der Entvölkerung im Land entgegenwirken. Die Finanzierung des 1,2 Milliarden teuren Vorhabens erfolgt zu zwei Dritteln aus Mitteln des Europäischen Wiederaufbauprogramms NextGeneration EU.
Stiller Riese auch auf dem Land
FilialenAnders als etwa die Deutsche Post reduziert die italienische Post die Zahl ihrer Geschäftsstellen auch auf dem flachen Land nicht. Sie baut ihre Filialen im Rahmen des Projekts Polis gerade auch in kleinen Gemeinden sogar aus.
Co-Working-SpacesZiel ist es, in 7000 Geschäftsstellen in Orten mit weniger als 15 000 Einwohnern öffentliche Dokumente wie Pässe ausstellen zu können. Bisher ist das in 3200 Filialen möglich. Außerdem sind etwa 250 Co-Working-Spaces geplant. Damit bezeichnet man eine Form der gemeinschaftlichen Erledigung von Büroarbeit. Die italienische Post sieht dieses Angebot als einen Beitrag zur Entwicklung ländlicher Räume.