Falsche Todesmeldungen auf Social Media

Promis werden Opfer perfider KI-Strategie

Immer wieder tauchen auf TikTok und YouTube Schockvideos über angeblich verstorbene Prominente wie Günther Jauch oder Chris Tall auf. Was steckt hinter diesen perfiden KI-generierten Falschmeldungen?

Nach Schätzungen kann ein YouTube-Video 1 bis 2 Euro pro 1.000 Klicks einbringen.

© Dilok Klaisataporn/ Shutterstock

Nach Schätzungen kann ein YouTube-Video 1 bis 2 Euro pro 1.000 Klicks einbringen.

Von Katrin Jokic

In den vergangenen Monaten häufen sich auf Plattformen wie TikTok und YouTube verstörende Meldungen über den angeblichen Tod prominenter Persönlichkeiten. Suchanfragen wie „Fabian Kahl verstorben“ oder „Ist Günther Jauch tot?“ häufen sich.

Auch Sänger Angelo Kelly und Comedian Chris Tall wurden so bereits für tot erklärt. Diese Gerüchte entpuppen sich bei genauerem Hinsehen als Teil eines perfiden Geschäftsmodells, das gezielt auf Schockmomente und die Neugier der Nutzerinnen und Nutzer setzt, um Klicks und damit Werbeeinnahmen zu generieren.

KI-generierte Schockvideos und das Geschäftsmodell dahinter

Die Verbreitung solcher falschen Todesmeldungen erfolgt meist über Kanäle, die ausschließlich KI-generierte Inhalte veröffentlichen und Namen wie „Täglich heiße Neuigkeiten“ oder „Neueste Nachrichten“ tragen. Ein Blick auf einen dieser Kanäle macht deutlich, in welcher Masse solche falschen „Schockvideos“ produziert werden: In der ersten Novemberwoche 2024 wurden allein auf einem einzigen Kanal bereits Florian Silbereisen, Helene Fischers Ehemann, Carmen Geiss, Robert Geiss, Horst Lichter, Peter Maffay, Angelo Kelly sowie Martin Rütter für tot erklärt.

Screenshot eines YouTube-Videos, das eine Fake-Todesmeldung über Günther Jauch verbreitete. (Bild: Katrin Jokic, Screenshot vom 07.11.2024)

Solche Kanäle produzieren Videos, in denen künstlich erzeugte Stimmen die vermeintliche Todesnachricht vorlesen, begleitet von Bildern der jeweiligen prominenten Person und oft einem dramatischen Titelbild. Das Ziel dieser Clips ist klar: Sie sollen User auf die Videos aufmerksam machen und zum Klicken animieren, was den Betreibern Werbeeinnahmen bringt. Schätzungen zufolge kann ein Video auf TikTok bis zu 8 Dollar pro 1.000 Klicks einbringen, auf YouTube kann man Schätzungen zufolge mit 1 bis 2 Euro pro 1.000 Klicks rechnen.

Die Prominenten, die ins Visier solcher Kanäle geraten, sind aus dem TV, der Musikbranche oder dem Sport bekannt. Dass diese falschen Nachrichten kursieren, sorgt bei ihren Fans für Empörung und Verunsicherung. Fabian Kahl, bekannt als Kunsthändler aus der ZDF-Sendung „Bares für Rares“, musste kürzlich persönlich Stellung nehmen, um die Falschmeldung über seinen Tod zu dementieren. „Mir geht es hervorragend“, erklärte er in einem Statement gegenüber der „Bild“-Zeitung. Auch andere Prominente, darunter Stefanie Hertel und Patricia Kelly, wurden bereits Opfer solcher Fake-News.

Warum KI-generierte Falschmeldungen so erfolgreich sind

Ein Grund für den Erfolg dieser Masche liegt in der Emotionalität, die die Todesmeldungen hervorrufen. Prominente, die Teil des Lebens vieler Zuschauerinnen und Zuschauer sind, werden plötzlich für tot erklärt – eine Nachricht, die viele schockiert und zur Interaktion verleitet. Die Kommentare auf YouTube zeigen indes, dass den meisten Nutzern klar ist, dass es sich um Fake News handelt. Doch auch wütende oder empörte Kommentare steigern die Interaktionsrate eines Videos, wodurch es mehr Menschen angezeigt wird. Die beste Devise lautet bei Fake News daher: Melden und den Kanal, wenn möglich, blockieren, aber nicht interagieren.

Für die betroffenen Plattformen stellt diese Art der Falschmeldung eine Herausforderung dar. Auch wenn YouTube und TikTok Maßnahmen gegen Fake News und Deepfakes ergreifen, können viele dieser Kanäle weiter veröffentlichen, da sie oft aus dem Ausland agieren und schwer zu verfolgen sind. So wurden zwar einige Kanäle auf YouTube entfernt, doch tauchen immer wieder neue auf, die ähnliche Inhalte verbreiten.

Der Trend zu Schocknachrichten im Netz: Eine Gefahr für das Vertrauen in Medien

Die Verbreitung falscher Todesmeldungen ist kein neues Phänomen im Internet, erlebt jedoch durch die Möglichkeiten der KI eine neue Dynamik. Bereits in der Vergangenheit wurden Falschmeldungen, etwa auf Facebook, genutzt, um an persönliche Daten der User zu gelangen oder ihnen Gewinnspiele unterzuschieben. Gefälschte Todesmeldungen von Promis sind für die meisten leicht zu durchschauen, doch der Verfassungsschutz warnt nicht unbegründet vor Desinformationen im Netz. Die Grenzen zwischen Promi-Meldungen, Nachrichten und politischer Desinformation können schnell verschwimmen. Durch KI und automatisierte Content-Produktion ist die Anzahl solcher Inhalte deutlich angestiegen, was das Vertrauen in soziale Medien zusätzlich belastet.

Reaktionen und Maßnahmen: Was Prominente und Plattformen tun können

Während einige betroffene Prominente wie Fabian Kahl sich gezwungen sehen, solche Meldungen öffentlich zu dementieren, fordert dieser makabre Trend strengere Regelungen für KI-generierte Inhalte und schnellere Reaktionen seitens der Plattformen. Auch die Nutzerinnen und Nutzer sind gefragt, verantwortungsvoll mit solchen Inhalten umzugehen und nicht jede Nachricht ungeprüft zu glauben oder weiterzuverbreiten.

Bis soziale Netzwerke wie TikTok und YouTube eine wirksame Lösung gegen solche Fake News finden, bleibt es an den Prominenten und deren Fans, schnell zu reagieren und falsche Meldungen klarzustellen. In einer zunehmend digitalen Welt, in der KI einen immer größeren Teil des Medienkonsums bestimmt, wird es entscheidend sein, sowohl gesetzliche als auch technische Maßnahmen zu etablieren, um den Missbrauch solcher Technologien einzudämmen.

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Erstellt:
7. November 2024, 16:28 Uhr

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