Sexuelle Übergriffe
Prozess gegen Gérard Depardieu beginnt
Der französische Schauspieler steht an diesem Montag in Paris wegen sexueller Aggression gegen zwei Frauen vor Gericht. Und das ist nur der Anfang.
Von Stefan Brändle
Er werde bei dem Gerichtstermin erscheinen, so Depardieus neuer Anwalt Jérémie Assous im Blick auf den ersten Prozess, den die französische Kinolegende an diesem Montag zu bewältigen hat. Angeklagt ist Depardieu wegen sexuellen Aggression gegenüber zwei Frauen.
Eine der Klägerinnen, eine Dekorateurin mit Vornamen Amélie, sagte in einem Interview, die Attacke habe sich 2021 bei dem Dreh des Filmes „Les volets verts“ ereignet. Der Hauptdarsteller habe anzügliche Bemerkungen gemacht, sagte die heute 55-Jährige. So habe er einen Ventilator verlangt, da er wegen der Hitze ständig eine Erektion kriege. Später habe der 130-Kilo-Mann sie brutal gepackt und von der Hüfte bis zu den Brüsten „geknetet“. Leibwächter hätten ihn daraufhin entfernt; Depardieu habe gelacht und geschrien: „Wir werden uns wiedersehen!“
Die Anwältin der Kulissenbildnerin, Carine Durrieu-Diebolt, bezeichnete Depardieu als „Serienaggressor“ und forderte, dass der 75-jährige Franzose wegen seines Starstatus‘ keine Vorzugsbehandlung erhalte.
Depardieu hatte sich vor einem Jahr in einem offenen Brief für eventuelle Übergriffe entschuldigt. Sein Anwalt Assous nannte die Vorwürfe gegen seinen Klienten „Lügen“. Er will „Zeugen und Gegenbeweise“ liefern und wirft den Klägerinnen vor, ihnen gehe es nur um eine zivilrechtliche Entschädigung, die bis zu 36 000 Euro erreichen könne.
Die zweite Klägerin, eine Regieassistentin, hat sich bisher nicht öffentlich geäußert. Eine weitere Frau, die Schauspielschülerin Charlotte Arnould, hatte 2018 Depardieu wegen zweifacher Vergewaltigung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft verlangt deshalb einen weiteren Prozess gegen die Filmikone, die schon über 200 Filme gedreht hat.
Depardieu wird das „Monstrum“ genannt
Insgesamt werfen zwanzig Frauen dem französischen Schauspieler sexuellen Missbrauch vor. Die Vorwürfe sind zum Teil verjährt. Sie haben aber im französischen Film eine ähnliche Metoo-Bewegung wie in Hollywood ausgelöst. Die Schauspielerin Karin Viard erklärte dieser Tage, dass sich in Paris erst heute das Bewusstsein breitmache, dass die Aggressionen männlicher Protagonisten in den Filmstudios und bei Außenaufnahmen nicht „völlig normal“, sondern „völlig missbräuchlich“ gewesen seien.
Dass Depardieu so tief gefallen ist, nachdem er früher einfühlsame Rollen wie Cyrano von Bergerac gespielt hatte, verzeiht ihm das französische Publikum nicht länger. Auch ihm nahe stehende Schauspielerinnen wie Sandrine Bonnaire, Catherine Deneuve oder Carole Bouquet verteidigen ihn nicht länger. Die Pariser Medien bezeichnen ihn nicht mehr als „monstre sacré“ (wörtlich etwa: heiliges Monster), sondern nur kurz noch als „Monstrum“. Filmrollen erhält Depardieu keine mehr.