Rosenstein: Landtags-FDP will Aufklärung
Die Diskussion über die bisherigen Gleisflächen am Stuttgarter Hauptbahnhof gewinnt an Schärfe.
Von Christian Milankovic
Stuttgart - Die neuerlich aufgekommene Diskussion über die innerstädtischen Gleisflächen nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 erreicht nun auch die Landespolitik. Hans Dieter Scheerer, Verkehrspolitiker der Landtags-FDP, hat sich mit einem Schreiben an seinen Parteifreund, Bundesverkehrsminister Volker Wissing, gewandt. „Stuttgart 21 lebt von der Nutzung der durch den neuen Bahnhof frei werdenden Flächen und der städtebaulichen Entwicklung des Rosensteinviertels für die Stadt Stuttgart“, heißt es darin. Der Bau des neuen Quartiers ist aber in Frage gestellt, seit die Berliner Ampel-Koalition Ende vorigen Jahres die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufgabe von Gleisflächen verschärft hat. Stuttgarts OB Frank Nopper (CDU) macht verfassungsrechtliche Bedenken geltend und fordert eine abermalige Änderung des Allgemeinen Eisenbahn-Gesetzes (AEG). Stuttgart-21-Kritiker und Verkehrsverbände loben die Neuregelung und warnen vor einer Verwässerung.
Scheerer fordert zunächst eine rechtliche Einordnung von Wissing. „Sollten sich die Befürchtungen bewahrheiten, muss dringend gegengesteuert werden und der Paragraf 23 des AEG wieder entschärft werden“, so Scheerer in seinem Schreiben. Er erinnert an die Haltung der Südwest-FDP. „Wir brauchen keinen oberirdischen Bahnhof und haben uns als FDP-Landtagsfraktion stets für Stuttgart 21, verbunden mit einer Bebauung der ehemaligen Bahnhofsfläche, eingesetzt“. Er warnt davor, dass nach „Fertigstellung des Bahnhofs eine Brache zurückbleibt oder sogar noch Teile des oberirdischen Bahnhofs in Betrieb bleiben“ könnten.
Die Stuttgarter Immobilienbesitzervertretung Haus&Grund kommentiert die aufkommende Debatte mit scharfen Worten. In einer gemeinsamen Stellungnahme von Joachim Rudolf, Vorsitzender von Haus&Grund Stuttgart, und Ulrich Wecker, dem Geschäftsführer des Vereins, heißt es: „Ewiggestrige wittern Morgenluft, deren Zug ist aber abgefahren. Die Interessen der Stadt, der wohnbedürftigen Bevölkerung in Stuttgart sollen hier auf dem eigenen Altar der Rechthaberei geopfert werden“. Man unterstütze OB Frank Nopper in dessen Forderung, die Gesetzeslage abermals zu ändern. „Die Grünen sind inklusive ihres bahnpolitischen Sprechers jetzt gefordert, sich ganz klar, und zwar für den dringend notwendigen Wohnungsbau, zu positionieren.“
Gemeint ist damit Matthias Gastel, Bundestagsabgeordneter aus Filderstadt. Der sieht einen Erweiterungsbedarf des Stuttgarter Bahnknotens, der im achtgleisigen Durchgangsbahnhof nicht realisiert werden könne: „Die verschärfte Regelung für Entwidmungen von Bahnflächen im Allgemeinen Eisenbahngesetz eröffnet die neue Chance, sich diese möglichen Entwicklungsbedarfe endlich ernsthaft anzuschauen und nicht das gesamte Gleisvorfeld mit bahnfremden Nutzungen zu überbauen.“
Gastel räumt ein, dass nicht nur Stuttgart von der Gesetzesverschärfung kalt erwischt wurde. „Vielmehr haben wir an einigen, womöglich auch an vielen Orten in Deutschland die neue Situation, dass beispielsweise der Bau von Radwegen nicht weitergehen kann, da einige Quadratmeter gewidmeter Bahnflächen benötigt werden.“ Ohne das weiter zu konkretisieren, mahnt Gastel eine „praktikable Lösung“ an. Bezogen auf Stuttgart gehe es darum, „perspektivisch benötigte Flächen für eine Zukunftsbahn zu sichern. Dies wird absehbar nicht die gesamte Fläche des Gleisvorfeldes sein.“