Rückkehr des Ausgemusterten

Bayern-Profi Leon Goretzka feiert ein viel beachtetes Comeback im Kreis der DFB-Elf, in der er neben VfB-Mittelfeldmann Angelo Stiller auflaufen könnte.

Von Marco Seliger

Stuttgart/Dortmund - Den bisher letzten Kontakt hatte es vor fast drei Wochen gegeben. Leon Goretzka (30) war mit dem FC Bayern zu Gast beim VfB Stuttgart mit Angelo Stiller (23) – nach etwas mehr als einer Stunde kam es zur wohl entscheidenden Szene des Spiels. Goretzka nahm Stiller am Strafraum den Ball ab und erzielte das 2:1. Das Ende ist bekannt, der Rekordmeister gewann 3:1 und machte einen Schritt in Richtung des möglichen Titels.

Nun sehen sich die Mittelfeldmänner im Kreis der DFB-Elf wieder. Am Donnerstag geht es im Hinspiel des Nations-League-Viertelfinals in Mailand gegen Italien (20.45 Uhr/ARD), drei Tage später steigt das Rückspiel in Dortmund – in der Vorbereitung nun standen Stiller und Goretzka am Dienstag erstmals gemeinsam auf dem Platz auf dem Gelände von Borussia Dortmund. Gut möglich ist es, dass die beiden das auch am Donnerstag in Mailand tun. Zusammen, nebeneinander. Im Zentrum des Geschehens.

Geht es nach den Eindrücken der vergangenen Wochen und Monate, führt an Stiller und Goretzka kein Weg vorbei. Die beiden sind Stammkräfte und Leistungsträger in ihren Clubs. Stiller ist das bekanntlich schon länger, Goretzka nach langer Talsohle jetzt wieder – im Gegensatz zu den Konkurrenten um die Plätze im Mittelfeld der DFB-Elf.

So war Robert Andrich (Bayer Leverkusen) zuletzt oft verletzt oder saß auf der Bank, im vergangenen Ligaspiel beim VfB (4:3) musste er in der Abwehr aushelfen. Pascal Groß sucht wie sein Club Borussia Dortmund nach Form und Konstanz – und Aleksandar Pavlovic vom FC Bayern, von Bundestrainer Julian Nagelsmann wie Stiller als Mann der Zukunft fürs Zentrum auserkoren, leidet derzeit am Pfeifferschen Drüsenfieber. Kapitän Joshua Kimmich wiederum ist im Gegensatz zu seiner Sechser-Rolle in München im Nationalteam als Rechtsverteidiger eingeplant.

Bleiben der zuletzt regelmäßig berufene Stiller und Goretzka, dessen Nominierung für die Italien-Spiele ein Paukenschlag war. Denn sein Comeback in der DFB-Elf nach 16 Monaten Abstinenz kam trotz Goretzkas starken Leistungen zuletzt überraschend – aufgrund der Vorgeschichte rund um die Heim-EM 2024: Nagelsmann hatte den Münchner mit Blick auf die EM vor fast genau einem Jahr ausgemustert und ihn damit zu einer Art Sündenbock für die krachenden und blamablen Niederlagen im November 2023 gegen die Türkei (2:3) sowie in Österreich (0:2) abgestempelt.

Dass er den beim FC Bayern vom Verkaufskandidaten zur Stammkraft aufgestiegenen Goretzka nun wieder berücksichtigt, ist ein klares Signal des Bundestrainers, dass das Leistungsprinzip über allem steht – vor der aktuellen Nominierung musste aber aufgrund der Vorgeschichte ein klärendes Gespräch zwischen Nagelsmann und Goretzka her. „Das war mir sehr wichtig“, sagt der Coach: „Weil ich gewisse Dinge ausräumen wollte.“ Der Bundestrainer hatte „das Gefühl, dass wir beide sprechen müssen, um wieder eine gute Basis zu schaffen“.

Goretzka habe sich seine Rückkehr „sportlich verdient“, betont Nagelsmann weiter: „Wir hatten immer einen sehr, sehr guten Draht zueinander, Leon ist ein sehr reflektierter, cleverer Spieler, der die Dinge gut einschätzen kann.“ Der Mittelfeldmann selbst freut sich jetzt auf sein mögliches Comeback im DFB-Dress: Es sei „kein Geheimnis, dass ich jedes einzelne meiner Länderspiele mit großem Stolz gemacht habe und mir wünschen würde, dass noch welche dazukommen. Aber ich mache mir keinen Stress.“

Die neue Gelassenheit überrascht bei Goretzka kaum – denn den Mann dürfte kaum mehr etwas schocken im Fußballbetrieb. So schien der gebürtige Bochumer nach der Ausbootung Nagelsmanns für die EM nicht nur in der DFB-Elf keine Perspektive mehr zu haben. Auch beim FC Bayern stand der Mittelfeldspieler lange auf dem berühmten Abstellgleis. Der damalige Trainer Thomas Tuchel degradierte ihn in der vergangenen Saison erst verbal und dann sportlich. Unter Vincent Kompany sah es dann in dieser Runde zumindest sportlich zunächst nicht viel besser aus. Doch Goretzka blieb dran, zog im besten Sinne sein Ding durch, beschwerte sich nicht, gab im Training Gas – und erntet nun die Früchte seiner Beharrlichkeit.

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Erstellt:
18. März 2025, 22:24 Uhr
Aktualisiert:
19. März 2025, 21:59 Uhr

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