Selbst den Treuesten reißt der Geduldsfaden

In der momentanen Form und Besetzung erscheint die SG Sonnenhof als nicht regionalligatauglich. Stadionsprecher Tankred Volkmer findet für die Großaspacher Fußballer nach dem nächsten klar verlorenen Kellerduell und dem Abrutschen auf den vorletzten Platz (zu) deutliche Worte.

Stadionsprecher Tankred Volkmer ließ seinem Frust nach dem Spiel freien Lauf.

© Tobias Sellmaier

Stadionsprecher Tankred Volkmer ließ seinem Frust nach dem Spiel freien Lauf.

Von Uwe Flegel

Ganz die feine Art war es sicher nicht. Doch wer will es einem Altgedienten wie Stadionsprecher Tankred Volkmer wirklich verdenken, dass er nach dieser erneuten Enttäuschung der Großaspacher Fußballer im Anschluss ans letzte Regionalliga-Heimspiel des Jahres vielleicht ein wenig übers Ziel hinausschoss. Nach dem 0:4 gegen den FC Astoria Walldorf verabschiedete der Mann, der schon zu Landesliga-Zeiten in den 90ern die Stimme der SG-Sonnenhof war, die Zuschauer wie die Mannschaft und machte aus seinem Ärger kein Hehl. „Diejenigen Spieler, die keine Lust haben, für unseren Verein zu spielen, sollen sich bitte in der Winterpause einen neuen Verein suchen“, tönte es aus den Lautsprechern und endete mit: „Jetzt bin ich am besten ruhig, sonst platzt mir noch die Halsschlagader.“

Im Fautenhau weht kurz vor Weihnachten ein hörbar rauer Wind. Wundern darf das eigentlich keinen. Nach dem Debakel gegen Walldorf lautet die Bilanz aus den drei Kellerduellen in Folge: 0 Punkte, 1:12 Tore und der Absturz auf den vorletzten Platz. Sollten die Vergleiche mit Kassel, Koblenz und dem FC Astoria sogenannte Spiele der Wahrheit im Abstiegskampf gewesen sein, dann lautet die klare Erkenntnis, dass die SG Sonnenhof in der jetzigen Besetzung nicht regionalligatauglich ist. Die Partie gegen die Kurpfälzer war nur ein weiterer Beweis dafür. Der nach der Trennung von Steffen Weiß unter der Woche vom Co-Trainer zum Interims-Chefcoach beförderte Marcus Lauer wusste das vielleicht, bemühte sich aber der ohnehin völlig verunsicherten Elf nicht auch noch das letzte Körnchen Selbstvertrauen zu nehmen. Also mühte er sich, jeden Strohhalm an Positivem zu greifen, und erzählte: „Wir wussten, dass es kein Leckerbissen wird und dass wir den Kampf annehmen müssen. Das haben wir in der ersten Halbzeit getan.“ Korrekt.

Kaum Bewegung, fast kein guter Spielzug und ohne einen einzigen Torschuss

Richtig ist aber auch, dass das nur für die Defensivarbeit gilt. Denn nach vorne ging nichts. Ohne gelungenen Spielzug, mit viel zu wenig Bewegung in der Offensive und ohne einen einzigen Torschuss verabschiedeten sich die Gastgeber in die Halbzeit. Dass es trotzdem noch 0:0 hieß, lag wie gesagt am erfolgreichen Bemühen, hinten nichts anbrennen zu lassen, und am Gegner. Der war zwar spielbestimmend, fiel aber nicht unbedingt mit Zauberfußball auf.

Trotzdem reichte es den Kurpfälzern, um die Hausherren nach der Halbzeit richtig auseinanderzunehmen. Denn wie schon öfter in dieser Saison war die SG Sonnenhof vor allem geistig zu langsam, wenn es beim Gegner schnell ging. Mit drei erfolgreichen Kontern machte der FC Astoria zwischen der 54. und der 68. Minute alles klar und der sowohl enttäuschte wie ernüchterte Lauer stellte wie zuvor schon des Öfteren sein Vorgänger fest: „Da kommt das erste Gegentor und dann geht der Prozess los.“ Der Prozess, der heißt: Angst essen Seele auf.

Einmal mehr zeigte sich: Ohne erfahrene Kräfte wie Joel Gerezgiher, Nico Jüllich, Sebastian Schiek oder Mohamed Diakite geht es für den Ex-Drittligisten wohl schnurstracks in die Oberliga. Wer’s nicht glaubt, der sollte sich einfach die Statistik anschauen. Mit Kapitän Gerezgiher an Bord lag Aspach nach sechs Spieltagen noch auf Rang zwei. Seither ist der zentrale Mittelfeldspieler fast ständig verletzt und die SG sammelte in diesen 14 Spielen nur 7 Punkte. Die in Partien, in denen im Mittelfeld wenigstens Nico Jüllich oder Mo Diakite dabei waren. Fehlten auch die, dann gab’s keinen einzigen Zähler. Wie zuletzt gegen Koblenz und auch gegen Walldorf. Und weil dem ohnehin jungen Kader so offensichtlich auf dem Platz die Köpfe im Mittelfeld fehlen, sollen nun Köpfe rollen. Zumindest hat der Verein angekündigt, dass in der Winterpause nicht nur ein Trainer, sondern auch neue Spieler gefunden werden sollen.

Bis dahin muss der Klub aus dem Fautenhau allerdings noch zwei Spiele überstehen und darf hoffen, dass wenigstens Routinier Nico Jüllich nach seiner langwierigen Grippe, die ihn Kräfte und Gewicht kostete, schnell wieder fit wird. Gegen Walldorf reichte es bei ihm wenigstens für eine halbe Stunde. Nun wird sich zeigen, ob es sein Körper schafft, binnen kurzer Zeit so weit in Form zu kommen, dass der Spielgestalter auf dem Platz eine echte Hilfe sein kann.

Die noch anstehenden Aufgaben machen dafür nicht viel Mut, warten auf den Vorletzten doch zwei Titelaspiranten. Am Mittwoch steht das Nachholspiel beim Tabellendritten SSV Ulm an (19 Uhr), am vierten Adventssamstag geht’s zum Zweiten FSV Mainz 05 II. Lauer weiß, was auf seine Elf in seinen beiden restlichen Spielen als Chef auf der Kommandobrücke zukommt: „Walldorf war der Gegner, gegen den es vermeintlich am einfachsten war, zu punkten.“ Nun sei brutaler Abstiegskampf angesagt und „dafür brauchst du die Typen“. Die letzten Spiele lassen zweifeln, dass die SG genug davon hat. Zumindest Tankred Volkmer macht sich hörbar wenig Hoffnungen.

Nachdenklich, ernüchtert und enttäuscht nach seiner Premiere als Aspacher Cheftrainer: Marcus Lauer. Die erste Partie nach der Trennung von Coach Steffen Weiß brachte keinerlei Besserung. Das 0:4 gegen Walldorf war das dritte verlorene Kellerduell in Folge. Fotos: T. Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Nachdenklich, ernüchtert und enttäuscht nach seiner Premiere als Aspacher Cheftrainer: Marcus Lauer. Die erste Partie nach der Trennung von Coach Steffen Weiß brachte keinerlei Besserung. Das 0:4 gegen Walldorf war das dritte verlorene Kellerduell in Folge. Fotos: T. Sellmaier

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Erstellt:
13. Dezember 2021, 11:30 Uhr

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