Strategiepapier für die Bundestagswahl
So will die SPD die Steuern senken – und die Wahl gewinnen
95 Prozent der Steuerzahler sollen laut einem Strategiepapier nach der Wahl 2025 entlastet werden. Auch das Thema Mindestlohn spielt eine Rolle. SPD-Chef Klingbeil betont, die SPD wolle erneut stärkste Kraft werden – vor der Union.
Von Tobias Peter
Eine Entlastung von 95 Prozent der Steuerzahler und eine Politik zur Stärkung der deutschen Industrie: Das sollen Schwerpunkte der SPD im Bundestagswahlkampf 2025 sein. „Wir wollen gewinnen“, sagte Parteichef Lars Klingbeil zum Auftakt einer zweitägigen Vorstandsklausur im Willy-Brandt-Haus. „Unser Ziel ist, dass in zwölf Monaten bei der Bundestagswahl die SPD als stärkste Kraft vom Platz geht. Dass wir weiter den Bundeskanzler stellen.“ Die Frage an die Bürgerinnen und Bürger werde sein, ob sie Olaf Scholz oder den Unions-Kandidaten Friedrich Merz als Bundeskanzler wollten.
Inhaltlich stand bei der Klausurtagung eine sechsseitige Beschlussvorlage im Zentrum, in der schon einige wichtige Punkte für die Kampagne im Jahr 2025 abgesteckt werden. Ein zentraler Punkt ist dabei eine Steuerreform, die vor allem die arbeitende Mitte entlasten soll. Die SPD wolle „die große Mehrheit der Steuerzahlenden (etwa 95 Prozent) entlasten und dafür die höchsten 1 Prozent der Einkommen etwas stärker in die Verantwortung nehmen“, heißt es in dem Strategiepapier. „Damit kurbeln wir die Wirtschaft von unten aus der Mitte der Gesellschaft an“, wird weiter ausgeführt.
Das Ampel-Problem
Eine solche Reform ist schon länger Teil sozialdemokratischer Programmatik, war und ist aber in der Ampelkoalition nicht möglich. Denn die FDP hatte es von Anfang an zur Bedingung für das Bündnis gemacht, dass es keine Steuererhöhungen geben dürfe. Ohne Erhöhung bei den Einkommen ganz oben lassen sich Entlastungen für die anderen aber kaum gegenfinanzieren.
Ein weiteres Thema, mit dem die SPD im Wahlkampf punkten möchte, ist der Mindestlohn. „Es spricht viel dafür, dass der Mindestlohn zügig und schrittweise auf 15 Euro steigt“, heißt es in dem Papier. „Das ist gerecht und erhöht die Kaufkraft in Deutschland.“
Die Formulierung „es spricht viel dafür“ ist zwar einigermaßen vage, doch SPD-Chef Klingbeil stellte auf Nachfrage klar: In der SPD gebe es zunächst die Erwartung, dass die Mindestlohnkommission aus Arbeitgebern und Gewerkschaften im kommenden Jahr die Weichen für eine deutliche Erhöhung stelle. Geschehe dies nicht, werde das Thema wieder stärker politisiert. Das dürfte bedeuten: Stellen die Arbeitgeber sich quer, könnte die SPD auf eine weitere Erhöhung durch eine Entscheidung des Gesetzgebers setzen – wie schon bei der Erhöhung auf 12 Euro nach der Bundestagswahl 2021.
Es wird ein wichtiger Teil der SPD-Wahlstrategie sein, Unions-Kanzlerkandidat Merz als unsozial zu attackieren. Die SPD will aber zugleich auch als die Partei gesehen werden, die am besten Arbeitsplätze in Deutschland sichern kann. Das ist – angesichts der derzeitigen Wirtschaftskrise – ein ehrgeiziger Plan.
Die Sozialdemokraten wollen auf Industriepolitik setzen. Die hohen Strompreise sollen stärker abgefedert werden. Eine Kaufprämie für E-Autos soll geprüft werden. Eine pauschale Senkung von Unternehmenssteuern lehnt die SPD als „zu wenig zielgenau“ ab. Stattdessen will sie „Made in Germany“ dadurch stärken, dass sie Superabschreibungen und Steuerprämien für Unternehmen an Investitionen und gute Arbeitsplätze am Standort Deutschland knüpft. „Wer in Deutschland investiert, erhält steuerliche Vergünstigungen.“
Die Schulden-Frage
Ein Unterscheidungsmerkmal zur Union soll dabei auch sein, dass die SPD eine Änderung der Schuldenregeln anstrebt. Im Papier ist dabei von einer „zielführenden Reform“ die Rede, die mehr Investitionen ermöglichen soll. In der CDU gibt es aus den Ländern Wünsche nach Veränderungen bei der Schuldenbremse, Unions-Fraktionschef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz stellt sich bislang jedoch quer.
„Wir wissen, welch harte Strecke das in den nächsten zwölf Monaten ist“, räumt SPD-Chef Klingbeil mit Blick auf den Wahlkampf und die derzeitigen Umfrageergebnisse ein. Die Union liegt laut Infratest Dimap derzeit bei 31 Prozent, die SPD bei 16 Prozent. Einen formellen Beschluss zur Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz soll es bei der Klausur nicht geben. Die offizielle Nominierung ist für den nächsten Parteitag im Juni 2025 geplant.