Daniel Günther im ZDF-Talkformat Markus Lanz

„Söder führt Diskussion mit sich selbst“

Im ZDF-Talk am Dienstagabend werden österreichische Verhältnisse für Deutschland befürchtet und Daniel Günther, Ministerpräsident in Kiel, schießt sich auf seinen CSU-Kollegen in München ein.

Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein kann sich das  Österreich-Szenario für Berlin so nicht ausmalen. (Archivbild)

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Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein kann sich das Österreich-Szenario für Berlin so nicht ausmalen. (Archivbild)

Von Christoph Link

Die Analyse der österreichischen Journalistin Corinna Milborn war messerscharf und die Runde beim Talk-Format Markus Lanz am Dienstagabend im ZDF hörte aufmerksam zu. Wie in Wien die Koalitionsverhandlungen der bürgerlichen Parteien ÖVP und SPÖ am Ende an „Kleinigkeiten“ gescheitert seien („Das wollen Sie gar nicht hören“) wie dem Pensionsalter, einer vermögensbezogenen Steuer und einer Bankenabgabe. Und dass das politische System des Landes lange funktioniert habe, aber jetzt brösele und mit Herbert Kickl stehe nun jemand vor den Toren der Macht, der, anders als rechte FPÖ-Figuren wie Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache – gänzlich uneitel sei und auch gar nicht auf die bürgerliche Anerkennung schiele: „Er ist ein Stratege, er hat einen Plan und ist daher auch kein Wolf im Schafspelz.“

Man müsse nur seine Parteiprogramme lesen, um zu wissen, woran man sei. Droht Deutschland nun – spätestens bei der übernächsten Bundestagswahl 2029 – ein ähnliches Polit-Schicksal wie Österreich, mit einer noch mächtigeren AfD?

Söder macht die Ansage

Drei der vier geladenen Studiogäste wollten das nicht ausschließen und die Journalistin Kristina Dunz vom „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ meinte, wenn die demnächst zu wählende Regierung so weitermache wie die zerbrochene Ampel-Regierung, sei man schnell an einem Punkt, wo die AfD noch stärker werde.

Dunz nannte übrigens einen Politiker, den sie für diese Entwicklung in Mithaftung nehmen würde: Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Söder schließe Koalitionen der Union nicht nur mit der AfD, sondern auch mit demokratischen Parteien wie Grünen, Linken und BSW aus: „Söder schreibt Friedrich Merz eigentlich eine Große Koaliton mit der SPD vor – das können die Wähler nicht mögen.“

Kleinkariert in Wien

Allein Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, konnte sich das düstere österreichische Szenario für Berlin so nicht ausmalen: „Die Sorge ist unbegründet.“ Dass die Parteien in Österreich „kleinkariert“ auf ihr Parteiprogramme geblickt hätten und keine Koalition bilden konnten, das sei „bitter“, es sei aber auch ein Zeichen dafür, dass Politiker die Bereitschaft haben müssten, Verantwortung zu übernehmen und das habe ja ähnlich auch bei der Ampel-Regierung gefehlt.

Der Schwesterpartei der Union, der ÖVP, die sich vor kurzem noch sehr scharf von Herbert Kickl distanziert hatte und jetzt mit ihm zusammenarbeiten will, warf Günther „Wortbrüchigkeit“ vor.

Günther: Zusammenarbeit von Union mit AfD unvorstellbar

Dass auch die Union eines fernen Tages trotz aller Ausschlussbeschlüsse mit der AfD – die noch radikaler sei als die ÖVP - zusammenarbeite werde, das sei aber unvorstellbar.

Den Hinweis von Marc Felix Serrao, Büroleiter der „Neuen Züricher Zeitung“ in Berlin, dass die CDU auf Länderebene auch mit dem Bündnis von Sahra Wagenknecht zusammenarbeite, die früher von Merz mal als links- und mal als rechtsextrem bezeichnet wurde, ignorierte Günther geflissentlich. Dafür schoss er sich auf Markus Söder ein, nachdem er die Analyse von Kerstin Dunz, dass die CSU mit Grünen-Bashing Wählerstimmen sammle und es „dem Herrn Söder immer nur um den Herrn Söder“ gehe und nicht um das Gesamtergebnis der Union, kopfnickend gebilligt hatte.

„Markus Söder führt die Diskussion mit sich selbst“, sagte Günther. Der CSU-Chef stelle sich mit seiner eigenen Position als „Fels in der Brandung“ dar und beschreibe dann eine Gegenposition, die es gar nicht gebe. So behaupte er beispielsweise, dass „alle in der CDU für die Grünen“ schwärmten. Das stimme aber gar nicht. Man müsse in der Lage sein, mit jeder demokratischen Partei Gespräche zu führen.

Günther selbst regiere mit den Grünen in Kiel, was aber Kritik an den Grünen nicht ausschließe. So habe Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein Heizungsgesetz erlassen, dass ein „Stimmungskiller“ gewesen sei und „die Leute von der Demokratie weggebracht hat“.

Kritik an der „Welt“

In den Wahlkampf hinein spielte auch der Gastbeitrag von Elon Musk in der „Welt“, in der der Milliardär und Trump-Vertraute eine Wahlempfehlung für die AfD aussprach. Für die meisten in der Runde war es problematisch, dass eine seriöse Zeitung wie die „Welt“ einen Beitrag bringt, in dem Deutschland „als am Ende“ befindlich und „runter gewirtschaftet“ beschrieben wird, so Kristina Dunz. „Eine falsche Analyse“, für die auch eine gleichzeitig erschienene redaktionelle Gegenposition nicht genügend Gewicht habe.

Die Journalistin Dunz spricht sich generell gegen Wahlempfehlungen von Unternehmern, Organisatoren oder Gewerkschaftern in unabhängigen Medien aus – was auch ihre etwas vage Antwort auf die Frage von Markus Lanz war, ob die Aufregung in Deutschland über Musks Artikel denn auch so groß gewesen wäre, wenn Bill Gates beispielsweise eine Wahlempfehlung für die Grünen in einer deutschen Zeitung herausgegeben hätte.

Milborn: Lieber über Plattform „X“ diskutieren

Verwundert äußerte sich die Österreicherin Milborn darüber, dass in Deutschland immer noch über diesen vor zehn Tagen erschienen Gastbeitrag diskutiert werde. Man möge doch lieber über die Plattform „X“ von Elon Musk – vormals Twitter – selbst diskutieren, ein Medium, dass „im Sekundentakt“ Rassismus verbreite, Wahlwerbung für die AfD mache und mit Beiträgen die Demokratie zerstöre.

„Wahnsinnige“ Pläne von Trump

Die Fernwirkung der USA mit Trump an der Spitze wird auch in Talkrunden zum täglichen Topthema. Als „erratisch und wahnsinnig“ hat Markus Lanz beschrieben, was Donald Trump am Donnerstag vor der Presse in Mar-a-Lago verkündet hatte: militärische Gewalt gegen Panama wegen des Kanals und Grönland ist nicht ausgeschlossen, fünf-Prozent-Ziel für die Verteidigungsausgaben der Europäer.

Erstaunlich gelassen kommentierte der zugeschaltete USA-Korrespondent Elmar Theveßen die Lage: Das seien Zeichen für eine „sehr expansionistische Außenpolitik, die einem Sorgen machen kann“, aber auch Polen schaffe übrigens das Fünf-Prozent-Ziel und allgemein sei es so, dass Trump Maximalforderungen aufstelle, um etwas durchzusetzen.

Er wolle ja auch elf Milliarden illegale Einwanderer hinauswerfen, sagte Theveßen, obwohl das der Wirtschaft der USA massiv schaden würde und er wolle Militär gegen Verbrecher einsetzen. Man stehe vor einer „wilden und turbulenten Zeit“, so Theveßen, man müsse abwarten, ob die Institutionen in den USA – namentlich die Gerichte – das „Unwesen“ stoppen könnten.

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Erstellt:
8. Januar 2025, 07:26 Uhr

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