Special Olympics World Games: Rems-Murr-Trio auf dem Weg zu Edelmetall

Inklusion im Sport (3) Zwei Männer und eine Frau aus dem Kreis haben es geschafft, sich in der Leichtathletik sowie im Radfahren für die Special Olympic World Games zu qualifizieren. Nun hoffen sie in Berlin auf viel Spaß, viele Zuschauer und vor allem auf ein tolles Erlebnis.

Sind gewappnet für die weltweit größte Sportveranstaltung für geistige und mehrfache Behinderte Menschen: Mika Burk, Corinna Frank und Martin Baum (von links). Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Sind gewappnet für die weltweit größte Sportveranstaltung für geistige und mehrfache Behinderte Menschen: Mika Burk, Corinna Frank und Martin Baum (von links). Foto: Tobias Sellmaier

Von Uwe Flegel

Heute gehts los für Corinna Frank, Mika Burk und Martin Baum. Das Trio macht sich auf den Weg nach Berlin und startet dort vom 17. bis 25. Juni bei den Special Olympic World Games. Für die drei ist die Reise an die Spree aber kein Touristenausflug. Für sie gehts in der deutschen Hauptstadt in der Leichtathletik und im Radfahren um Gold, Silber, Bronze – oder Kupfer. Das erhalten die Teilnehmer für die Plätze vier bis acht.

Corinna Frank, die in Berlin im Einzelzeitfahren über zwei Kilometer und beim 5-Kilometer-Straßenrennen startet, sind es bereits die zweiten World Games. Sie war schon vor vier Jahren in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) am Start. „Das war ein super Erlebnis“, erzählt sie. Auf ein solches freut sie sich auch jetzt, wenn die World Games in ihrer 55-jährigen Geschichte das erste Mal in Deutschland stattfinden. Besonders nervös ist sie deshalb aber nicht, denn „mir macht das Spaß“.

Im Vorjahr bekam das deutsche Team bereits einen Vorgeschmack

Sich und ihren Sport vor möglichst vielen Zuschauern zu präsentieren, das ist einer der Punkte, die Corinna Frank mit Mika Burk und Martin Baum gemeinsam hat. Sie wollen einerseits ihren Sport betreiben und hoffen andererseits, dass sie damit auch die Menschen erreichen und diese ihnen zuschauen, wenn sie wie Martin Baum und Corinna Frank (beide von der Diakonie Stetten) bei den Radrennen vom Brandenburger Tor auf der Straße des 17. Juni bis zur Siegessäule fahren oder wie beim 5-Kilometer-Rennen mit einem Schlenker wieder dorthin zurückeilen, wo vor 34 Jahren noch die Trennlinie zwischen West- und Ostberlin verlief. „Die Strecken sind sehr schön“, erinnert sich Martin Braun an die nationalen Spiele im vergangenen Jahr, bei denen sich die drei Waiblinger für die World Games qualifizierten.

Die sogenannten Pre-Games dienten auch dazu die Wettkampfstätten zu testen. Dazu zählt auch das Hanns-Braun-Stadion im Olympiapark, in dem die Leichtathleten ihre Wettbewerbe austragen. Für Mika Burk vom Verein 46Plus Down-Syndrom aus Stuttgart stehen dabei Kugelstoßen, 100-Meter-Lauf und die 4-x-100-Meter-Staffel an. Etwas unter 18 Sekunden sprintet der 24-Jährige mit Trisomie 21 die 100 Meter. Beachtlich. Was ihm allerdings genauso wichtig ist: „Beim Sport treffe ich Freunde.“

Ohne Unterstützung und Förderung ist der Sport einfach nicht möglich

Das alles geht aber nur, weil ihn Mutter Christina Burk, einst als Handballerin für den SV Fellbach am Ball, und die Familie unterstützen. Und bei Menschen mit Downsyndrom bedeutet das eben doch ein Mehr an Betreuung und Fahrdienst. Das weiß auch Christine Reinhardt, die sich bei der Diakonie Stetten um Sportler wie Corinna Frank und den 50-jährigen Martin Baum kümmert. Mit einem typischen Vereinsprogramm ist das allerdings nicht zu vergleichen. „Das ergab sich bei uns einst aus der Wohngruppe heraus. Von neun Personen haben sieben mitgemacht, als wir ihnen damals vorschlugen, mit Radsport zu starten“, erzählt Reinhardt und Martin Baum ergänzt: „Auch ich bin so dazu gekommen.“ Er war zuvor im Tischtennis aktiv und berichtet: „1998 bin ich bei den ersten nationalen Spielen am Tischtennistisch gestanden. Das war damals in Stuttgart.“ Für den 50-Jährigen bedeutet es viel, Sport treiben zu können. „Es ist ganz einfach eine schöne Sache“, sagt er und erklärt: „Ich habe dadurch viele Freunde und ich sehe es als Bestätigung, wenn ich sehe, wo ich leistungsmäßig stehe. Mal ist man top, mal ist der Wettkampf eben ein Flop.“

Erst die Arbeit, dann das Training

Christine Reinhardt und Christina Burk hören aufmerksam zu, wenn ihre Schützlinge das erzählen. Dann und wann müssen sie auch mal eingreifen, wenn die Fragen für das Trio zu lang oder nicht klar genug sind. Nach gut einer halben Stunde wird es beim ein oder anderen auch mit der Konzentration schwierig und die Betreuerin von der Diakonie oder die Mutter müssen unterstützen, damit die Antwort verständlich wird. Insgesamt ist es aber ein nettes Treffen, eines, das am Ende fast schon zu gemütlich wird. Denn irgendwann wird der Frager gefragt: „Gibt es noch was Wichtiges? Denn wir sollten los zum Training.“

Die Zeit drängt. Schließlich wollen die drei gewappnet sein für die Wettkämpfe nächste Woche. Deshalb muss das abendliche Programm durchgezogen werden. Zudem steht am nächsten Morgen die Arbeit an, der alle drei nachgehen. Mika Burk ist in der Arbeitsgruppe einer Behindertenwerkstatt tätig. Martin Baum macht als Handwerksgehilfe alles, „egal ob Schlosser oder Schreiner“, und Corinna Frank unterstützt Lehrer und Lehrerinnen als Schulhelferin. „Das ist wichtig“, erzählt Christine Reinhardt. Zur Teilhabe und zu einem möglichst selbstständigen Leben gehört eben ein Beruf. Auch für Menschen, die trotz Behinderung im Sport Erfolg und Freude finden.

Serie Sport und Inklusion Unsere Zeitung begleitet die Host-Town-Aktion mit einer Serie. Dabei beleuchten wir, was sich die Stadt von ihrem Engagement verspricht. Wir fragen den Verband Special Olympics, wie es um die Inklusion im Sport steht. Wir stellen drei Aktive aus dem Kreis vor, die in Berlin starten, berichten vom Host-Town-Tag am Mittwoch in Backnang und fragen, was davon bleibt.
Rund um die World Games

Die Spiele 190 Delegationen mit 7000 Athleten und Athletinnen sind vom 17. Juni bis 25. Juni in Berlin zu Gast. Sie messen sich in 26 Sportarten von B wie Badminton bis V wie Volleyball. Fast alle Sportarten finden sich auch im olympischen Programm wieder. Die Eröffnungsfeier im Olympiastadion beginnt am Samstag um 20.15 Uhr. Die Wettkämpfe finden unter anderem in den dort angrenzenden Hallen, Stadien und Sportplätzen im Olympiapark, der Messe Berlin sowie am Alexanderplatz, bei der Gedenkstätte Berliner Mauer und auf dem Wannsee statt. Auch das Brandenburger Tor ist Schauplatz von Wettkämpfen und von der Schlussfeier am Sonntag, 25. Juni.

Die Berichterstattung Von den Special Olympic World Games berichten insgesamt zwölf Fernsehsender und Streamingdienste. Fast alle belassen es bei rund einstündigen Zusammenfassungen. Live sind bisher nur der öffentlich-rechtliche RBB (Eröffnungsfeier) und der Pay-TV-Sender Sky (Eröffnungs- und Schlussfeier sowie mehrere Veranstaltungen die ganze Woche über) dabei.

Die Starter Die WHO definiert geistige Behinderung als „signifikant verringerte Fähigkeit, neue oder komplexe Informationen zu verstehen und neue Fähigkeiten zu erlernen und anzuwenden (beeinträchtigte Intelligenz). Dadurch verringert sich die Fähigkeit, ein unabhängiges Leben zu führen (beeinträchtigte soziale Kompetenz).“ Die Ursache für eine geistige Behinderung liegt oft in den Genen begründet. Häufigster genetischer Auslöser ist das Downsyndrom, bei dem Menschen 47 statt der üblichen 46 Chromosomen haben. Das 21. Chromosom ist dreifach vorhanden, daher auch der Name Trisomie 21. Menschen mit Downsyndrom lernen langsamer. Mit zunehmender, individueller Förderung hat sich das Entwicklungs- potenzial in den letzten Jahren vergrößert.

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Erstellt:
14. Juni 2023, 06:00 Uhr

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