Nach Trumps Ausstieg aus der WHO

Stimmt die WHO Trump noch um?

Die USA sind die größten Geldgeber der Weltgesundheitsorganisation WHO. Der vom US-Präsidenten angekündigte Ausstieg hat gravierende Folgen. Was deutsche Wissenschaftler dazu sagen.

Wohin führt der Weg? Klar ist, der US-Präsident Donald Trump will raus aus der WHO.

© IMAGO/UPI Photo//Justin Lane

Wohin führt der Weg? Klar ist, der US-Präsident Donald Trump will raus aus der WHO.

Von Bettina Hartmann

Es ist kein Geheimnis: Donald Trump hat eine ausgeprägte Abneigung gegen internationale Organisationen. Eine der ersten Amtshandlungen des neuen US-Präsidenten war denn auch der Ausstieg aus der Weltgesundheitsorganisation WHO. Weltweit hat dieser Schritt Sorgen ausgelöst. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) etwa sprach von einem „schweren Schlag für den internationalen Kampf gegen globale Gesundheitskrisen“. Forscher erwarten Rückschritte bei zahlreichen internationalen Gesundheitsprogrammen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Trump der WHO den Geldhahn zudrehen will. 2020 kam es dann aber nicht dazu, weil er die Wahl gegen Joe Biden verlor. Biden stoppte den Austritt, bevor er wirksam wurde. Die Frist für einen Rückzug beträgt ein Jahr. Die WHO bedauert Trumps Entscheidung und will nun versuchen, ihn während dieser Zeit umzustimmen.

Trumps Vorwurf: China zahlt zu wenig

Doch was ärgert Trump überhaupt? Sein größter Vorwurf gegenüber der obersten internationalen Gesundheitswächterin, durch deren Maßnahmen einst unter anderem die Pocken ausgerottet wurden: Die WHO habe in der Corona-Pandemie versagt, zum Beispiel aus Verbundenheit mit China die Aufklärung der Ursprünge des Virus verhindert. China habe zudem zu viel Einfluss in der WHO, bringe sich finanziell aber deutlich weniger ein: „China zahlt 39 Millionen und wir 500“ – dabei sei China das größere Land. Die WHO „hat uns abgezockt“, so Trump. „Alle zocken die USA ab. Und damit ist es jetzt vorbei.“

In der Tat sind die Vereinigten Staaten derzeit der größte Geldgeber der WHO. Für 2022 und 2023 trugen sie 1,28 Milliarden Dollar zum Budget der Organisation bei. Dies entspricht etwa einem Fünftel des Gesamtetats von 6,726 Milliarden Dollar im Doppelhaushalt 2022/2023, wie ein WHO-Sprecher bestätigte – und somit die größte Summe aller 194 Mitglieder.

Mit den Zahlungen verhält es sich so: Alle Mitgliedsstaaten überweisen festgesetzte Pflichtbeiträge, dazu kommen freiwillige Beiträge. Die Höhe der Mitgliedsbeiträge richtet sich dabei nicht nach der Größe oder der Einwohnerzahl eines Landes, sondern nach dessen Zahlungsfähigkeit: Reichere und stabile Länder zahlen den höchsten, ärmere und instabile Länder den niedrigsten Beitrag. Insgesamt kam im Jahr 2023 über die Mitgliedsbeiträge knapp eine halbe Milliarde Dollar an Einnahmen zusammen. Damit könnte die WHO aber ihre zahlreichen Projekte gar nicht finanzieren, die Pflichtbeiträge machen nur etwa 15 Prozent des Budgets aus.

Macht sich die WHO abhängig?

Die Organisation ist somit auf freiwillig gezahlte Gelder angewiesen – durch die Mitgliedstaaten, aber auch durch nichtstaatliche Verbände und Institutionen sowie private Spender. Vor allem letztere leisten einen großen Beitrag, hier speziell die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, die nach den USA und Deutschland (856 Millionen Dollar, wovon etwa 58 Millionen der Mitgliedsbeitrag war) auf Platz drei der größten Geldgeber rangiert. Dass sich der Anteil der Pflichtmittel und der freiwilligen Mittel und hier der Privatspenden immer mehr verschiebt, führt zu Kritik: Die WHO mache sich abhängig. Zudem könne das Geld oft nicht frei, sondern nur zweckgebunden eingesetzt werden. Waren es in den 70er Jahren etwa 25 Prozent an privaten Mitteln, sind es nun mehr als 85 Prozent. Neben der Gates-Stiftung sind auch die Schweizer Impfallianz Gavi (481 Millionen Dollar) und das Netzwerk Rotary International (176 Millionen) wichtige nichtstaatliche Geldgeber. Große finanzielle Unterstützung leisten auch Großbritannien und Kanada. China taucht unter den Top Ten nicht auf.

Dennoch rechtfertig das nach Ansicht von Forschenden und Politikern keinen Ausstieg aus der WHO – im Gegenteil. In Zeiten von Krisen sei es wichtig, dass die WHO auf eine unabhängige Finanzierung bauen könne, betonte Gesundheitsminister Lauterbach im vergangenen Jahr. „Die USA beklagt sich über Intransparenz und mangelnde Kooperation Chinas in der Covid-19-Pandemie und schert nun als Reaktion selbst komplett aus der internationalen Pandemievorbereitung und Pandemiebekämpfung aus“, kritisiert etwa Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie.

„Natürlich muss die WHO ihre eigenen Prioritäten setzen, aber es ist anzunehmen, dass durch den Rückzug der USA wesentliche, große Public-Health-Programme etwa zu Tuberkulose, HIV und auch zu ,Pandemic-Preparedness‘-Initiativen zu Schaden kommen“, schlussfolgert Beate Kampmann, Direktorin des Instituts für Internationale Gesundheit an der Berliner Charité. Wie das Wort schon sage: „Pandemien betreffen uns alle.“ Man könne sich nicht abschotten.

Paul-Ehrlich-Institut: Zusammenarbeit nicht gefährdet

Die USA engagieren sich bisher in verschiedenen globalen Gesundheitsprogrammen der WHO, dazu gehören Initiativen zur Bekämpfung von Krankheiten wie HIV, Malaria und Tuberkulose. Zudem spielt das Land eine wichtige Rolle bei der globalen Krankheitsüberwachung, der Pandemievorsorge und der Impfstoffbeschaffung. Hier wird es nach Einschätzung von Experten künftig Einschnitte geben. Welche Programme gekürzt werden müssen, sei noch unklar, sagte Axel Kröger vom Zentrum für Medizin und Gesellschaft am Universitätsklinikum Freiburg. „Sicherlich wird es bald einen Einstellungsstopp geben, was sich auf alle Programme negativ auswirkt.“ Er arbeite im Bereich Vorhersage und Management von epidemischen Ausbrüchen. „Wir haben mit der WHO und 17 Ländern ein computergestütztes Vorhersageprogramm entwickelt.“ Ob die Erprobungsphase nun noch weitergeführt werden könne, sei ungewiss.

Stefan Vieths, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, das in Deutschland unter anderem für Impfstoffe zuständig ist, sagte hingegen auf Anfrage unserer Zeitung: „Die Entscheidung des US-Präsidenten wird keinen Einfluss haben auf die Aktivitäten des Paul-Ehrlich-Instituts und seine Kooperationen mit der WHO.“

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Erstellt:
23. Januar 2025, 12:34 Uhr

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