Strafprozess gegen Donald Trump
Straftäter for President
Richter Juan Merchan hat im Schweigegeld-Prozess von New York ein historisches Urteil gefällt. Donald Trump tritt sein Amt nun als rechtskräftig Verurteilter an.
Von Thomas Spang
Die Szene im Gerichtssaal von Manhattan hätte knapp zwei Wochen vor der Amtseinführung Donald Trumps kaum dramatischer sein können. Auf der einen Seite stand Richter Juan Merchan, der unter dem Siegel des Staates New York Recht sprach. Auf der anderen Seite tauchte via Videostream auf dem Flachbildschirm der künftige Präsident der Vereinigten Staaten aus seiner Strandvilla in Mar-A-Lago, Florida auf.
Sonderrechte für Donald Trump
Richter Merchan entschied sich für eine „unconditional discharge“ – also eine Verurteilung ohne Gefängnis, Bewährung, Geldstrafe oder irgendwelche Auflagen. „Donald Trump als gewöhnlicher Bürger und Angeklagter wäre nicht zu den besonderen Schutzrechten des Präsidentenamtes berechtigt“, erklärte Richter Merchan in seiner Urteilsbegründung. Es sei „ausschließlich das Amt, das ihm diese Sonderstellung gewährt.“ Die Situation sei deshalb einzigartig. Nie zuvor sei er in seinem Richteramt mit solch außergewöhnlichen Umständen konfrontiert worden.
Trump nutzte die Gelegenheit vor Gericht, sich erneut als Opfer politischer Verfolgung darzustellen. „Dies war eine schreckliche Erfahrung“, sagte der gewählte Präsident aufgebracht. Der Prozess sei ein gewaltiger Rückschlag für New York und sein Gerichtssystem. „Tatsache ist, ich bin vollkommen unschuldig“, meinte er und verwies zum „Beleg“ auf seinen Wahlerfolg. „Die Wähler konnten das alles aus erster Hand erfahren.“ Trump kündigte bereits vor der Urteilsverkündung an, er werde Berufung einlegen.
Künftiger Präsident verhöhnt den Rechtsstaat
Staatsanwalt Joshua Steinglass kritisierte Trumps Verhalten scharf. Er zeige „keinerlei Reue für sein kriminelles Verhalten“, sagte er in seinem Plädoyer. Stattdessen habe der Angeklagte „gezielt Verachtung für unsere Institutionen und die Rechtsstaatlichkeit geschürt“. Trump habe „dauerhaften Schaden an der öffentlichen Wahrnehmung des Strafrechtssystems verursacht und Gerichtsbeamte in Gefahr gebracht“.
Dass es am Freitagmorgen überhaupt zu diesem denkwürdigen Moment im New Yorker Strafgericht kam, hatte sich erst am späten Donnerstag entschieden. Mit einer sehr knappen Mehrheit von 5:4 Stimmen wiesen die Richter am obersten Gericht Trumps Versuch zurück, die Urteilsverkündung noch in der letzten Minute zu stoppen.
Der Vorsitzende Richter John Roberts sowie die Richterinnen Sonia Sotomayor, Amy Coney Barrett, Elena Kagan und Ketanji Brown Jackson stimmten für die Zurückweisung des Eilantrags. „Da keine Gefängnisstrafe droht und der Verurteilte weiterhin alle rechtlichen Mittel ausschöpfen kann, sehen wir keinen Grund für einen Aufschub.“
Im Kern ging es in dem New Yorker Verfahren um die Verschleierung einer Schweigegeldzahlung von 130 000 Dollar an die Pornodarstellerin Stormy Daniels kurz vor der Wahl 2016. Trump wurde in 34 Anklagepunkten für schuldig befunden, Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben, um einen Skandal zu vertuschen, der seine damalige Präsidentschaftskandidatur hätte gefährden können.
Trotz der Verurteilung ging Trumps Strategie im Schweigegeld-Prozess von New York weitgehend auf. Während jeder andere Amerikaner längst seine Strafe verbüßen würde, kommt Trump mit einem symbolischen Urteil davon. Allein der historische Makel bleibt: Donald Trump wird als erster verurteilter Straftäter in das höchste Amt der Vereinigten Staaten einziehen.