Bandenkrieg in der Region Stuttgart
Strobl: Gruppierungen sind schwach geworden
Im Innenausschuss berichten der Innenminister und der LKA-Chef über Erfolge im Kampf gegen rivalisierende Banden in der Region. Viele Beteiligte der blutigen Fehde sitzen in Haft.
Von Christine Bilger
Wie ist der Stand der Dinge bei den gewaltbereiten Gruppierungen in der Region Stuttgart, die sich seit mehr als zwei Jahren eine blutige Fehde liefern? Der Innenminister Thomas Strobl (CDU) und der LKA-Chef Andreas Stenger können dem Innenausschuss des Landtags Hoffnung auf eine Besserung machen: „Wir haben sie schwächen können und sie konnten sich nicht weiter ausbreiten“. Eine der Gruppierungen gelte aufgrund der vielen Festnahmen auch führender Köpfe bereits als „bedeutend geschwächt“, sagte der Innenminister am Mittwoch.
In der Region sind seit Mitte 2022 zwei Gruppierungen verstärkt aktiv, die sich in Göppingen und Stuttgart-Zuffenhausen einerseits, in Ludwigsburg und Esslingen andererseits angesiedelt haben. Sie liefern sich gewalttätige Auseinandersetzungen, auch mit Waffen. Der schlimmste Zwischenfall war ein Handgranatenwurf auf eine Beerdigung in Altbach (Kreis Esslingen). In Spitzenzeiten handelte es sich um mehr als 500 junge Männer, überwiegend mit migrantischen Wurzeln.
83 Haftbefehle gegen Angehörige der Gruppen seien inzwischen erlassen, in Summe bereits Haftstrafen von mehr als 120 Jahren in etlichen Gerichtsverfahren verhängt worden, sagte Strobl. Die Polizei habe mit hohem Fahndungsdruck gearbeitet: „Bei rund 250 Durchsuchungen wurden 104 Waffen, darunter 33 Schusswaffen, sichergestellt und aus dem Verkehr gezogen“, bilanzierte Strobl. Dabei habe man zwei Maschinenpistolen und zwei Sturmgewehre, darunter auch eine Kalaschnikow des Typs AK-47, sichergestellt. Neben den Durchsuchungen habe die Polizei bei 2435 Personenkontrollen und 1497 Fahrzeugkontrollen ebenfalls immer wieder Treffer gehabt.
Es sei nicht so, dass derart schwere Waffen „ubiquitär“, also überall verbreitet, seien, fügte der Chef des Landeskriminalamts hinzu. „Sonst würde man keine Dekowaffen auffinden, die wieder umgebaut sind, um scharf damit schießen zu können“, sagte Stenger. Solche seien unter den sichergestellten Waffen gewesen.
Das Phänomen der Gruppierungen heißt in der Sprache der Behörden nicht mehr „gewaltbereite multiethnische Gruppierungen“, sondern „subkulturelle Gewaltkriminalität“. Sie seien „multiethnisch und polykriminell“: Von Drogenhandel bis zu Botendiensten für Telefonbetrüger sei alles dabei. Dabei gehe es weniger um Bereicherung, sondern eher um Ruhm und Anerkennung. Das LKA und die regionalen Präsidien würden in der Bekämpfung nicht nachlassen. Da es ähnliche Strukturen auch in anderen Bundesländern gebe, sei das Interesse an Erfahrungen aus Baden-Württemberg dort groß.